Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
BRITTA
(getauft
am 25.08.2012)
Am
24.08. war auf der Höhenwetterkarte, welche die Strömungs- und
Temperaturverhältnisse in 500 hPa bzw. etwa 5,5 km Höhe darstellt, ein großräumiger
Trog, d.h. ein Vorstoß kalter Luft in der Höhe, mit einer ostwärts gerichteten
Strömung zu erkennen. Die Frontalzone, welche die Grenze zwischen Höhenkaltluft
im Norden und Höhenwarmluft im Süden darstellt, erstreckte sich fast geradlinig
von der Ostküste Kanadas über den Atlantik bis nach Westeuropa und weiter über
Deutschland bis nach Westrussland. Diese durchgehende Strömung stellte
gleichzeitig die Zugrichtung für die meisten im Bodenniveau vorhandenen und
noch in der Entstehung befindlichen Tiefdruckgebiete dar. Einer dieser Wirbel,
welcher sich knapp südlich von Neufundland gebildet hatte, zog im weiteren
Verlauf über den Nordatlantik und wurde schließlich am 25.08. auf den Namen
BRITTA getauft. Zum Zeitpunkt der Taufe besaß der Kern einen Druck von etwa
1015 hPa und von ihm reichten eine Warmfront nach Südosten bis über den Raum
der Azoren, sowie eine Kaltfront nach Südwesten.
Nach
zweitägiger Atlantiküberquerung erreichten die ersten Ausläufer der Zyklone BRITTA
die Westküste Irlands. Bis zum 27.08. hatte das Tief beinahe Sturmstärke erreicht.
Der Kerndruck betrug ca. 985 hPa und die Isobaren, also die Linien gleichen
Luftdrucks waren dicht um das Zentrum von Tief BRITTA, welches sich einige
Hundert Kilometer von der westirischen Küste befand, gedrängt. Vom Zentrum
ausgehend zog sich eine Okklusion,
d.h. eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, entlang der irischen
Westküste bevor sie sich bei der Südwestspitze Irlands wieder in Warm- und
Kaltfront teilte. Von dort aus erstreckte sich die Warmfront südlich bis zur
Region Galicien. Die Kaltfront folgte dicht dahinter, erstreckte sich aber westlich
über die Azoren hinaus weiter bis zum 35. Breitengrad und war damit fast
dreimal so lang wie die Warmfront. Auf Valentia,
einer der westlichsten bewohnten Inseln Europas, wurden bis zum Morgen des
27.08. bei einer durchschnittlichen Temperatur von etwa 16°C bis zu 14 l/m²
Regen registriert, was 15 % der gesamten durchschnittlichen Niederschlagsmenge
des Monats August entsprach. Im Laufe des Tages überquerten die Fronten von Tief
BRITTA Irland und die Britischen Inseln vollständig. Dabei intensivierten sich
die Niederschläge durch kräftige Hebungsvorgänge insbesondere über Schottland
im Bereich der Okklusion. In Glasgow wurde dabei die höchste 24-stündige
Niederschlagsmenge mit 36 l/m² gemessen, was fast 40 % der gesamten Monatsniederschlagsmenge
für August entspricht. Aber auch im Bereich des Tiefzentrums, welches sich auf
980 hPa vertieft hatte, wurde bei Thorshaven auf den
Färöer-Inseln intensiver Regen mit einer Menge von 26 l/m² registriert.
Die
Warmfront von Wirbel BRITTA erreichte in der Nacht zum 28.08. den Norden
Deutschlands in abgeschwächter Form. Dennoch entwickelte sich bei Warmluftadvektion ein schwaches Regengebiet, bei dem aber
nur maximal 2 l/m² gemessen wurden, z.B. entlang der deutsch-holländischen
Grenze. Die langgezogene Kaltfront reichte vom Bereich der nördlichen Nordsee
über den Ärmelkanal und Galicien weit auf den Atlantik hinaus bis etwas südlich
der Azoren. Sie überquerte Norddeutschland von der Nordseeküste her in
südöstliche Richtung, wurde nach Süden hin immer schwächer und kaum noch wetterwirksam.
Verbreitet registrierte man sogar nur wenige Tropfen.
Bis
zum nächsten Tag verlagerte sich der Wirbel unter leichter Druckerhöhung bis
knapp südlich von Jan Mayen. Vom Kern aus reichte
eine Okklusion bis kurz vor Jan Mayen, drehte dann
nach Süden und überquerte Trondheim, bevor sie sich bei Stockholm wieder in
Warm- und Kaltfront teilte. Die kurze Warmfront reichte von dort in
südöstlicher Richtung über die Ostsee. Die Kaltfront lag hingegen immer noch
über Mittel- und Südwesteuropa. Insbesondere in Spanien machte sich ihr
Einfluss bemerkbar, nach Durchzug der Front sank die Temperatur verbreitet um
bis zu 6 Grad.
Im
weiteren Verlauf erreichte das Tiefdruckgebiet BRITTA nach kurzzeitiger
Abschwächung nochmals annähernd Sturmstärke mit einem Kerndruck von knapp unter
990 hPa und verlagerte sich dabei weiter nordwärts über das Europäische
Nordmeer. Dabei überquerte das Tiefzentrum die Insel Jan Mayen
und brachte neben einem Temperaturanstieg von 5°C auf 10°C auch 8 l/m² Regen
innerhalb von 24 Stunden.
Am
01.09. erreichte Tief BRITTA in wieder abgeschwächter Form mit seinem Zentrum
durch die nordwärts gerichtete Zugbahn die Nordostküste Grönlands. Die
Okklusionsfront ging nach wenigen Hundert Kilometern in eine Kaltfront über,
welche sich über Spitzbergen bis zum Nordkap erstreckte und über Schweden in
das Frontensystem von Tief CHRISTINE überging. An diesem Tag erschien das Tief
BRITTA letztmalig namentlich auf der Wetterkarte, da es sich im weiteren
Verlauf nördlich aus dem Darstellungsbereich verlagerte.
Geschrieben am 11.10.2012 von Matthias Treinzen
Berliner Wetterkarte: 28.08.2012
Pate: Britta Hensel