Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet CARLOS
(getauft am 07.01.2013)
Auf der Vorderseite eines Langwellentroges, d.h.
eines Kaltluftvorstoßes nach Süden in einer Höhe von ca. 5,5 km, entstand über
dem Seegebiet westlich von Irland im Bodenniveau ein Tiefdruckwirbel, der am
07. Januar auf den Namen CARLOS getauft wurde. Das Bodentief CARLOS besaß zum
Zeitpunkt der Taufe einen Kerndruck von 1005 hPa und
verlagerte sich im Tagesverlauf mit der südwestlichen Höhenströmung nach
Nordosten, sodass feuchtwarme Luft nach Nordwesteuropa gelangte. Vom Zentrum
des Tiefdrucksystems verlief eine Okklusionsfront
nach Nordosten, die sich nach wenigen Hundert Kilometern am Okklusionspunkt
in eine Kaltfront und eine weiter nördlich über dem Atlantik reichende
Warmfront aufspaltete. Als Okklusionsfronten werden
Mischfronten mit Warm- und Kaltfronteigenschaften bezeichnet. Die Kaltfront
wiederum erstreckte sich in einem weiten Bogen nach Südwesten, während die
Warmfront nördlich von Nordirland verlief und über Schottland in die Kaltfront
des Tiefdruckgebietes BORIS überging. Bis zum Morgen des 08. Januar hatte sich
der Wirbel mit seinem Zentrum bis vor die isländische Küste verlagert. Vom
Tiefdruckkern, in dem ein Druck von ca. 1000 hPa
herrschte, reichte die Okklusionsfront nach Südosten
bis zum Okklusionspunkt vor der Nordspitze
Schottlands. Von dort ausgehend verlief die Kaltfront in einem kurzen Bogen
nach Südwesten und ging nördlich von Irland in ein nachfolgendes, unbenanntes
Frontensystem über. Die Warmfront zog sich vom Okklusionspunkt
einige Hundert Kilometer nach Osten über die Nordsee bis Südnorwegen.
Durch eine Verlagerung nach Südosten lag das
Zentrum des Tiefdruckgebietes am nächsten Tag mit einem Kerndruck von 1005 hPa bei den Färöer. Einerseits verlief von dort eine Okklusionsfront über Island bis zur Südküste Grönlands, zum
anderen reichte eine weitere Okklusionsfront bis über
das südnorwegische Küstengebiet, wo die Warm- und die Kaltfront am Okklusionspunkt bei Jütland zusammenliefen. Die teils
verwellte Kaltfront erstreckte sich über die Nordsee und London bis weit hinaus
über den Atlantik, während die östlich gelegene Warmfront über die Nordsee bis
Mitteldeutschland verlief. Im Tagesverlauf bildete sich am Okklusionspunkt
kurzzeitig ein Teiltief mit einem Kerndruck von 1010 hPa.
Diese Ausläufer des Tiefs CARLOS brachten Norddeutschland vielerorts
Niederschläge, die insbesondere an den Küsten teils über 10 mm innerhalb von 24
Stunden bis zum Morgen des Folgetages brachten, wie z.B. in Warnemünde mit 12 mm
und Arkona mit 14 mm.
In der Nacht zum 10. Januar verlagerte sich das
Tiefdruckgebiet mit einem Kerndruck von 1005 hPa
weiter nach Osten. Am Tage lag der Wirbel über der zentralen Nordsee mit einem
Kerndruck von knapp über 1010 hPa. Die Okklusionsfront des Systems verlief über Dänemark bis zum Okklusionspunkt über Südschweden, wo die Kaltfront des
Wirbels nach Südwesten über Deutschland, Belgien bis nach England verlief und
dort in das Tief DIETER überging. Die nördlich der Kaltfront gelegene Warmfront
erstreckte sich von der Ostsee bis nach Litauen, wo sie in ein über Russland
gelegenes Tiefdruckgebiet überging. Damit setzte rückseitig des Tiefs CARLOS in
Deutschland eine Nord- bis Nordostströmung ein, welche im weiteren Verlauf auch
Frostwetter brachte. Die Kaltfront des Systems passierte den Norden
Deutschlands und brachte verbreitet Niederschlag, der in Mecklenburg-Vorpommern
bereits als Schnee fiel, während an der Saale noch Temperaturen von bis zu +7°C
gemessen wurden. Es fielen verbreitet 5 bis 10 mm Niederschlag, der in den Mittelgebirgen
als Schnee, in Niederungen als Regen registriert wurde. Schneeschauer in der
Nacht zum nächsten Tag ließen eine dünne Schneedecke entstehen, die in Dresden
3 cm, in Angermünde und Lindenberg 4 cm und in Ückermünde sogar 8 cm hoch war.
Da der Boden aufgrund der vorangegangenen milden Witterung noch recht warm war,
taute der Schnee aber wieder schnell ab. Im Baltikum und in Weißrussland wurde
bereits eine Gesamtschneehöhe von 13 bis 22 cm gemessen.
Am Morgen des 11. Januar befand sich der Wirbel
CARLOS mit seinem Zentrum schon über dem Baltikum. Zwei Höhentiefs, welche zwei
Tage zuvor noch über den Färöer und Lappland lagen, hatten
sich nun zu diesem kräftigen Höhentief vereinigt, wodurch sich der Kerndruck
auf 995 hPa verstärkt hatte. Vom Zentrum reichte die Okklusionsfront von Litauen bis nach Polen, wo sie in den
Charakter einer Kaltfront wechselte, welche über Deutschland und Belgien bis
nach Schottland verlief. Durch die zyklonalen, also
gegen den Uhrzeigersinn gerichtete, Drehung wurden deutlich mildere Luftmassen
nach Osteuropa gelenkt. Als Folge sank die Temperatur in der Ukraine nur
stellenweise unter -5°C. Die Wetteraktivität an den Fronten des Tiefs ließ zwar
nach, in Polen wurde aber trotzdem noch leichter Schneefall registriert,
welcher an der pommerschen Küste sogar schauerartig verstärkt war. Die
Schneedecke wuchs so in Köslin auf 15 cm und in Stettin auf 19 cm an. An der
Rückseite von Tief CARLOS wurde weiterhin Kaltluft nach Deutschland
transportiert, kräftige Schneeschauer traten auch hier vor allem in Küstennähe
auf. An der Schwarzmeerküste blieb es allerdings bei Höchstwerten um +5 bis
+8°C noch recht mild. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt ließ sich im
Berliner Raum nach Wolkenauflockerungen für eine Stunde sogar die Sonne
blicken.
Zum 12. Januar hatte sich das Tiefdruckgebiet
CARLOS kaum verlagert, jedoch war der Kerndruck auf etwa 1010 hPa gestiegen. Die Okklusionsfront
des Systems verlief von Polen über die Ostsee, Litauen bis nach Weißrussland
und schließlich über die Ukraine, wo sie sich im Okklusionspunkt
in eine nach Osten bis an die Grenze zu Kasachstan verlaufende Warmfront und in
eine Kaltfront aufspaltete. Die Kaltfront verlief vom Okklusionspunkt
südlich über die Ukraine, Moldawien, Rumänien bis nach Jugoslawien und weiter
nach Nordwesten, wo sie über Deutschland die eine Warmfront eines nachfolgenden
Systems überging. Ausgedehnte Wolkenfelder verhinderten trotz höhenkalter Luft
extreme Tiefsttemperaturen. Die Temperatur erreichte nachts in Polen und Norddeutschland
nur -5 bis -10°C, wobei es verbreitet auch noch zu leichtem Schneefall kam. In
einem wolkenärmeren Gebiet, das sich von Estland bis nach Westrussland und
südlich von St. Petersburg erstreckte sank die Temperatur jedoch verbreitet
unter -25°C. Ursache dafür ist, dass unter einer geschlossenen Wolkendecke
weniger Wärmestrahlung verloren gehen kann. Ein wolkenfreier Himmel bedeutet im
Winter oft eine starke nächtliche Abkühlung in den bodennahen Luftschichten.
Am 13. Januar lag das Zentrum von Tiefdruckwirbel
CARLOS mit einem Kerndruck von ca. 1020 hPa wieder
über Polen. Von dort verlief die Okklusionsfront in
einem Bogen nach Osten, bis sie an der polnischen Ostgrenze in ein unbenanntes
System im Bereich des Schwarzen Meeres überging. In der Nacht zum 14. Januar
füllte sich das Tief CARLOS weiter mit Luft auf, sodass es am nächsten Tag
nicht mehr in der Berliner Wetterkarte analysiert werden konnte.
Geschrieben
am 28.03.2013 von Natja Ruth Bublitz
Berliner
Wetterkarte: 10.01.2013
Pate:
Thorsten Barginda