Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet BRIGITTE

(getauft am 27.07.2016)

 

Anfang der dritten Julidekade bildete sich über Neufundland ein Tiefdruckgebiet, welches der Höhenströmung in 5,5 km folgend weiter nach Osten zog. Da dieses Tief das Wetter in Europa beeinflussen sollte, wurde es am 27.07.2016 in der Prognose für den Folgetag auf den Namen BRIGITTE getauft.

Am 27.07.2016 hatte die Zyklone BRIGITTE schließlich den zentralen Nordatlantik südlich Grönlands und westlich von Irland erreicht. Bei einem Kerndruck von knapp unter 1015 hPa wies der Wirbel bereits ein teilweise okkludiertes Frontensystem auf. Unter einer Okklusion wird eine Mischform der Warm- Kaltfront verstanden, die die Charakteristika dieser beiden Grundfronten in sich vereint und sich üblicherweise im sogenannten Okklusionspunkt ausbildet, da die Kaltfront eine höhere Verlagerungsgeschwindigkeit aufweist, die Warmfront daher einholt und die wärmeren Luftmassen zum Aufsteigen bringt. Dieser Okklusionspunkt befand sich östlich des Kerns und vom ihm aus führte die Warmfront in einem leichten Bogen auf die Küste Irlands zu, ging aber gut 500 km vor der Küstenlinie in die Kaltfront des Tiefs ARVENN über. In südwestlicher Richtung vom Okklusionspunkt aus verlief eine Kaltfront in westlicher Richtung und ging nach rund 500 km in die Warmfront eines nachfolgenden Tiefs über. Zudem wies die Zyklone BRIGITTE eine weitere Kaltfront auf, die sich anfangs parallel zur anderen Kaltfront zog und nach etwa einem Drittel ebenfalls in eine über Neufundland bis nach Kanada reichende Warmfront überging. Im Einflussbereich des Wirbels BRIGITTE erreichten die Winde über der offenen See Windstärken von rund 39 bis 49 km/h, was ungefähr einer Stärke 6 auf der Beaufortskala und Starken Wind entspricht.

Um 1 Uhr MEZ des 28.07.2016 hatte die Zyklone BRIGITTE schließlich den östlichen Nordatlantik erreicht, sie befand westlich von Schottland und südlich von Island. Im Kern war der Druck im Laufe des Vortages leicht gesunken und erreichte Werte von knapp unterhalb 1010 hPa. Das Frontensystem bestand zum einen aus einer Okklusion, die sich von Westen kommend über eine Strecke von rund 1500 km erstreckte und dabei am Kern vorbeiführte, ehe sie sich im Okklusionspunkt in eine Warm- und Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront wies ungefähr die Ausdehnung der Okklusion auf und zog sich vom Okklusionspunkt nach Süden in einem nach Westen offenen Halbkreis bis zum Breitengrad Genfs. Die Kaltfront erstreckte sich bis hinaus über den Zentralen Nordatlantik und endete in etwa im Schnittpunkt des Breitengrades der Südspitze Cornwalls mit dem Längenrad von Angmagssalik. Die Überquerung Irlands bescherte diesem im Bereich des Warmluftsektors einen leichten Anstieg der Temperaturen. So stiegen im zentral in Irland gelegenen Mullingar die Tageshöchstwerte von 17,8°C auf 18,6°C und die Tiefsttemperaturen von 11,9°C am 27.07. auf 12,9°C am 28.07.2016. Dies spiegelte sich auch in einer Drehung der Windrichtung wider: Dieser drehte von nordwestlicher Richtung über West bis hin zu einer ostsüdöstlichen Windrichtung. Der Wind schwächte sich aber über Land aufgrund der deutlich höheren Reibung auf Werte zwischen 10 und 14 km/h ab und erreichte somit nur schwachen Wind der Stärke 3 auf der Beaufortskala. In Dublin viel der Einfluss des hinter der Warmfront gelegen Warmluftsektors sogar noch stärker aus. Die Tageshöchsttemperaturen stiegen dort um 2,2 Grad von 18,6 auf 20,8°C. Dagegegen fielen die Niederschlagsmengen sehr unterschiedlich aus, in Ballyhaise fielen in 24 Stunden bis um 01 Uhr MEZ des Folgetages 13 l/m², in Mullingar
5 l/m² und in Dublin 1,4 l/m².

Der Wirbel BRIGITTE verlagerte sich nun deutlich zügiger und hatte bis zu den Morgenstunden des 29.7.2016 schließlich Mittelengland erreicht. Die nach Westen reichende Okklusionsfront hatte sich noch ein wenig mehr ausgeprägt. Sie hatte rund 500 km an Ausdehnung hinzugewonnen und reichte dabei über Dublin hinaus über den östlichen Nordatlantik bis zum Längengrad Reykjaviks. Vom östlich des Kerns über der Nordsee liegenden Okklusionspunkt verlief die Warmfront in einem Bogen vorbei an Brüssel bis nahe Paris. Die Kaltfront hingegen reichte westwärts entlang des Ärmelkanals über die Nordküste Frankreichs, überquerte die Bretagne, führte hinaus über die Biskaya und den Atlantik und endete wie tags zuvor schon über dem zentralen Nordatlantik am Schnittpunkt des Breitengrades der Südspitze Cornwals und dem Längengrad von Angmagssalik, wo sie in die Warmfront eines nachfolgenden Tiefdruckgebietes überging. Auch am 29.7. gab es eine weite Streuung an Wetterereignissen. Während die Wetterstation vom Londoner Flughafen Heathrow innerhalb von 24 Stunden bis um 07 Uhr MEZ des Folgetages insgesamt 0,4 l/m² an Niederschlag, eine Tageshöchsttemperatur von 23,5°C und stündliche Mittelwinde von rund 20,4 km/h als Maximalwerte registrierte, gab es Stationen, die davon massiv abwichen. Am Cairngorm wurden Mittelwinde von bis zu 44,5 km/h und Böen im zuvor aufgeführten Zeitraum mit bis zu 64,9 km/h, also der Windstärke 8, gemessen. In Tiree stieg die Tageshöchsttemperatur nur auf 15,6°C. In Topcliffe wurde im gleichen Zeitraum wie in Heathrow eine Niederschlagsmenge von 8,8 l/m² gemessen. Dieser Wert wurde noch um einiges an der Station Linton-On-Ouse übertroffen, die den Spitzenwert für diesen Tag in Großbritannien mit 43,2 l/m² erreichte.

Sich in einem Bogen über Dänemark nordwärts verlagernd hatte das Tief BRIGITTE das norwegische Trondheim am 30.07.2016 erreicht. Der Kerndruck war abermals gesunken und betrug nur noch knapp 1005 hPa. Die dem Tief zugehörige Okklusion erstreckte sich dabei vom Kern über Trondheim zunächst südwärts über Oslo bis nach Aalborg. Dort wechselte sie ihren Charakter in den einer Kaltfront und reichte weiter entlang der niederländischen Küste, den Ärmelkanal entlang seiner Längsachse überquerend bis über den Nordostatlantik. Mit der Verlagerung des Kerns bis nach Trondheim verlagerten sich auch die dem Tief BRIGITTE zuzuordnenden Wetterereignisse. Im norwegischen Sihcajarvi und Namsskogan wurden in 24 Stunden bis um 07 Uhr MEZ des 31.07. 20,6 bzw. 20,3 l/m² an Niederschlag gemessen und wurden durch zum Teil gewittrig verstärkte Ereignisse erhöht. Auch in Trondheim wurden im Laufe des Tages Gewitter beobachtet, allerdings konnten keine Niederschlagswerte registriert werden. In Bronnoysund wurde bei schwachen Winden eine einzelne Orkan Böe mit 122,5 km/h gemessen.

Der 30.07.2016 war auch der letzte Tag, an dem das Tiefdrucksystem BRIGITTE analysiert wurde, da sich das Tief ARVENN näherte und dieses im Laufe des Tages in seine Zirkulation aufgenommen hatte. Dadurch konnte das Tief BRIGITTE am Folgetag nicht mehr auf den Karten der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 

 

Geschrieben am 09.09.2016 von Patrick Ilmer

Berliner Wetterkarte: 28.07.2016

Pate: Brigitte Stephan