Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet BONIMIR

(getauft am 01.08.2015)

 

Ende Juli 2015 verlagerte sich unterhalb eines Kaltluftvorstoßes nach Süden in einer Höhe von 5,5 km, welcher als Trog bezeichnet wird, ein Tiefdruckgebiet über dem Nordatlantik nach Osten. Da dieses Tief in der Folge auch Einfluss auf Mitteleuropa nehmen sollte, wurde es am 01.08. auf den Namen BONIMIR getauft.

Der Wirbel BONIMIR befand sich um 02 Uhr MESZ dieses Tages mit einem Kerndruck von rund 1000 hPa zentral über dem Nordatlantik etwa auf Breite von Genf und auf Länge von Angmagssalik in Grönland. Vom Kern des Tiefs verlief eine Okklusion ungefähr 400 km nach Osten. Eine Okklusion stellt dabei eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront dar, welche entsteht, wenn die schneller ziehende Kaltfront die Warmfront am sogenannten Okklusionspunkt einholt und anhebt. Von diesem Okklusionspunkt erstreckte sich eine Warmfront nach Südosten bis ca. 500 km westlich von Madeira. Außerdem führte eine Kaltfront zunächst nach Süden bis nordwestlich der Azoren und von dort weiter nach Südwesten, bis sie auf Länge der Südspitze Grönlands in die Warmfront eines nachfolgenden Tiefs überging. Bis 20 Uhr MESZ wurden beim Durchgang des Frontensystems in 12 Stunden 8 l/m² Regen in Horta auf der Azoreninsel Faial gemessen.

Im weiteren Verlauf entwickelte sich über dem Nordwesten Europas und dem nordöstlichen Atlantik ein weitreichendes Gebiet tiefen Luftdruckes aus, in welchem mehrere Höhenwirbel eingelagert waren. Korrespondierend mit dem südlichsten dieser Wirbel zog die Zyklone BONIMIR unter Verstärkung auf 990 hPa nach Osten und konnte am 02.08. um 02 Uhr MESZ ca. 800 km südwestlich von Irland analysiert werden. Vom Kern führten je eine Okklusion nach Südwesten und nach Südosten, wobei sich letztere knapp östlich des Kerns in eine nach Süden reichende Warmfront und eine sich nach Südwesten bis zum zentralen Atlantik erstreckende Kaltfront aufspaltete. Des Weiteren fand der Wirbel BONIMIR den Anschluss an das Frontensystem eines unbenannten Tiefs bei den Färöer-Inseln, wodurch sich nun nordöstlich des Kerns eine Warmfront nach Osten über Irland bis nach Nordengland erstreckte. Entlang dieser Luftmassengrenze kam es in Irland und Großbritannien zu Niederschlägen, die in 12 Stunden bis 20 Uhr MESZ 15 l/m² am Observatorium im irischen Valentia, 13 l/m² am Flughafen in Cork und 12 l/m² an der Station auf Sherkin Island verursachten.

Im Laufe des Tages nahm der Wirbel BONIMIR zwei umliegende Tiefdruckgebiete in seine Zirkulation auf und verstärkte sich dabei bis zum Folgetag weiter auf bis unter 985 hPa. Auch in der Höhe bildete sich nur noch ein steuerndes Höhentief westlich der Britischen Inseln aus. Fast direkt unterhalb diesem positionierte sich das Tief BONIMIR im Bodenniveau knapp 500 km westlich von Irland. Dabei erreichte das Tief BONIMIR an diesem Tag den Höhepunkt seiner Entwicklung, wobei es sich zu einem ausgeprägten Sturmwirbel verstärkte. Dabei konnten orkanartige Sturmböen von bis zu 92,7 km/h am Bealach na Ba, 97,3 km/h im irischen Belmullet, 100,9 km/h am Mace Head gemessen werden. Auf dem Cairngorm im Norden Schottlands wurde in den Morgenstunden sogar eine Spitzenböe von 139 km/h und damit Orkanstärke registriert. Das Frontensystem des Tiefs BONIMIR bestand indes aus einer kurzen Okklusion, die vom Kern aus nach Osten führte. Vom Okklusionspunkt nordwestlich von Irland verlief eine Warmfront ebenfalls nach Osten über Schottland und die Nordsee bis zur Westküste Dänemarks. Außerdem erstreckte sich eine Kaltfront bogenförmig über Irland und die westliche Biskaya bis zu den Azoren. Dabei griffen die Fronten an diesem Tag nun vollständig auf die Britischen Inseln über. Folgend konnten 12-stündig bis 08 Uhr MESZ 6 l/m² in Valentia, 7 l/m² in Roches Point und 9 l/m² Regen in Machrihanish verzeichnet werden. In den anschließenden 12 Stunden fielen nochmals 4 l/m² in Belmullet und 7 l/m² in Skye auf der schottischen Insel Lusa. Die Kaltfront erreichte mit dem zugehörigem Niederschlagsfeld bis zum Abend auch den Nordwesten Frankreichs und sorgte dort im selben Zeitraum für Regenmengen von 2 l/m² in Brest und 4 l/m² in La Hague. Des Weiteren wurden aus Thorshavn auf den Färöer eine 12-stündige Niederschlagssumme von 15 l/m² gemeldet. Auf der Ostseite des Tiefs BONIMIR wurden indes gemäßigte und subtropische Luftmassen nach Mitteleuropa geführt. Dadurch stiegen die Höchsttemperaturen in Deutschland um einige Grad an, wobei die landesweiten Maxima in Andernach mit 34,6°C und an der Station in Trier-Petrisberg mit 34,7°C erreicht wurden.

Bis zum 04.08. zog das Tief BONIMIR nur wenig weiter nach Nordosten und befand sich mit seinem Zentrum um 02 Uhr MESZ nordwestlich von Irland. Vom Kern mit einem Druck von knapp unter 985 hPa verlief eine Okklusion westlich um diesen herum bis über die Shetlandinseln, wo sie sich in Warm- und Kaltfront aufteilte. Die Warmfont führte von dort über Südnorwegen bis Malmö und die Kaltfront, welche in der Höhe als Okklusion analysiert wurde, erstreckte sich über die Nordsee, die Benelux-Staaten, Frankreich und die Iberische Halbinsel bis südöstlich der Azoren. An dieser Kaltfront trafen tropische und subtropische Luftmassen über West- und Zentraleuropa auf maritime Subpolarluft, welche mit der Front herangeführt wurde. Dabei bildeten sich an dieser im Laufe des Tages nach Osten ziehenden Luftmassengrenze vermehrt Schauer und Gewitter. Bei Temperaturen von über 35°C konnten in Spanien und Frankreich bis 11 Uhr MESZ innerhalb von 3 Stunden in Dole-Tavaux im Jura 18 l/m² registriert werden, davon fielen allein bis 10 Uhr MESZ 9 l/m² in nur einer Stunde. An der spanischen Station San Sebastian/Igueldo wurden derweil 14 l/m² in 6 Stunden bis 14 Uhr MESZ gemessen. Ansonsten fielen aufgrund von mitunter gewittrigen Schauern 6-stündige Niederschlagsmengen von 7 l/m² im niederländischen Hoogeveen und 6 l/m² am Mont Rigi in Belgien. Innerhalb von einer Stunde konnten in der Schweiz außerdem 9 l/m² in Elm, 12 l/m² in San Bernardino und 13 l/m² am Weissfluhjoch nahe Davos verzeichnet werden. Auch in Deutschland wurden beispielsweise in Hamburg und Celle Gewitter beobachtet. Bei Temperaturmaxima von bis zu 36°C in Regensburg wurden 3-stündige Regensummen von beispielsweise 20 l/m² aus Pelzerhaken und 23 l/m² aus Bonn-Roleber gemeldet. Im Bereich des Tiefdruckzentrums und der Warmfront fielen währenddessen in 12 Stunden bis 18 Uhr MESZ 7 l/m² am Connaught Airport, 15 l/m² im nordenglischen Shap, 17 l/m² im dänischen Thyboroen und 67 l/m² an der südnorwegischen Station Ualand-Bjuland. Der Wind, welcher nun auch in Deutschland mit stürmischen Böen wehte, verstärkte sich über den Britischen Inseln nochmals, wobei Orkanböen von bis zu 146,4 km/h am Bealach na Ba und auf dem Cairngorm sowie 140,8 km/h auf dem Aonach Mòr registriert wurden.

Unter zunehmender Okkludierung verlagerte sich das Tief BONIMIR bis zum 05.08. weiter nach Norden und konnte zum Nachttermin mit einem abgeschwächten Kerndruck von nur noch rund 995 hPa westlich der Färöer-Inseln analysiert werden. Das zugehörige Frontensystem bestand aus einer Okklusion, die von der Ostküste Islands bis nach Trondheim und von dort weiter nach Oslo führte. In diesem Bereich nahm sie Kaltfrontcharakter an und verlief über Südschweden, Westpolen, Tschechien, Österreich und die Schweiz bis über den Südwesten Frankreichs. Mit dem Durchzug der Luftmassengrenze sank die Temperatur in Deutschland verbreitet um 5 bis 10 Grad. Dabei wurden nur noch im Südwesten Maxima um 30°C registriert. Ansonsten lagen die Werte meist im Bereich zwischen 22 und 27°C. Entlang der Front kam es auch weiterhin zu Niederschlägen, die bis 08 Uhr MESZ zu 12-stündigen Mengen von beispielweise von 11 l/m² in Putbus, 13 l/m² am Kap Arkona und 15 l/m² in Kopenhagen führten. Im Süden Norwegens und Schwedens fiel der Regen etwas kräftiger aus, wodurch in Ljungby 24 l/m², in Horby 25 l/m², in Tryvasshogda im Norden Oslos 44 l/m², in Bjornholt 45 l/m² und in Asker 47 l/m² gemessen werden konnten. In Österreich kam es indes zu Stauniederschlägen entlang der Gebirge. Die größten Regensummen wurden dabei mit je 46 l/m² in nur 3 Stunden aus Patscherkofel und Sillian sowie insgesamt 71 l/m² in 6 Stunden aus Dellach im Drautal gemeldet, wobei von letzterem allein 48 l/m² Regen innerhalb von 3 Stunden verzeichnet wurden. Auch in Island im Norden der Zyklone BONIMIR kam es zu lang anhaltendem Regen und 15-stündigen Mengen von 62 l/m² in Skjaldthingsstadir und 67 l/m² in Dalatangi. Dadurch fielen an diesen beiden Stationen bis 20 Uhr MESZ innerhalb von 24 Stunden 92 und 91 l/m² an Niederschlag. Hinzu schwächte sich das Sturmfeld im Bereich des Tiefs BONIMIR ab. Lediglich auf dem Cairngorm konnten nochmals orkanartige Böen von bis zu 107,5 km/h beobachtet werden.

Der Wirbel BONIMIR verblieb bis zum Folgetag in seiner Lage stationär und auch sein Kerndruck betrug weiterhin rund 995 hPa. Die zugehörige Okklusionsfront erstreckte sich um 02 Uhr MESZ westlich des Kerns ausgehend über Island und die Norwegische See bis über den Norden Schwedens, wo sich der Okklusionspunkt befand. Von dort verlief die Warmfront bis etwa nach Minsk und die Kaltfront führte über die Ostsee bis nach Nordpolen. In Dalatangi kamen bis 11 Uhr MESZ nochmals 17 l/m² in 15 Stunden zusammen, in Skjaldthingsstadir waren es im gleichen Zeitraum lediglich 6 l/m². Bis 08 Uhr MESZ konnten zuvor im norwegischen Tjotta 13 l/m² registriert werden. In den folgenden 12 Stunden summierten sich die Niederschläge in Schweden des Weiteren auf 11 l/m² in Gällivare, 9 l/m² in Saittarova und 8 l/m² in Asele. In Finnland wurden derweil 12-stündige Regenmengen von 9 l/m² in Pudasjärvi und 11 l/m² in Porvoo sowie 14 l/m² am Flughafen Helsinki-Vantaa und 22 l/m² in Helsinki-Kaisaniemi verzeichnet.

Am 07.08. befand sich das Tief BONIMIR nahe der Ostküste Islands, wobei sich der Wirbel weiter abschwächte und nur noch einen Kerndruck von etwa 1000 hPa aufweisen konnte. Vom Kern führte eine Okklusion zunächst nach Osten über die Norwegische See und verband sich nach anschließend südlichem Verlauf über der Südwestküste Norwegens mit der Okklusion des Wirbels CHRISTIAN. Außerdem erstreckte sich eine weitere Okklusion nördlich des Kerns über Jan Mayen bis südlich von Spitzbergen, wo sie sich dem Frontensystem eines unbenannten Tiefs anschloss. Das Niederschlagsfeld im Kernbereich des Tiefs BONIMIR schwächte sich ebenfalls ab. Dadurch wurden nur noch 3 l/m² in Skjaldthingsstadir und 4 l/m² in Grimsstadir innerhalb von 15 Stunden bis 11 Uhr MESZ gemessen.

Mit weiterer Verlagerung nach Norden wurde die Zyklone BONIMIR mit einem zentrumsnahen Druck von weiterhin ca. 1000 hPa knapp westlich von Jan Mayen analysiert. Die Okklusion verlief entlang der grönländischen Ostküste nach Norden, beschrieb dann einen Bogen nach Südosten und ging über den nördlichen Skanden in die Okklusion des Tiefs CHRISTIAN über. Auf Jan Mayen fielen dabei bis zum 08 Uhr MESZ-Termin lediglich 2 l/m² in 12 Stunden.

Der 09.08. stellt den letzten Tag dar, an welchem das Tief BONIMIR auf der Berliner Wetterkarte namentlich verzeichnet werden konnte. Der Wirbel BONIMIR befand sich um 02 Uhr MESZ dieses Tages vor der Ostküste Grönlands nahe dem Ort Daneborg. Vom Kern mit etwa 1000 hPa zog sich eine Okklusion nach Osten und ging südlich von Spitzbergen in das Frontensystem eines anderen Tiefs über. Im weiteren Verlauf wurde das Tief BONIMIR in die Zirkulation eines heranziehenden und unbenannten Wirbels aufgenommen, welcher sich in den folgenden Tagen über dem isländischen Raum etablierte.

 

Geschrieben am 20.09.2015 von Sebastian Wölk

Berliner Wetterkarte: 04.08.2015

Pate: Bonimir A. Dolic