Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
BOB
(getauft
am 01.12.2011)
Am 01.12.2011 befand sich über der Ostküste
Québecs ein unbenanntes Tiefdruckgebiet, welches sich in den Folgestunden gemäß
der wetterbestimmenden Höhenströmung in 500 hPa, also in einer Höhe von
etwa 5500 m, rasch nach Osten verlagerte. Da abzusehen war, dass der Wirbel
Einfluss auf das Wettergeschehen in Europa haben wird, wurde dieser in der
Prognose für den Folgetag auf den Namen BOB getauft.
Entsprechend seiner Zugbahn befand sich das
Tiefdruckgebiet BOB am 02.12. um 00 Uhr UTC (01 Uhr MEZ) ca. 700 km östlich von
der Südspitze Grönlands. Zu diesem Zeitpunkt wies die Zyklone einen Kerndruck
von etwa 975 hPa und ein bereits zum Teil okkludiertes Frontensystem auf, d.h.
die schnellere Kaltfront hatte die Warmfront bereits eingeholt und es entstand
eine Mischfront. Im weiteren Tagesverlauf zog das Tief BOB unter stetiger
Intensivierung weiter nach Osten, wobei sein ausgeprägtes Frontensystem die
Britischen Inseln erreichte. Dort fiel infolgedessen verbreitet ergiebiger Regen,
besonders an der Westküste Englands, wo innerhalb von 12 Stunden bis zu 34 l/m²
registriert wurden.
Mit einem Kerndruck von ca. 965 hPa befand
sich die Zyklone BOB am 03.12. um 00 Uhr UTC über dem Europäischen Nordmeer.
Von dort aus verlief eine Okklusionsfront in einem Bogen nach Süden und teilte
sich auf geographischer Breite der englischen Stadt Sunderland in eine
Warmfront sowie eine Kaltfront auf. Erstere erstreckte sich von dort aus bis
über den Golf von Biskaya, wohingegen die Kaltfront nach Westen über den
Atlantik verlief und dort in eine nachfolgende Welle überging. In den
Folgestunden gewann das sich inzwischen zum Sturmwirbel verstärkende Tief BOB
an meridionaler Ausdehnung, wobei die Okklusionsfront Deutschland mit hoher
Geschwindigkeit überquerte. Mehrere Wetterstationen im norddeutschen Raum, wie
z.B. Helgoland und Kiel, meldeten schwere Sturmböen bis 93 km/h, was der
Windstärke 10 entspricht. Am Kap Arkona auf Rügen sowie auf Norderney wurde mit
jeweils 83 km/h und 76 km/h Windstärke 9 erreicht.
Im weiteren Verlauf verlagerte sich die
Zyklone BOB unter leichter Verstärkung des Kerndrucks auf unter 960 hPa nach
Nordosten und befand sich am 04.12. vor der Norwegischen Westküste auf
geographischer Breite der Stadt Trondheim. Von dort aus verlief eine
Okklusionsfront in einem Bogen bis zur litauischen Westküste, wo diese den
Charakter einer Kaltfront annahm. Vom Okklusionspunkt auf Höhe des Polarkreises,
erstreckte sich eine Warmfront ca. 1000 km nach Nordosten um dort in die
Kaltfront eines voranlaufenden Wirbels überzugehen. Im weiteren Tagesverlauf
überquerte die Okklusionsfront die Baltischen Staaten und weite Teile Finnlands,
wohingegen das Tiefzentrum des Wirbels BOB nahezu stationär blieb. Die
Wetterstationen im lettischen Ventspils sowie im litauischen Klaipeda
registrierten beim Durchzug der besagten Front Sturmböen der Windstärke 9. Des
Weiteren fiel verbreitet leichter Regen, wobei Helsinki bis zum nächsten Morgen
eine 24-stündige Niederschlagssumme von 9 l/m² verzeichnete.
In den Morgenstunden des 05.12. befand sich
der Wirbel BOB mit seinem Zentrum, in welchem ein Kerndruck von unter 965 hPa
analysierbar war, nahezu auf derselben Position wie am Vortag. Von dort aus
verlief eine Okklusionsfront in einem leichten Bogen nach Nordosten bis über
das Polarmeer. Auf geographischer Breite der Stadt Tromsö teilte sich diese
Front in eine weitere Okklusionsfront auf, welche sich über das Weiße Meer bis
ca. 700 km östlich von Moskau erstreckte. An der Südflanke von Tiefdruckgebiet
BOB herrschte eine westliche Strömung vor, wodurch milde Luftmassen bis weit in
das Landesinnere Russlands vordringen konnten. So lag das Temperaturmaximum des
Tages in Moskau bei 6°C, womit die monatliche Mitteltemperatur von -5,2°C für
Dezember deutlich übertroffen wurde. Sogar in der Nacht sank die Temperatur
nicht unter 4°C.
Am Folgetag, dem 06.12., befand sich die
Zyklone BOB mit einem Kerndruck von ca. 970 hPa auf Höhe der Lofoten
unmittelbar vor der norwegischen Westküste. Inzwischen existierte nur noch eine
Okklusionsfront, welche sich in einem leichten Bogen in nordöstlicher Richtung
bis zur Insel Nowaja Semlja erstreckte. Durch die Heranführung relativ milder
Luftmassen erhöhten sich die Tagesmaxima der Temperatur im Vergleich zum Vortag auf Spitzbergen um 6
Grad auf -9°C.
Im weiteren Tagesverlauf zog der Wirbel BOB
unter leichter Abschwächung nach Norden über das Polarmeer, auf halber Strecke
zwischen Norwegen und Spitzbergen. Mit einem Kerndruck von etwa 975 hPa hielt
der Transport milder Luftmassen, entgegen des Uhrzeigersinns, um das Tief herum
zunächst noch an. Die Temperaturen auf Spitzbergen stiegen daher am 07.12. noch einmal um mehrere Grad auf
-2°C, was ebenfalls ein ungewöhnlich hoher Wert für diese Region zu dieser
Jahreszeit war.
In den folgenden Tagen verlor das
Tiefdruckgebiet BOB allmählich an Wetterwirksamkeit und verlagerte sich sehr
langsam nach Norden. Dabei führte es weiterhin sehr milde Luftmassen mit sich,
in dessen Folge auf Spitzbergen und Nowaja Semlja am 08.12. Nachttemperaturen
um -3°C registriert wurden, die dort
sonst eher in frischen Sommernächten erwartet werden. Aufgrund der weiteren
Abschwächung der Zyklone BOB, war sie
am 10.12. das letzte Mal auf der Berliner Wetterkarte analysierbar.
Geschrieben am 23.01.2012 von Thomas
Klötzke
Berliner
Wetterkarte: 03.12. 2011
Pate:
Bob Turner