Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet BRITTA

(getauft am 08.05.20)

 

Aus einer sich wellenden Front zwischen Island und Grönland entstand gegen Ende der ersten Maidekade 2020 als mittleres von drei Tiefs, die sich vom Süden Grönlands nach Osten bis Südskandinavien erstreckte, eine Zyklone. Anhand der Analysekarte vom 08.05.20 um 02 Uhr MESZ wurde dieses Tiefdruckgebiet auf den Namen BRITTA getauft.

Zu dieser Zeit lag der Kern unweit von Reykjavik mit einem dort herrschenden Druck von rund 1018 hPa. Die wellenförmigen Fronten, eine Warm- und eine Kaltfront, erstreckten sich vom Süden Islands im Anschluss einer Kaltfront nach Westen über dem nördlichen Atlantik, wo sich ungefähr 300 km südöstlich von Grönland eine Warmfront anschloss. Schneeregen und Regen fiel dabei im südlichen Island mit 12-stündigen Mengen von 8,0 l/m² in Laufbali und 3,3 l/m² in Kvísker bis 08 Uhr MESZ. Dazu stieg die Temperatur entlang der Küste auf 7,5°C in Keflavík oder 8,7°C in Reykjavík.

Einen Tag später befand sich das Zentrum des Tiefdruckgebietes BRITTA nah an der Südwestküste Skandinaviens. Mit etwa Kerndruck von 1013 hPa hatte es sich im Vergleich zum Vortag verstärkt. Die Okklusion, die doppelt ausgeprägte Warmfront und die beiden Okklusionspunkte befanden sich dabei über dem Meer zwischen dem Süden Norwegens und den Färöer-Inseln. An der südlichen Warmfront über dem nördlichen Teil der Nordsee schloss sich eine Kaltfront einer kleinen Wellenstörung an.  Die Kaltfront, die die beiden Okklusionspunkte verband, lag zudem über dem Norden Schottlands und erstreckte sich bis über den nordöstlichen Atlantik. Im Einflussbereich der Fronten regnete es bis zu 3 l/m² in Furuneset und im schottischen Altnaharra in der erwähnten Zeitspanne. Die Höchsttemperaturen lagen zwischen 5,9°C in Førde im Südwesten Norwegens, 10,3°C in Bergen und 13,1°C in Kinloss bei Inverness.

Ausgehend von einem Punkt bei Stockholm, wo sich eine Mischfront und eine Warmfront trafen, verlief die kurze Warmfront des Tiefs BRITTA 24 Stunden später nach Südwesten bis zum Kern, wo ein Luftdruck von ungefähr 1007 hPa gemessen wurde. Die Warmfront ging dabei in die Kaltfront über, die sich in einem Bogen über den äußersten Süden Norwegens, quer über die Nordsee und den Britischen Inseln erstreckte und an der sich über dem Nordostatlantik eine Warmfront anschloss. Besonders im Kernbereich gab es länger anhaltenden ergiebigen Regen oder Schneeregen. Im genannten Zeitraum waren es 15 l/m² in Bjornholt bei Oslo und 12 l/m² in Kongsberg. Ansonsten kamen lediglich in der gleichen Zeit 6 l/m² in Edinburgh, 4 l/m² in Aviemore oder 3 l/m² im nordirischen Glenanne zusammen. Während südlich der Kaltfront noch Höchstwerte von 17,1°C in Lyneham nordwestlich von London und 16,9°C in Wattisham erreicht wurden, gelangten hinter der Kaltfront des Wirbels BRITTA an der Ostflanke des Hochs QUIRINIUS arktische Luftmassen nach Süden. Im norwegischen Førde wurden nur 4,3°C und 5,3°C in Aviemore als Höchstwerte gemessen.

Am 11.05, um 02 Uhr MESZ lag der Kern des Tiefdruckgebietes BRITTA über dem Norden Finnlands westlich der Halbinsel Kola. Dort wurde ein Luftdruck von rund 998 hPa registriert. Über der Halbinsel erstreckte sich zudem die sehr kurze Warmfront. Die Kaltfront, die vom Okklusionspunkt östlich der kaum ausgebildeten Mischfront beim Zentrum ihren Ursprung fand und in einem langen Bogen von Finnland und der Ostsee bis zum Nordatlantik reichte, befand sich über Mittel- und Westeuropa kurz hinter der Konvergenzlinie des Tiefs AKI II. Entlang dieser Kaltfront schob sich die schwerere Kaltluft unter die vorlaufende warme Luftmasse. Gebietsweise fielen an dieser Front bis zu 14 l/m² Niederschlag in fester und flüssiger Form im 12-stündigen Zeitraum bis 08 Uhr MESZ an der Station Montschegorsk südlich von Murmansk oder 10 l/m² in Gladhammar im Südosten Schwedens. Vor der Kaltfront wurde Warmluft bis weit in den Norden transportiert. Die Station Wyborg meldete als Höchstwert 17,6°C oder in St. Petersburg waren es an diesem Tag maximal 21,1°C. Hinter der Luftmassengrenze an der Kaltfront floss maritime Arktikluft ein und die Höchsttemperaturen betrugen lediglich 10,3°C in Warnemünde, 10,1°C in Göteborg und 6,5°C in Turku, 350 km westlich von Wyborg.

Am folgenden Tag befand sich das Zentrum des Wirbels BRITTA I am Nordkap und entlang einer Welle in der Okklusion der Kern des Tiefs BRITTA II über dem Weißen Meer. Beide Zentren wiesen einen Druck von circa 984 hPa auf und waren gegenseitig mittels Okklusionsfront verbunden, die spiralförmig über der südlichen Barentssee lag und anschließend südwärts bis zum Ladogasee verlief. Vom dortigen Okklusionspunkt reichte die Warmfront bis in den Osten der Ukraine und die Kaltfront erstreckte sich südwestwärts bis nach Weißrussland, wo sich die Warmfront der Zyklone AKI II anschloss. Während an der Warmfront, wo warme Luft langsam über Kaltluft aufstieg, kaum Niederschlag fiel, gab es entlang der Misch- sowie Kaltfront viel mehr Regen und Schnee. In der erwähnten Zeitspanne waren es 16 l/m² in Lowosero auf der Halbinsel Kola und 19 l/m² in Novgorod. Die Temperaturunterschiede zwischen dem Warmsektor, vor der Kaltfront und hinter der Front, waren immer noch beträchtlich. Von beispielsweise 25,2°C in Moskau fiel die Temperatur auf 3,2°C in Toropez. Beide Städte sind knapp 400 km voneinander entfernt. Wegen des Hochs östlich des Urals, war der Druckunterschied mit dem Tiefdruckkomplex BRITTA sehr ausgeprägt. Auf der Insel Nowaja Semlja und dem Nordwesten Russlands wurden deshalb teils schwere Sturmböen gemessen.

Unter Verstärkung zog der Wirbel BRITTA bis zum nächsten Tag weiter nach Norden und hatte am 13.05. um 02 Uhr MESZ einen Kerndruck von knapp 965 hPa bei Spitzbergen. Die Niederschlagstätigkeit nahm deutlich ab. Im Bereich der Okklusion, wo sich die Kaltluft komplett unter die Warmluft geschoben hatte und sich erst spiralförmig über Spitzbergen erstreckte und im Anschluss bis nach Nowaja Semlja reichte, waren es nur noch 4 l/m² auf Hopen oder 3,1 l/m² in Longyearbyen im genannten Zeitraum. An der Mischfront schloss sich die Warmfront des Tiefdruckgebietes AKI an. Mit einer südlichen Strömung wurden auf Nowaja Semlja noch 7°C erreicht, während Höchsttemperaturen von 0,8°C in Gibostad oder 0,3°C in Hornsund auf Spitzbergen gemessen wurden. Im Bereich des Orkantiefs BRITTA gab es dort zudem orkanartige Windböen zu verzeichnen, dessen Windfeld nach Süden reichte und im Norden Norwegens noch Sturmböen registriert wurden.

Am 14.05. lag der Kern des Tiefs BRITTA über dem Meer zwischen Jan Mayen und Spitzbergen bei einem Zentrumsdruck von rund 989 hPa. Der südliche Teil der Okklusion verlief nach Norden und streifte den Nordosten Grönlands, weiter nördlich befindliche Fronten lagen nicht mehr im Erfassungsgebiet der Berliner Wetterkarte. Die Niederschläge im Einflussbereich der Okklusion ließen weiter nach, es wurden lediglich maximale 1 l/m² auf Jan Mayen in 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ gemessen. Hinter der Mischfront stieg dabei die Temperatur auf 2,0°C in Barentsburg und 2,7°C in Hornsund. Da über Grönland ein Hochdruckgebiet lag und sich nur wenig östlich davon das Tiefdruckgebiet BRITTA befand, kamen im Nordosten Grönlands schwere Sturmböen und auf Jan Mayen Sturmböen auf.

Mit dem quasi-stationären Hoch über Grönland und der Verlagerung des Wirbels AKI nach Westen, füllte sich das Tief BRITTA bis zum darauffolgenden Tag weiter auf und löste sich vollständig auf.