Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet BURKHARD
(getauft am 25.10.2013)
Am 25. Oktober 2013 wurde ein Tiefdruckgebiet
östlich von Neufundland und südlich von Grönland auf den Namen BURKHARD
getauft. Es bildete sich am Nordrand des Starkwindbandes, des sogenannten
Jetstreams, der von Nordamerika über den Nordatlantik nach Europa reicht.
Begünstigt wurde die Tiefdruckentwicklung am Boden durch den großen
Temperaturunterschied in der Höhe. Über der Davisstraße zwischen Grönland und
der Labrador-Halbinsel in Kanada befand sich in 5,5 km Höhe, dem 500-hPa-Druckniveau,
kalte Luft mit -32°C, während östlich von Neufundland wärmere Luft mit -12°C
von Süden heranreichte. Korrespondierend zum sich entwickelnden Höhentief
entstand der Wirbel BURKHARD am Boden, wo ein Kerndruck von etwas unter 975 hPa
gemessen wurde.
Mit dem Jetstream verlagerte sich sowohl das
Höhentief als auch das Bodentief BURKHARD bis zum Morgen des 26. Oktober um
ungefähr 800 km nach Osten. Gleichzeitig verstärkte sich das Tief auf einen
Kerndruck von knapp unter 960 hPa. Vom Zentrum der Zyklone BURKHARD ging eine
Okklusionsfront nach Westen aus, die vor der kanadischen Ostküste nach Norden
umschwenkte und bis an die westgrönländische Küste knapp nördlich des
Polarkreises reichte. Unter einer Okklusionsfront versteht man eine Mischfront
mit Warm- und Kaltfronteigenschaften. Eine weitere Okklusionsfront verlief vom
Tiefdruckzentrum des Wirbels BURKHARD nach Osten bis etwa 500 km südlich von
Island. Dort trafen eine Warmfront und eine Kaltfront am sogenannten
Okklusionspunkt zusammen. Die Warmfront reichte nach Südosten bis zur Südküste
von Irland, wo sie in eine Kaltfront des Tiefs ALBRECHT mit Kern bei den
Shetland-Inseln überging. Die vom Okklusionspunkt des Tiefs BURKHARD ausgehende
Kaltfront führte nach Süden bis zur Gegend der Azoren, wo sie Anschluss an eine
Warmfront hatte, die zu einem weiter westlich gelegenen unbenannten
Tiefdruckgebiet gehörte. Im Tagesverlauf verlagerten sich sowohl der Kern des
Tiefs BURKHARD als auch die zugehörigen Fronten weiter nach Osten und
beeinflussten zunehmend das Wetter im Westen Europas, vor allem auf den
Britischen Inseln.
So kamen bis zum Morgen des 27. Oktober an der
Wetterstation Valentia auf einer der irischen Küste südwestlich vorgelagerten
Insel innerhalb von 24 Stunden 37 l/m² Regen zusammen. Im westfranzösischen
Brest waren es im gleichen Zeitraum 16 l/m². Mittlerweile lag das Zentrum des
Tiefdruckgebietes BURKHARD etwa 500 km nordwestlich von Irland. Der Kerndruck
betrug nun knapp 965 hPa. Von dort verlief eine vor allem in der Höhe
ausgeprägte Okklusionsfront bogenförmig über Süden und Westen nach Nordwesten und
reichte bis zum südlichen Ausgang der Davisstraße. Eine weitere, auch am Boden
ausgeprägte Okklusionsfront erstreckte sich vom Tiefdruckzentrum zunächst nach
Norden und dann nach Osten bis östlich der Faröer-Inseln, wo sich ein
Okklusionspunkt befand. An diesem zweigte eine Warmfront nach Osten ab, die
sich über Skandinavien bis zur mittelschwedischen Ostseeküste zog und dort in
eine Kaltfront des Tiefs ALBRECHT mit Kern über dem Bottnischen Meerbusen
überging. Weiterhin gab es eine Kaltfront, die vom Okklusionspunkt über die
Nordsee und England sowie die Biskaya bis westlich von Portugal verlief, um in
eine Warmfront des Tiefs CHRISTIAN mit Kern nordwestlich der Azoren
überzugehen. Eine Höhenokklusionsfront, die nordöstlich des Tiefdruckkerns des
Wirbels BURKHARD begann und über Irland bis südwestlich von England reichte,
vervollständigte die komplexe Struktur des Tiefdrucksystems BURKHARD.
Die bis zum Morgen des 28. Oktober registrierten
Niederschlagsmengen im Zusammenhang mit dem Durchgang der zum Tief BURKHARD
gehörenden Fronten verdeutlichen, wo die Hauptaktivität der Niederschläge lag.
So fielen im schottischen Glasgow 17 l/m², im münsterländischen Ahaus 16 l/m²
und in Schleswig 15 l/m². Dabei war der Niederschlag besonders im Bereich der
Kaltfronten konvektiv geprägt. Das bedeutet, daß durch große
Temperaturunterschiede zwischen kalter Höhenluft und milder Meeresluft am Boden
starke Hebungsprozesse ausgelöst wurden, die zu schauerartigem Regen führten.
Auch Gewitter sind beim Durchgang der Kaltfronten des Tiefs BURKHARD vereinzelt
aufgetreten. Auch in anderen Regionen im Nordseeumfeld und in den angrenzenden
Bereichen kann von Regenmengen in dieser Größenordnung ausgegangen werden,
wobei die 24-stündigen Niederschlagsmengen dort, im Gegensatz zu den erwähnten
Städten, zum Teil auch auf Fronten anderer Tiefdruckgebiete zurückzuführen
sind. Der Kern des Wirbels BURKHARD hatte sich dabei bis vor die südnorwegische
Westküste verlagert, und der Luftdruck im Zentrum der Zyklone BURKHARD lag bei
etwas unter 975 hPa.
Am 29. Oktober hatte das Tiefdruckgebiet BURKHARD
seine Lage kaum verändert. Es befand sich nun mit einem Kerndruck von knapp 985
hPa am westlichen Rand des Tiefs CHRISTIAN, welches über Skandinavien und
Finnland lag. Mit der fast unveränderten Position des Tiefs BURKHARD waren
zeitweilige Niederschläge an der norwegischen Westküste verbunden, die bis zum
Morgen zu einer Regensumme von 22 l/m² in Bergen führten.
Am nächsten Tag befand sich das Tiefdruckgebiet
BURKHARD mit einem Kerndruck etwas unter 980 hPa nördlich der Lofoten. Dort
sowie in benachbarten Küstenregionen Nordnorwegens regnete es gelegentlich.
Am 31. Oktober war das Tief BURKHARD bei fast
gleicher Position und mit einem Kerndruck von knapp 995 hPa durch eine
Okklusionsfront mit einem unbenannten, aus dem Tiefdruckgebiet CHRISTIAN
abgespaltenen Tief mit Kern über dem Weißen Meer verbunden. Die Okklusionsfront
brachte Teilen von Lappland gelegentlichen Niederschlag, überwiegend als
Schnee.
Bis zum Morgen des 1. November zog das
Tiefdruckgebiet BURKHARD etwas weiter nach Norden bis westlich des Nordkaps und
besaß weiterhin einen Kerndruck von etwas unter 995 hPa. Von dort reichte eine
Okklusionsfront über die Region Murmansk und die Kola-Halbinsel bis zum
Übergang des Weißen Meeres zur Barentssee, von wo aus eine Kaltfront nach Osten
führte, die zu einem unbenannten Tief knapp östlich des Nordurals gehörte. In
den folgenden Tagen verlagerte sich das Tief BURKHARD langsam weiter nach
Norden bis vor die Inselgruppe Spitzbergen.
Am 3. November war das Tiefdruckgebiet BURKHARD zum
letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen.
Es befand sich östlich von Spitzbergen. In den nächsten Tagen verlagerte sich
die Haupttiefdruckaktivität in noch weiter nördlich gelegene Polarregionen und
konnte daher nicht weiter analysiert werden.
Geschrieben
von Heiko Wiese
Berliner
Wetterkarte: 27.10.2013
Pate: Atak Özek