Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet CARLO

(getauft am 05.03.2015)

 

Im Laufe des 04.03.2015 verlagerte sich ein Tiefdruckgebiet über den Nordosten Nordamerikas nach Osten. Da dieses Tief auch Einfluss auf Mitteleuropa nehmen sollte, wurde es am 05.03. auf den Namen CARLO getauft.

Um 01 Uhr MEZ dieses Tages befand sich der Wirbel CARLO mit einem Kerndruck von 992 hPa über Neufundland. Nördlich des Kerns verlief eine kurze Okklusion, also eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront, nach Süden und spaltete sich am sogenannten Okklusionspunkt in eine Warm- und eine Kaltfront auf. Letztere erstreckte sich bogenförmig nach Westen und folgte somit der ihr vorlaufenden Warmfront, welche nach Süden wies.

Das Tief CARLO verlagerte sich bis zum Folgetag nach Nordosten und folgte somit dem Tief BARDO auf dessen Zugbahn. Die Zyklone CARLO fand dabei Anschluss an einen Höhenwirbel in der mittleren Atmosphäre, wodurch sie sich bis auf einen Kerndruck von ca. 955 hPa verstärken konnte. Das Zentrum wurde um 01 Uhr MEZ südöstlich der Südspitze Grönlands analysiert. Von diesem ausgehend führte die Okklusion in einem Bogen nach Süden bis etwa auf die Breite von Hamburg. Dort spalteten sich eine nach Südwesten weisende Warm- und eine bis zur Ostküste der USA reichende Kaltfront ab. Mit der Verstärkung des Tiefs CARLO entwickelte sich aufgrund der nun verstärkten Luftdruckgegensätze ein Sturmfeld, welches im Laufe des Tages bereits Orkanstärke annahm. Am Flughafen der ostgrönländischen Insel Kulusuk wurden Spitzenböen von bis zu 139 km/h erreicht. Am Prins Christian Sund wurden noch Böen mit einer Geschwindigkeit von 106 km/h registriert. Des Weiteren kam es auf der Ostseite der Insel zu teilweise ergiebigen Niederschlägen, welche mit dem Durchzug des Tiefs BARDO begonnen hatten und mit dem Heranrücken des Orkanwirbels CARLO nicht an Intensität verloren. Bis 19 Uhr MEZ fielen 12-stündig 35 l/m² am Scoresbysund und 40 l/m² in Danmarkshavn.

Bereits in den Mittagsstunden verwellte sich die Okklusion beim Überqueren Islands leicht, wobei am Okklusionspunkt ein zweiter Kern des Tiefsdrucksystems CARLO entstand. Damit konnten am 07.03. um 01 Uhr MEZ einerseits der ursprüngliche Kern des Tiefs CARLO, nun als Tief CARLO I bezeichnet, mit einem Druck von etwa 945 hPa über der Danmarkstraße und andererseits das neu entstandene Teiltief CARLO II mit einem zentrumsnahen Druck von knapp unter 955 hPa über dem Seegebiet zwischen Island und Jan Mayen analysiert werden. Beide Tiefdruckkerne waren zu diesem Zeitpunkt durch eine Okklusion miteinander verbunden. Weiterhin führte eine Okklusion vom Teiltief CARLO II bogenförmig nach Osten und spaltete sich etwa auf Breite des nördlichen Polarkreises über dem Nordmeer in eine Warm- und eine Kaltfront auf. Die Warmfront führte über den Süden Norwegens und Schwedens nach Südosten und ging über der polnischen Ostseeküste in die Kaltfront der Zyklone BARDO über. Die Kaltfront verlief hingegen teilweise verwellt nach Südwesten, bis sie etwa zu den Färöer, wo sie in eine Warmfront überging. Des Weiteren erstreckte sich im Warmsektor des Tiefs CARLO, also dem Bereich zwischen Warm- und Kaltfront, eine weitere Warmfront von der nördlichen Ostsee über die Britischen Inseln bis nördlich der Azoren. Hinter dieser zweiten Warmfront strömten neben den erwärmten gemäßigten Luftmassen im Norden des Warmsektor und der teilweise maritimen Subtropikluft über der Ostsee feucht-warme Luftmassen tropischen Ursprungs über den Britischen Inseln ein. Dabei stieg die Temperatur auf für diese Jahreszeit äußerst milde Werte von 14,7°C im irischen Mullingar, 16,7°C im St. James Park in London und 17,2°C an der westenglischen Station Hereford/Credenhill. Auch in Norwegen machte sich der Warmfrontdurchgang anhand der Temperaturen bemerkbar. So erhöhte sich beispielsweise in Trondheim das Maximum von 8°C am Vortag auf nun 12°C. In Deutschland wurde ebenfalls ein Anstieg der Höchstwerte beobachtet, wobei diese verbreitet zwischen 10 und 13°C lagen. Am wärmsten wurde es dabei am Flughafen Münster/Osnabrück mit 15,0°C. Das Windfeld des Systems CARLO verstärkte sich im Laufe dieses Tages nochmals und erfasste dabei vor allem Norwegen und Großbritannien. Auf dem 1894 Meter hohen Juvvasshoe wurde dabei eine Spitzenböe mit deutlicher Orkanstärke von 194 km/h gemessen. Auch in Majavatn und Krakenes wurden mit 173 bzw. 169 km/h ähnlich hohe Werte registriert. Auf den Britischen Inseln konnten ebenfalls Windspitzen mit Orkanstärke verzeichnet werden, wie an den schottischen Stationen am Aonach Mòr mit 169 km/h und am Bealach na mit 163 km/h. Der Durchzug des Frontensystems verursachte außerdem mitunter ergiebige Niederschlagsmengen über den Britischen Inseln und Skandinavien. Bis 07 Uhr MEZ wurden 12-stündig im irischen Belmullet 11 l/m², am Loch Glascarnoch 29 l/m² und an den Stationen Tulloch Bridge und Skye/Lusa jeweils 30 l/m² Regen gemessen. In Norwegen fielen die Niederschläge teilweise noch ergiebiger aus, wie in Furuneset mit 29 l/m² oder in Kvamskogen-Jonshogdi mit 34 l/m². In den darauf folgenden 12 Stunden hielten die Niederschläge an und verstärkten sich mitunter nochmals. So meldete die norwegische Station Forde-Tefre eine Regensumme 40 l/m². Ähnlich hohe Werte wurden auch in Stryn mit 36 l/m² und in Kvamsoy bzw. Liarvatn mit jeweils 35 l/m² verzeichnet. Im schottischen Aultbea registrierte man währenddessen 22 l/m² Regen im selben Zeitraum wie zuvor.

Die mit den beiden Teiltiefs des Systems CARLO korrespondierenden Höhenwirbel in 5,5 km Höhe wurden durch einen Warmluftvorstoß über Island und Grönland getrennt. Dabei verlagerte sich das Teiltief CARLO II bis zum Folgetag um 01 Uhr MEZ weiter nach Nordosten bis östlich von Jan Mayen über die Norwegische See, wo es den vorlaufenden Wirbel BARDO in seine Zirkulation aufnahm und sich dadurch nochmals auf etwa 950 hPa verstärken konnte. Gleichzeitig verbleib die Zyklone CARLO I nahezu stationär mit einem zentrumsnahen Druck von knapp unter 960 hPa über der Danmarkstraße. Von diesem Kern führte eine nur in der Höhe analysierbare Okklusion nach Nordosten, die bereits über der Nordwestküste Islands Warmfrontcharakter annahm und östlich der Insel in die Kaltfront des Tiefs CARLO II überging. Diese verlief bis zu dessen Kern und wurde in der Höhe als Okklusion analysiert. Des Weiteren ging vom Kern des Wirbels CARLO II eine Okklusion nach Nordwesten aus, wies dann bogenförmig nach Osten und erstreckte sich im weiteren Verlauf über die Halbinsel Kola und Finnland, nahm dann den Charakter einer über Zentralskandinavien verwellten Kaltfront an und verlief über Schottland und Irland bis nördlich der Azoren, wo sie Anschluss an die Warmfront eines kleinen Wellentiefs über dem Nordatlantik fand. Während beim Durchzug der Kaltfront feuchte arktische und subpolare Luftmassen über den Britischen Inseln und Teilen Skandinaviens einflossen und dort für einen Temperaturrückgang sorgten, wie beispielsweise im irischen Shannon, wo die Temperatur von 15°C am Vortag auf nun 9°C herabsank, konnten im Warmsektor des Tiefs CARLO II durch die dort mitgeführte Subtropikluft vermehrt Anstiege der Maxima beobachtet werden. So verzeichneten Skagen, Kopenhagen und Haparanda um 3 Grad höhere Tageshöchstwerte als in den 24 Stunden zuvor. In Visby konnten indes 5 Grad mehr gemessen werden. In Uppsala stieg das Maximum sogar von 7°C auf nun 15°C an. Auch im Norden Deutschlands erhöhten sich die Temperaturen weiter und erreichten nun Werte zwischen 15 und 18°C. Die Niederschläge entlang der Fronten und im Bereich der Tiefdruckzentren hielten derweil weiter an. In Grönland verursachten Schneeschauer beträchtliche 24-stündige Niederschlagsmengen von 53,1 l/m² am Prins Christian Sund und 54,4 l/m² am Scoresbysund bis 07 Uhr MEZ. Im gleichen Zeitraum fielen an den finnischen Stationen Suomussalmi Pesio und Vaasa Klemettila 12 bzw. 11 l/m². In nur 12 Stunden konnten währenddessen in Tulloch Bridge und am Loch Glascarnoch jeweils 23 l/m² und in Lusa auf der Insel Skye 18 l/m² registriert werden, im irischen Valentia waren es noch 15 l/m². In Skandinavien konzentrierten sich die Niederschläge vor allem auf Norwegen. Dabei wurden ebenfalls in nur 12 Stunden 41 l/m² in Forde-Tefre, 42 l/m² in Stryn und jeweils 61,2 l/m² in Takle und in Reimegrend gemessen. Bis 19 Uhr MEZ wurden außerdem weitere 12-stündige Niederschlagsmengen von jeweils 22 l/m² in Ullensvang und Laksfors sowie 30 l/m² aus Liarvatn gemeldet.

Das Tief CARLO I verlagerte sich bis zum 09.03. nur wenig und befand sich um 01 Uhr MEZ mit einem Kerndruck von 972 hPa über der Südostküste Grönlands. Von dort verlief eine nur in der Höhe als Okklusion analysierbare Front südlich an Jan Mayen vorbei nach Nordosten und weiter über die Norwegische See bis südlich von Spitzbergen. Über der Westseite dieser Inselgruppe konnte zu diesem Zeitpunkt das Zentrum des Wirbels CARLO II analysiert werden. Der Kerndruck betrug rund 955 hPa und eine Okklusion führte über die russische Doppelinsel Nowaja Semlja nach Südosten und fand südlich von dieser ihren Okklusionspunkt. Von dort erstreckten sich eine Warmfront bis nordöstlich von Moskau und eine Kaltfront über das Weiße Meer, Finnland, Südschweden und den Nordwesten Deutschlands bis zur Bretagne, wo sie in die Warmfront des Tiefs DENIS überging. Im Bereich der Zyklone CARLO I kam es in Grönland weiterhin zu starken Schneeschauern, wodurch sich der Niederschlag abermals auf sehr hohe Mengen von bis zu 94,5 l/m² in 24 Stunden am Scoresbysund summierte. In Norwegen ließen die Niederschläge nach Abzug der Kaltfront deutlich nach. Bis 07 Uhr MEZ konnten in den vorangegangenen 12 Stunden jedoch nochmals 10 l/m² in Forde-Tefre, 11 l/m² in Gartland und 12 l/m² Stryn registriert werden. In Schweden wurden im selben Zeitraum maximal 7 l/m² in Mierkenis gemessen. Dass sich die Niederschlagsintensität entlang der Ausläufer im Allgemeinen abschwächte, zeigen auch die Höchstwerte aus Finnland. So fielen hier 12-stündig lediglich 2 l/m² in Kilpisjärvi und 6 l/m² in Naruska. Mit dem Durchzug der Kaltfront sanken auch die Temperaturen wieder. In Uppsala konnten an diesem Tag nur maximal 10°C erreicht werden und auch im Baltikum verringerte sich die Temperatur um bis zu 3 Grad. In Norddeutschland lag der Temperaturfall sogar bei Werten von bis zu 7 Grad.

Am Okklusionspunkt bildete sich ein kleines Randtief aus, das im weiteren Verlauf große Teile des Frontensystems übernahm und mit diesem weiter nach Osten zog. Somit bestand das Frontensystem des Tiefs CARLO II, welches sich um 01 Uhr MEZ am 10.03. mit einem auf ca. 965 hPa abgeschwächten Druck östlich von Spitzbergen befand, aus einer schwachen Okklusion, die vom Kern bogenförmig rund 700 km nach Südwesten führte. Nennenswerte Niederschlagssummen konnten im Bereich des Tiefs CARLO II dabei aber nicht mehr beobachtet werden. Der Wirbel CARLO I verblieb derweil weiterhin über der Südostküste Grönlands und besaß eine Okklusion, die nach Südosten verlief und nach kurzem Verlauf in eine Warmfront. Der Kerndruck betrug zu diesem Zeitpunkt etwa 980 hPa. Das Tief CARLO I geriet jedoch mehr und mehr in die Zirkulation des heranziehenden Wirbels ERICH und wurde bis zum Ende dieses Tages auch in jene vollends aufgenommen. Zuvor wurden allerdings abermals hohe Niederschlagsmengen im Bereich des Tiefs verzeichnet. So fielen 24-stündig bis 07 Uhr MEZ am Scoresbysund nochmals 64,2 l/m² Schnee.

Das nun nur noch aus einem Kern bestehende Tief CARLO wurde in der Nacht zum 11.03. westlich von Nowaja Semlja analysiert und besaß einen weiter abgeschwächten Kerndruck von rund 980 hPa. Dem Tief CARLO konnte zu diesem Zeitpunkt bereits kein Frontensystem mehr zugeordnet werden.

Die Zyklone CARLO verlagerte sich im weiteren Verlauf weiter nach Nordosten und verließ bis zum Folgetag den Analysebereich der Berliner Wetterkarte, wodurch es nicht weiter auf dieser namentlich verzeichnet werden konnte.

 

 

Geschrieben am 15.06.2015 von Sebastian Wölk

Berliner Wetterkarte: 07.03.2015

Pate: Carlo Wolf-Gersdorff