Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet BRIGITTE

(getauft am 18.03.2018)

 

Am 18.03. wurde anhand der Prognosekarte für 12 Uhr UTC des folgenden Tages ein über dem Norden Russlands liegender Tiefdruckwirbel auf den Namen BRIGITTE getauft, dessen Entwicklung und Ausprägung bereits wenige Tage zuvor im arktischen Raum über der Grönlandsee begonnen hatte.

Dieser Wirbel war von Jan Mayen über die Grönlandsee nach Osten gezogen und bildete im Laufe des 18.03. entlang einer zugehörigen Okklusionsfront über Spitzbergen einen zweiten Kern aus. Beide Kerne verlagerten sich zum 19.03. weiter nach Süden Richtung Nordeuropa. Gegen 0 Uhr UTC lag der erste, östlichere Kern mit einem Druck von unter 990 hPa über der Spitze der Kola Halbinsel, unweit von Mayak Gorodetsky, und der zweite, westlichere Kern mit einem um 5 hPa höheren Kerndruck, vor der Küste Nordwestnorwegens, nahe Tromsø. Vom ersten Kern erstreckte sich zum Analysezeitpunkt eine kleinskalige Okklusionsfront über das Weiße Meer nach Südosten. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront verstanden, die aus dem Zusammenschluss von Warm- und der ihr nacheilenden Kaltfront entsteht und Eigenschaften beider in sich vereint. Die Stelle, in der beide Frontensysteme ineinander übergehen, wird als Okklusionspunkt bezeichnet, welcher sich zum Analysezeitpunkt wenig südwestlich des Kerns bei Okulovskiy, nordöstlich von Archangelsk befand. Von dort erstreckte sich die Warmfront in einem Bogen über Vologda bis nach Moskau und die ihr nacheilende Kaltfront über Helsinki und Bergen bis nach Island. Westlich von Island den Charakter einer Warmfront annehmend, reichte diese anschließend weiter bis nach Tasiilaq. Eine weitere, dem Küstenverlauf Nordskandinaviens folgende Okklusionsfront verband die beiden Kerne untereinander. Hebungsprozesse entlang der Ausläufer des Wirbels hatten die Entwicklung eines Niederschlagsbandes zur Folge, welches am 18.03. die Küstenregionen Norwegens sowie der Kolahalbinsel erreicht hatte und sich entlang dieser nach Süden beziehungsweise Südwesten verlagerten. Bis 6 UTC des 19.03. wurden durch zumeist leichten Schneefall in Murmansk 0,4 mm, während Schneetreibens an der Station auf der Halbinsel Kanin 4,0 mm und durch anhaltenden, teils starken Schneefall in Archangelsk 8,2 mm registriert. Im Stadtgebiet von Tromsø fielen im selben Zeitraum durch anhaltende, teils mit Regen vermengte Schneeschauer 15,4 mm und am nur wenige Kilometer entfernten Flughafen Langes 18,5 mm. Aufgrund von erzwungenen Hebungs- und Stauprozessen beim Aufgleiten der feuchten Luftmassen in kältere Luftschichten entlang der dortigen Gebirgsausläufer hatte sich im Bereich des Polarkreises in der Nacht zum 18.03. über Mittelnorwegen ein markant ausgeprägtes, wenn auch lokal begrenztes Niederschlagsgebiet ausgebildet, welches sich im Laufe des 18.03. nach Süden verlagerte, ehe es sich am 19.03. in der Region um Bergen allmählich auflöste. Dabei fielen in den 24 Stunden bis 6 Uhr UTC des 19.03 durch Regen-, Schneeregen- und Schneeschauer in Snåsa 24,3, am Leuchtturm am Åfjord 50,2 und an der schwedischen Messstation Klovsjohojden 85,0 mm. In den darauf folgenden 24 Stunden wurden bis 6 Uhr UTC des 20.03. bei Bergen 3,7 mm, in Bjorli 21,6 mm und auf dem Mannen 30,2 mm gemessen. Ein Großteil der Niederschläge, knapp 38 mm, waren an der Station Klovsjohojden gar in weniger als 6 Stunden gefallen. Über dem finnisch-russischen Raum hatten die Niederschläge im Laufe des 19.03. ebenfalls begonnen an Intensität zu verlieren und waren mit den beiden sich in Richtung Finnland und Uralgebirge verlagernden Zentren nach Süden gezogen. Der Schwerpunkt der Niederschläge lag dabei über Estland und Westrussland im Bereich des zweiten, östlicheren Zentrums. Innerhalb von 24 Stunden wurden in St. Petersburg 9,0 mm, auf der Inselgruppe Walaam im Ladogasee 11,0 mm und im estnischen Viljandi 12,1 mm gemessen.

Am 20.03., gegen 0 Uhr UTC, befand sich der erste, östlichere Kern des Tiefs BRIGITTE genannt BRIGITTE I, mit einem Druck von unter 995 hPa am Rande des Nordurals bei Petschora, südlich von Vorkuta und der zweite, westlichere mit einem Druck von unter 1000 hPa über dem Onegasee bei Petrosawodsk, nordöstlich von St. Petersburg. Vom Kern der Zyklone BRIGITTE I erstreckte sich eine in der Höhe den Charakter einer Okklusionsfront annehmende Kaltfront in Richtung des zweiten Kerns nach Westen, die sich bei Kotlas mit dessen Warmfront verband. Eine weitere, ebenfalls in der Höhe Okklusionsfrontencharakter annehmende Kaltfront zog sich vom zweiten Kern über Helsinki und Kopenhagen sowie die Nordsee nach Norden bis östlich von Schottland, wo sie in die Warmfront eines mit Zentrum nahe Jan Mayen liegenden Tiefs überging, welches nachfolgend für Skandinavien wetterbestimmend wurde. Über dem russischen Raum verlagerte sich der Schwerpunkt der Niederschläge entlang der Okklusionsfront unter allmählicher Abschwächung vom ersten zum zweiten Kern. Innerhalb von 24 Stunden fielen in St. Petersburg 2,0 mm, bei Borovici 9,0 mm und in Krasnoborsk 14,0 mm zumeist als anhaltenden Schneefall geringer Intensität. Am Rande des gesamten Tiefkomplexes BRIGITTE wurde Kaltluft polaren Ursprungs über den Nordseeraum nach Deutschland geführt, wodurch sich entlang der nach Süden voranschreitenden Kaltfront über Mittel- und Ostdeutschland eine Schauerkette ausbildete. Schneefall, der in einigen Regionen Niedersachsens wie in Wiesenburg (2,5 mm) bei Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt in gefrierenden Regen und Sprühregen überging, brachte in Göttingen 1,5 mm, in Potsdam 3,0 mm und auf dem Brocken 8,1 mm. Sowohl in Potsdam als auch in Berlin-Dahlem bildete sich während der Schneefälle eine Schneedecke von zwischenzeitlich 6 beziehungsweise 3 cm aus, die jedoch bereits im Laufe des Folgetages bei Tageshöchstwerten um 6°C wieder weitestgehend verschwand. Auch in anderen Regionen, besonders aber in den höheren Lagen des Harzes und der Ostdeutschen Mittelgebirge konnte sich eine dünne Schneedecke zwischen
2 und 5 Zentimetern ausbilden oder eine bereits vorhandene um diesen Betrag anwachsen.

Zum 21.03. hatten sich beide Zentren des Tiefs BRIGITTE nur geringfügig verlagert. Der erste, östliche Kern befand sich um 0 Uhr UTC westlich des Uralgebirges nahe Uchta, der zweite, westlichere südöstlich von St. Petersburg bei Weliki Nowgorod. Vom ersten Kern erstreckte sich zum einen eine Warmfront in östlicher Richtung über den Ural, die im Verlauf in das Frontensystem eines anderen Wirbels überging, als auch eine Kaltfront in westlicher Richtung, die sich mit der Warmfront des zweiten Kerns verband. Vom zweiten Kern ging eine Kaltfront in südwestlicher Richtung über Minsk und Warschau bis nach Wroclaw aus. In beiden Kernen war der Druck auf circa 1005-1010 hPa angestiegen. Im Laufe des 21.03. verlor der zweite Kern des Tiefdruckwirbels BRIGITTE rasch an Stärke, sodass dieser am 22.03. nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte als eigenständiger Wirbel analysiert und somit auch nicht mehr auf jener namentlich verzeichnet werden konnte. Die sich aus dem Schwarzmeerraum nach Norden verlagernde Zyklone ANNEGRET wurde nachfolgend für West- und Südwestrussland wetterbestimmend, in dessen Zirkulation bis etwa 12 Uhr UTC die Reste des zweiten Kerns übergegangen waren. Der erste, östlichere Kern hingegen verlagerte sich, ebenfalls abschwächend, im Tagesverlauf über das Uralgebirge hinweg nach Sibirien und verließ somit den von der Berliner Wetterkarte erfassten Analysebereich. Größere Niederschlagsmengen wurden in seinem Einflussbereich, der sich im wesentlichen direkt um seinen Kern erstreckte, nur noch lokal registriert. Oktjabr'skoe meldete eine vierundzwanzigstündige Niederschlagssumme von 3,3 mm, Nojabrsk von 4,0 mm und Nizhnesortymsk von 5,2 mm. Abseits des Zentrums blieben die Niederschlagssummen zumeist unter 1 mm, oft fielen auch nur einzelne Flocken oder es blieb gänzlich niederschlagsfrei.