Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet  CARINO

(getauft am 13.07.2005)

 

Mitten im Sommer kann es sein, dass sich plötzlich kalte Luft aus den kalten grönländischen Hochebenen in Bewegung setzt und nach Süden auf den offenen Atlantik hinaus wandert. Hier hoch im Norden, wo im Atlantik der Golfstrom vom Golf von Mexiko nach Europa fließt, ist das Oberflächenwasser im Verhältnis dazu sehr warm. Und bei einem solchen Zusammentreffen von kalter trockener Grönlandluft und warmen atlantischem Wasser wirkt das warme Wasser wie eine heiße Heizplatte von unten, was die Entstehung von Tiefdruckgebieten stark begünstigt.

So auch in den Tagen vor der Taufe von Tief CARINO. Südlich von Grönland entstand durch einen solchen Kaltluftvorstoß am 10.07.2005 ein Tiefdruckgebiet, dessen künftiger Weg aber noch völlig unbekannt war. Erst am 13.07.2005 war ein Einfluss des Tiefdruckgebietes auf das europäische Festland ersichtlich und es erhielt schließlich den Namen CARINO.

Zu diesem Zeitpunkt war das Tief CARINO aber bereits 1000 Kilometer gewandert und war gerade im Begriff die Nordatlantikinsel Island zu überqueren und machte sich, begünstig durch einen kräftigen Wind in großer Höhe, direkt auf den Weg in die Nordsee. Die Ausläufer von Tief CARINO wanderten voraus und erreichten bereits 2 Tage später den Norden Deutschlands und sorgten hier für einen deutlichen Temperaturrückgang. Denn vorher wurden vielerorts noch Temperaturen von etwa 30°C gemessen. Mit Durchgang der Kaltfront, an der sich viele zum Teil kräftige Gewitter mit Platzregen, Hagel und Sturmböen ausbildeten, setzte sich zunehmend kühlere Meeresluft durch. Dabei fiel die Temperatur auf Werte um die 20°C. An einigen Stationen wurden auch innerhalb weniger Stunden mehr als 30 Liter pro Quadratmeter Regen gemessen. So zum Beispiel wurden Niederschlagsmengen in Berlin-Buch mit 35,5 l/m² und in Kassel mit 33 l/m² registriert.

Doch das Gastspiel war sommertypisch nur von kurzer Dauer, denn das Zentrum von Tief CARINO zog am 16.07.2005 rasch zur Ostsee und die wetteraktive Kaltfront ebenso rasch nach Polen weiter. Über Deutschland erwärmte sich tags darauf die frisch eingeflossene kühle Meeresluft, die letztendlich bis zum Alpenvorland durchmarschiert war, wieder. Das Tief CARINO schaltete nun auch einen Gang zurück und blieb über der Ostsee liegen. Die Ausläufer hingegen wanderten nach Osten weiter und brachten auch schwere Unwetter über Polen und der Ukraine.

Als das Tief CARINO in der Nacht zum 19.07.2005 über Estland auf das europäische Festland übertrat ging  ihm schnell die Puste aus und es löste sich genauso rasch auf, wie es einst südlich von Grönland entstanden war. Am 19.07.2005 verschwand das Tief CARINO schließlich von der Wetterkarte.


Geschrieben am 23.07.2005 von Sebastian Unger

Wetterkarte: 16.07.2005

Pate: Silvia Hütt