Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet BOB

(getauft am 18.12.2017)

 

Eine Woche vor dem Weihnachtsfest 2017 vereinigten sich zwei Tiefdruckgebilde, wovon sich eines über der südlichen Baffin Bay befand und der andere Wirbel ein wenig östlich von Neufundland lag, zu einem Sturmtief. Anhand der Analysekarte vom 18.12.17 um 01 Uhr MEZ wurde dieses Tief auf den Namen BOB getauft.

Um diese Uhrzeit wurde das Zentrum des Tiefs BOB auf der Berliner Wetterkarte wenige Kilometer vor der Südostküste Grönlands lokalisiert. Vom Kern aus, wo ein Druck von etwa 964 hPa herrschte, erstreckte sich die Okklusion im Bogen zwischen Grönland und Island. Der Okklusionspunkt lag rund 300 km südwestlich von Island. Als eine Okklusion wird eine Mischfront bezeichnet, welche die Eigenschaften einer Warm- und Kaltfront in sich vereint. Sie entsteht, wenn die schneller ziehende Kalt- die vorlaufende Warmfront einholt und vom Boden anhebt. Der Punkt, an dem dies geschieht, wird Okklusionspunkt genannt. Von dort verlief die s-förmige Warmfront über den östlichen Nordatlantik bis in die Nähe von Irland, wo sich die Kaltfront der Zyklone ANDREAS II anschloss. Die relativ kurze Kaltfront des Tiefs BOB lag über dem zentralen Teil des Nordatlantiks, wo sie im weiteren Verlauf in die Warmfront einer kleinen Wellenstörung überging. Im Bereich der Okklusion gab es leichten Schneefall bei Dauerfrost in Ammassalik im Osten Grönlands. Der meiste Niederschlag fiel in der Nähe des Okklusionspunkts. In Südwestisland kamen innerhalb von 12 Stunden bis 07 Uhr MEZ in Grindavik 9,7 l/m², in Onundarhorn 15,9 l/m² oder 19,9 l/m² in Storhofdi auf der Insel Heimaey südlich von Island zusammen. An der Warmfront hingegen regnete es in Valentia im Südwesten Irlands zum Beispiel nur 0,2 l/m² im selben Zeitraum. Dazu stiegen die Temperaturen auf 5 bis 9°C in Island und 8 bis 12°C in Irland. Zusätzlich traten in der Nacht zum 18.12.17 im Westen Islands Orkanböen mit Geschwindigkeiten bis zu 141 km/h in Bulandshofdi auf.

Südlich des Zentrums war die Höhenströmung deutlich ausgeprägter als im Bereich des Kerns. So wurde das Sturmtief BOB bis zum nächsten Tag im Zentrum gewissermaßen auseinandergezogen, wodurch sich zwei Teiltiefs ausbildeten. Die Fronten der Zyklone BOB I verliefen wellenförmig nördlich von Island und Jan Mayen bis zu den Lofoten. Am westlichen Ende dieser Front lag das Zentrum bei Ammassalik mit einem Druck von 973 hPa. Der Kern des Tiefdruckgebiets BOB II befand sich nur wenig nördlich von Island und hatte mit ungefähr 983 hPa einen leicht höheren Luftdruck im Zentrum. Die Warmfront lag quer über dem südlichen Europäischen Nordmeer bis nach Bergen und anschließend in einem Bogen über der Nordsee bis nach Nordengland. Die lange und geschwungene Kaltfront verlief von Ostisland über den Nordatlantik bis circa 500 km westlich der Azoren. Entlang des Frontensystems des Wirbels BOB I betrug die Regenmenge im genannten Zeitraum auf Jan Mayen 15 l/m², weiter östlich waren es lediglich 2 l/m² in Myken, südlich der Lofoten. Das Teiltief BOB II produzierte an der Warmfront 4 l/m² in Saerheim südlich von Stavanger und in Fossmark bei Bergen oder bis zu 9 l/m² in Furuneset noch weiter nördlich davon in der selben Zeit. Auf Island bildeten sich infolge der Passage der Kaltfront Schauer aus, wo lokal bis zu 4 l/m² in 3 Stunden zusammenkamen, wie in Bru a Jokuldal im Osten Islands. Vor der Warmfront in einer Polarluftmasse herrschte teilweise Dauerfrost. Zum Beispiel betrug die maximale Temperatur in Oslo -1,6°C. Mit dem Durchzug der Front floss maritime Subtropikluft ein, wodurch die Höchsttemperaturen bei 8°C in Bergen oder 8,3°C in Holbeach bei Leicester lagen. Es blieb weiterhin stürmisch in Island. Wie am Vortag wurden vereinzelt im Süden des Landes Orkanböen bis 126 km/h registriert.

Mit dem Weiterzug Richtung Nordosten verstärkte sich das Tief BOB deutlich, weil die Teilzyklone BOB II auf den östlichen Teil der Front des Wirbels BOB I auflief. Im Kern wenige Kilometer zwischen Grönland und Spitzbergen herrschte ein Druck von rund 954 hPa. Die Okklusion erstreckte sich leicht bogenförmig vom Zentrum bis zum Nordkap. Auf Spitzbergen schneite es infolge dieser Front und die 24-stündige Niederschlagsmenge betrug dabei 7 l/m².  Am Nordkap trennten sich Warm- und Kaltfront wieder, die über Skandinavien lagen. Die Warmfront verlief noch weiter Richtung Südwesten bis zur Champagne, während die Kaltfront im Süden Norwegens in eine kleine Wellenstörung überging. So kamen bis 07 Uhr MEZ auf der Skandinavischen Halbinsel bei Trondheim innerhalb von 12 Stunden 19 l/m² in Hitra und 21 l/m² an der Station Afjord Ii zusammen. Im südlichen Abschnitt der Warmfront regnete es im gleichen Zeitraum in Westdeutschland 9,3 l/m² in Dillenburg und Bad Lippspringe bei Paderborn oder 9,1 l/m² in Wuppertal. Relativ einheitlich stiegen die Temperaturen auf 4,4°C in Trondheim und 8,5°C in Bergen. Weiter südlich war der Temperaturunterschied vor und hinter der Warmfront etwas ausgeprägter. Die Station Fulda-Horas meldete 4,3°C während die Höchsttemperatur in Eindhoven bereits 8,5°C betrug. Da es sich bei dem Tief BOB um ein Sturmtief handelte, erreichte der Wind demzufolge in der Nordkapregion und nördlich davon in Böen Orkanstärke.

Bis zum 21.12.17 um 01 Uhr MEZ verlagerte sich die Zyklone BOB nur ein wenig nach Nordosten und lag mit dem Zentrum über Spitzbergen mit einem Druck von ungefähr 964 hPa. Die spiralförmige Okklusion verlief von dort über der russischen Arktisregion und südlich des Weißen Meeres bis nach Südwestfinnland. Die Warm- und Kaltfront, welche dicht hintereinander verliefen, erstreckten sich vom Okklusionspunkt weiter südwestwärts bis in die Benelux-Staaten und den Großraum London. Dort schloss sich über England die Warmfront des Tiefdruckgebietes CHARLY an. Der meiste Niederschlag entlang den beschriebenen Fronten fiel zwischen Finnland und dem Weißen Meer. Bei Schneefall und Regenfällen registrierten die Messgeräte 12 l/m² in Medweschjegorsk oder 10 l/m² im Süden von Finnland. An der Warm- und Kaltfront regnete es größtenteils bei geringeren Niederschlagsmengen, wie am Kap Arkona mit 3,4 l/m² oder in Andrewsfield nordöstlich von London mit 0,6 l/m² im 12-stündigen Zeitraum bis 07 Uhr MEZ. Mit dem Hoch über Russland strömte Subpolarluft bis nach Südosteuropa. Dauerfrost herrschte beispielsweise in Cluj mit höchstens -1,7°C oder in Timisoara bei -2,9°C. Mit dem Einfluss maritimer Luftmassen wurden Maximalwerte von 7,9°C in Hannover, 6,1°C in Erfurt und 5,4°C in Poznan erreicht. Weiterhin gab es Sturmböen im Bereich rund um das Nordkap sowie schwere Sturmböen an der norwegischen Küste entlang einer Höhenkaltfont. Dort regnete es auch bis zu 13 l/m² in Aalesund oder 11 l/m² in Fossmark innerhalb der letztgenannten Zeitspanne.

Am nächsten Tag schwächte sich das Tief BOB deutlich ab. Bei einem Kerndruck von etwa 978 hPa hatte es sich kaum nach Süden verlagert. Die Okklusion verlief von West nach Ost quer über der Barentssee bis zum Delta des Ob. Dort ging sie in eine Mischfront eines neuen kleinen Tiefdruckgebietes am Weißen Meer über. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt betrug die 24-stündige Niederschlagsmenge bis 07 Uhr MEZ auf der Insel Nowaja Semlja 0,7 l/m² sowie nur vereinzelte Schneeflocken im Bereich des Ob-Deltas. In Novy Port blieb die Höchsttemperatur mit -4,6°C, wie an vielen anderen Orten in dieser Region, unter der 0°C-Marke.

In den nächsten Tagen verlor die Zyklone BOB auf dem Weg nach Süden weiter an Kraft, was zur Auflösung der Bodenfronten führte, aber die Regen- und Schneefälle klangen erst langsam ab. Bei der Zufuhr kalter kontinentaler Luft herrschte zwischen Trömsö und Trondheim gebietsweise mäßiger Dauerfrost, nur an der Küste stiegen die Temperaturen in den Plusbereich. An Heiligabend kamen so nochmals bis zu 8 l/m² in Skamdal oder einen Tag später 11 l/m² in Hjartasens jeweils in 12 Stunden bis 07 Uhr MEZs zusammen.

Der Tiefdruckkomplex DIETHELM über der Nordsee verstärkte sich zusehends, was nun zu einer kompletten Auflösung des Tiefs BOB führte und dieses so nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte vermerkt war.

 

 

Geschrieben von Matthias Janke am 14.02.18

empfohlene Wetterkarte: 20.12.17

Pate:   Alle Rockfans in Deutschland