Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet CAIUS

(getauft am 07.01.2017)

 

Am 07.01.17 befand sich vor der Ostküste Kanadas ein unbenanntes, aber stark ausgeprägtes Tiefdruckgebiet. Als Randtief zu dieser Zyklone bildete sich ein neues Tief über Grönland, welches noch am selben Tag auf den Namen CAIUS getauft wurde. Ein Randtief stellt ein kleinräumiges Tiefdruckgebiet dar, das sich innerhalb eines umfangreichen Tiefs, dem sogenannten steuernden Tief, gebildet hat und nachfolgend von ihm gelenkt wird.

Das Tief CAIUS lag mit einem Druck im Zentrum von rund 995 hPa an der Südostküste Grönlands und hatte bereits eine Okklusion ausgebildet. Eine Okklusion wird auch als Mischfront bezeichnet, wobei die schneller ziehende Kaltfront die vorgelagerte Warmfront eingeholt und die warme Luft vom Boden angehoben hat. Die Stelle, an welcher die Kaltfront die Warmfront einholt, wird als Okklusionspunkt bezeichnet. Somit entsteht mit der Okklusion ein Frontentyp, der die Eigenschaften von Kalt- und Warmfronten in sich vereint. Die lange Okklusion verlief erst im Bogen bis kurz vor Island und anschließend nach Südwesten bis zum Okklusionspunkt, welcher sich über dem zentralen Nordatlantik befand. Dort spaltete sich die Mischfront in eine relativ kurze Warm- und eine Kaltfront auf, die über eine Strecke von jeweils 800 km und in gleicher Richtung wie die Okklusion verliefen. An der Kaltfront schloss sich zusätzlich die Warmfront einer weiteren Welle an. Im Bereich der Okklusion regnete es bei leichten Plusgraden bis 4°C circa 5 l/m² an Islands Westküste, so in Talknafjordur, Olafsvik oder in Hvanneyri bis 07 Uhr MEZ in 12 Stunden. Außerdem fielen 5,7 l/m² in Patreksfjordur im selben Zeitraum. Im grönländischen Angmagssalik, im Bereich des Zentrums, wurden in 24 Stunden bis 07 Uhr MEZ 6 l/m² Niederschlag in fester Form bei Dauerfrost registriert.

Noch immer als Randtief befand sich das Tief CAIUS am Folgetag etwa 600 km südlich von Grönland über dem Atlantik. Der Kern wies einen Druck von etwas unter 995 hPa auf. Vom Zentrum verlief eine etwa 1400 km lange Warmfront in nordöstlicher Richtung. Zusätzlich erstreckte sich eine 1200 km lange Okklusion in Richtung Süden bis zum Okklusionspunkt, an welchem sich eine kurze Warmfront, die zunächst nach Süden und anschließend nach Osten verlief, anschloss. Außerdem erstreckte sich eine bogenförmige Kaltfront vom Okklusionspunkt aus über 1700 km quer über den Nordwestatlantik. Parallel dazu verlief hinter diesem sich nach Süden erstreckenden Frontensystemen eine weitere Kaltfront in einem Abstand von ca. 300 km.

Bis zum 09.01.2017 zog das nun eigenständige Tief CAIUS unter weiterer Verstärkung in Richtung Island und befand sich mit einem Druck von knapp unter 975 hPa nur wenige Hundert Kilometer südwestlich des Inselstaates. Die Okklusion des Tiefdruckgebietes CAIUS verlief bogenförmig südlich von Island. Der Okklusionspunkt lag rund 120 km vor der isländischen Südostküste. Die Warmfront erstreckte sich von dort ostwärts bis nach Südschweden. In einem großen Bogen verlief die Kaltfront vom Okklusionspunkt entlang der britischen Westküste bis etwa 1000 km nördlich der Azoren. Im gut ausgebildeten Warmsektor zwischen Warm- und Kaltfront erreichten die Höchstwerte in der herangeführten maritimen Luft der mittleren Breite bzw. in der maritimen Subtropikluft 6,1°C in Modalen nahe Bergen in Norwegen, 9,9°C am Flughafen von Aberdeen oder 10,5°C in Bournemouth. Gemäß der Stärke der jeweiligen Aufwärtsbewegungen der verschiedenen Fronten regnete es am wenigsten im Bereich der Warmfront. An der erwähnten norwegischen Wetterstation wurden bis 07 Uhr MEZ in 12 Stunden 6 l/m² Regen registriert. An der Kaltfront fielen bis zu 9 l/m² in Stornoway auf den Äußeren Hebriden und im Bereich der Okklusion im Süden Islands sogar 11,7 l/m² im selben Zeitraum. Zusätzlich erreichte der Wind im Bereich der Okklusion gebietsweise Orkanstärke.

Am 10.01.17 um 01 Uhr MEZ befand sich die Zyklone CAIUS mit dem Zentrum über den Färöer-Inseln und wies einen Druck von ca. 990 hPa auf. Die kurze Okklusion verlief nach Nordosten und der dazugehörige Okklusionspunkt lag am nördlichen Wendekreis auf halber Distanz zwischen Island und Skandinavien. Die Warmfront erstreckte sich von West nach Ost über die mittleren Landesteile Norwegens und Schwedens, dem nördlichen Bottnischen Meerbusen, quer über den Süden Finnlands bis über den Raum St. Petersburg. Die Warmfrontokklusion verlief erst bogenförmig in Richtung Trondheim, dann südwärts bis über die Niederlande und anschließend nach Südwesten bis nach Galicien. Wegen der Lufttemperatur, die um den Gefrierpunkt lag, fiel an der Warmfront auch Niederschlag in Form von Schnee. So kamen in Lulea 3 l/m² oder 5,5 l/m² in Puolanka Paljakka, das sich in Mittelfinnland befindet, in 12 Stunden bis 07 Uhr MEZ zusammen. Entlang der Warmfrontokklusion regnete es dagegen mehr. Verbreitet fielen im genannten Zeitraum zwischen 3,5 l/m² in Andernach oder 8 l/m² in Niort nordwestlich von Limoges. Im Stau des Skandinavischen Gebirges betrug die Niederschlagsmenge zur selben Zeit 25,7 l/m² in Landvik im Süden Norwegens. Der Begriff Warmfrontokklusion rührt daher, dass es hinter der Front wärmer ist als davor. Vor der Okklusion mit Warmfronteigenschaften wurden als Höchstwerte nur vereinzelt Plusgrade registriert, wie in Berlin-Dahlem mit 1,4°C oder in Karlsruhe mit 0,7°C. Nach Durchzug dieser Front stieg die Temperatur bis auf 6,4°C in Eindhoven oder 8°C in Paris.

Einen Tag später befand sich das Tief CAIUS etwas nördlicher als am Vortag und hatte sich mit einem Kerndruck von knapp unter 970 hPa wieder leicht verstärkt. Die Okklusion verlief nun hauptsächlich von West nach Ost, ausgehend von der östlichen Küste Islands bis zu den südlichen Lofoten, wo der Okklusionspunkt lag. Die Warmfront erstreckte sich von dort nach Osten bis etwa 1200 km nördlich des Kaukasus über eine gesamte Länge von ungefähr 2500 km. Die Warmfrontokklusion verlief erst nach Südosten bis über die zentralen Landesteile der Skandinavischen Halbinsel und anschließend nach Süden über Schweden und Dänemark bis zur Lüneburger Heide. Bis zum Folgetag um 07 Uhr MEZ fielen im Einflussbereich der Okklusion auf der Insel Jan Mayen in 24 Stunden nur 0,1 l/m² in Form von Schnee. Der meiste Niederschlag im Bereich der Warmfront kam in Nordfinnland und -schweden zusammen. Die Spanne an erwähnenswerten, zumeist festen, Niederschlägen reichte von 4,2 l/m² am Flugfeld von Ranua bis 8 l/m² in Rensjon in 12 Stunden bis 07 Uhr MEZ. Gewöhnlich ist die Luft hinter einer Warmfrontokklusion wärmer als davor und obwohl sich kurz hinter dieser Front eine weitere Okklusion befand, änderte das am Temperaturunterschied nichts. Hinter der Warmfrontokklusion floss maritime Subpolarluft ein und die Temperaturen stiegen an diesem Tag bis auf 7°C in Kristiansand oder Stavanger und 8°C in Bremen. Wegen der wiederholten Verstärkung der Zyklone wurden an den eben erwähnten südnorwegischen Wetterstationen sowie auf Jan Mayen Sturm- bis orkanartige Böen registriert, was Windgeschwindigkeiten zwischen 80 und 120 km/h entspricht.

Bis zum 12.01.2017 verlagerte sich Tiefdruckgebiet CAIUS unter weiterer Verstärkung ein wenig nach Südosten und hatte nun einen Kerndruck von etwas unter 965 hPa. Das Zentrum wurde etwa auf halber Strecke zwischen den Färöer-Inseln und dem skandinavischen Festland lokalisiert. Das komplexe Tiefdruckgebiet bestand aus zwei Okklusionen. Eine verlief bogenförmig 600 km südlich von Island bis zu den Färöer-Inseln und eine weitere im Bogen vom Zentrum der Zyklone CAIUS bis rund 250 km nordwestlich von Stockholm. Die Warmfront erstreckte sich über 950 km vor der nördlichen Küste Skandinaviens nach Nordosten bis zum Nordkap, wo sich ein kleines Tief ausgebildet hatte. Nur noch im Bereich der beiden Okklusionen kam nennenswerter Niederschlag zusammen. In 12 Stunden fielen bis 07 Uhr MEZ beispielsweise in Hunge bei Östersund 3 l/m² oder 4,9 l/m² in Trondheim. In Richtung Osten sanken die Temperaturen zunehmend. Somit regnete es an der Küste, während im Landesinneren eher der Schneefall überwog. Durch die Zufuhr von maritimer Arktikluft betrug die Höchsttemperatur in Reykjavik lediglich -7,1°C, während in der maritimen Subpolarluft die Höchstwerte im deutlichen Plusbereich lagen. Durch den geringen Kerndruck des Tief CAIUS blieb der Wind weiterhin stürmisch. In Thorshavn erreichte der Wind tagsüber orkanartige Böen. In Schottland kam es ebenfalls zu teils sehr hohen Windgeschwindigkeiten. An den Stationen Stornoway und Machrihanish wies die stärkste Böe eine Geschwindigkeit von 113 km/h auf.

Am 13.01.17 um 01 Uhr MEZ befand sich Tief CAIUS mit seinem Kern bei Bergen und besaß einen Druck im Zentrum von rund 975 hPa. Zu diesem Zeitpunkt bestand das Tiefdruckgebiet nur noch aus einer kurzen Okklusion, die von den Shetland-Inseln ungefähr 600 km nach Nordosten verlief. Daran schloss sich eine Okklusion des Tiefs an, das sich am Vortag gebildet hatte. An dieser kleinen Okklusion regnete es beispielsweise in Lerwick auf den Shetland-Inseln innerhalb von 12 Stunden bis 07 Uhr MEZ 4 l/m² oder 8 l/m² in Takle nördlich von Bergen. In der maritimen Subpolarluft blieb die Temperatur auf den Färöer-Inseln im leichten Dauerfrostbereich. Dort wurden zusätzlich noch schwere Sturmböen mit 109 km/h registriert. Östlich des Zentrums war das Wetter ruhiger. An der südnorwegischen Küste stieg die Temperatur sogar bis auf 6°C bei Kristiansand.

An der Ostflanke des Hochs über dem Atlantik zog das Tiefdruckgebiet CAIUS nach Süden bis etwa in den Raum Hamburg, wo sich der Kern mit einem Druck von circa 995 hPa am Folgetag befand. Es hatte sich soweit abgeschwächt, dass die Okklusion mit Warmfronteigenschaften lediglich vom Zentrum bis über den nordwestlichen Alpenraum reichte. Im Bereich dieser Front fiel sowohl fester Niederschlag in Form von Schnee oder Schneegriesel, als auch teils gefrierender Regen im Westen Deutschlands. Verbreitet fielen 1 bis 4 l/m², in Niedersachsen bis zu 8,9 l/m² in Rastede bei Oldenburg oder 9,9 l/m² an der Station Brilon-Thülen. Wegen der Warmfrontokklusion sind die Temperaturunterschiede vor und hinter der Front trotz der nur noch relativ geringen Ausprägung vorhanden. Um 01 Uhr MEZ betrug die Temperaturdifferenz zwischen Ost- und Westdeutschland ungefähr 6 Grad. Tagsüber wurden zwischen 1,2°C in Müncheberg und etwa 4°C in Bochum und Frankfurt/Main erreicht. Durch den Abbau der Luftdruckgegensätze ließ der Wind deutlich nach. So wurden in weiten Gebieten Deutschlands nur noch Böen der Stärke 6 auf der Beaufort-Skala gemessen, was etwa 40 bis 50 km/h entspricht. Nur auf dem Brocken oder dem Fichtelberg wurden noch schwere Sturmböen mit bis zu 100 km/h registriert.

Bis zum 15.01.17 schwächte sich Tief CAIUS soweit ab, dass es nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden konnte.

 

 

Geschrieben am 24.02.2017 von Matthias Janke

Berliner Wetterkarte: 10.01.2017

Pate: Caius Sandru