Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet CARLO

(getauft am 26.08.2019)

 

Am 26.08.2019 entwickelte sich über Spanien im dort in der Höhe ausgeprägten Tiefdrucktrog ein kleinräumiges Tiefdruckgebiet am Boden, welches von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte in der Prognose für den nächsten Tag auf den Namen CARLO getauft wurde. Dieses Tief sorgte sogleich wenige Stunden nach seiner Entstehung für kräftige Schauer und Gewitter über Zentral- und Nordspanien. Diese brachten lokal, besonders im Großraum Madrid, sehr hohe Niederschlagssummen. Zur Nacht verlagerte sich das Tief und damit auch die Schauer- und Gewitteraktivität weiter nordwärts in die Pyrenäen und nach Südfrankreich.

Um 01 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) des 27.08. befand sich das Zentrum des Tiefs CARLO bei einem dort gemessenen Luftdruck von etwa 1014 hPa über dem Südwesten Frankreichs, von wo aus die Kaltfront entlang der spanischen Ostküste bis nach Südspanien reichte. In den folgenden Stunden ließ die Niederschlagsaktivität dann wieder deutlich nach. Bis 07 Uhr MEZ wurden an der Universität von Madrid binnen 24 Stunden bedingt durch die starken Gewitter des Vortages 36,3 mm Niederschlag gemessen, am Flughafen im Vorort Cuatro Vientos sogar 45,9 mm. Schon in den Vormittagsstunden entwickelten sich erneut unwetterartige Schauer und Gewitter entlang der nach Süden gestreckten Front des Tiefs CARLO. Besonders stark fielen diese über den Balearen aus. Gegen 09 Uhr MEZ traf es zunächst Ibiza, wo die Wetterstation am Flughafen von Ibiza Stadt innerhalb einer Stunde 45,1 mm Niederschlag registrierte, rund 3 Stunden später erreichten die Gewitter dann auch Mallorca, wo in Santanyí die unglaublich hohe Summe von 96,8 mm innerhalb einer Stunde vom Himmel herabregnete. Zudem traten im Süden der Insel auch schwere Sturmböen von knapp über 100 km/h auf, was zu vermehrten Flugausfällen am Flughafen von Palma führte. Das Zentrum des Tiefdruckwirbels zog unterdessen in den Norden Frankreichs weiter. Am Nachmittag bildeten sich auch über der Mitte und dem Norden Frankreichs sowie entlang der westlichen Alpen vereinzelte Gewitter, größere Niederschlagssummen traten hierbei aber nicht auf. In der schwül-heißen Luftmasse auf der Vorderseite des Tiefs CARLO entstanden hingegen kräftige Gewitter über der Nordhälfte Deutschlands, welche zum Abend und in der Nacht nach Norden in Richtung Dänemark abzogen.

Bis zu den Frühstunden des 28.08.2019 war das Gewittertief CARLO bis in die südlichen Niederlande weitergezogen, der Luftdruck war dabei leicht auf etwa 1012 hPa gesunken. Im Bereich des Zentrums hatte sich eine Konvergenz gebildet, entlang derer einzelne gewittrige Schauer entstanden, die Kaltfront rückseitig des Tiefdruckkerns zog über England und Westfrankreich ostwärts. In der Meteorologie versteht man unter einer Konvergenz das horizontale Zusammenfließen von Luft in Bodennähe, welches zu einem Aufsteigen der Luft und zur Wolken- und Niederschlagsbildung führt.

Innerhalb von 24 Stunden waren im Süden Mallorcas bis zum Morgen durch die starken Gewitter knapp 100 mm Niederschlag gefallen, eine dort vor allem für August außergewöhnlich hohe Niederschlagssumme. Doch auch entlang der spanischen Festlandsküste hatte es viel geregnet, wie beispielsweise in Sant Jaume d’Enveja, wo 59,8 mm gemessen wurden. In Deutschland hatten die Gewitter des Vortags für 50,2 mm Niederschlag in Karstädt in der Prignitz und 39,4 mm am Hamburger Flughafen gesorgt. Nach einem vielerorts freundlichen Start in den Tag entwickelten sich ab den Mittagsstunden nördlich der Mittelgebirge und über Nordpolen erneut zahlreiche starke Schauer und Gewitter. Dabei fielen lokal um 20 bis 30 mm Niederschlag, in Seehausen in Sachsen-Anhalt traten auch Sturmböen bis 87 km/h auf. Am Abend zogen die Gewitter wieder in Richtung des Ostseeraums ab. Entlang der Kaltfront, welche im Verlauf des 28.08. über den Norden Frankreichs und die Beneluxstaaten hinweggezogen war, traten wiederholt auch starke Schauer auf.

Um 01 Uhr MEZ des 29.08.2019 befand sich der Kern des Tiefs CARLO bei einem minimalen Luftdruck von ca. 1013 hPa über dem Norden Deutschlands. Die Konvergenz erstreckte sich über den Osten Deutschlands bis zum Alpenraum, die Kaltfront verlief über Westdeutschland südwärts bis nach Frankreich. In der zweiten Nachthälfte entwickelten sich über Niedersachsen im Bereich der nach Osten weiterziehenden Kaltfront einzelne kräftige Gewitterzellen. Zudem konnten auch über dem östlichen Polen und dem Baltikum noch einzelne Gewitter entstehen. Durch die Schauer und Gewitter des Vortags wurden am Morgen erneut sehr hohe 24-stündige Niederschlagsmengen gemeldet, welche im Zusammenhang mit dem Tief CARLO aufgetreten waren. In Delmenhorst bei Bremen waren insgesamt 66,9 mm Niederschlag gefallen, in Schwerin 46,7 mm und im polnischen Kołobrzeg 40,0 mm. In den darauffolgenden Stunden zog das Tief CARLO ohne weitere nennenswerte Niederschläge nach Nordosten weiter und löste sich nachfolgend komplett auf.

Insgesamt hatte das Tief CARLO 4 Tage lang das west- und mitteleuropäische Wettergeschehen mitgeprägt, war dabei von Spanien über Frankreich und die Beneluxstaaten nach Deutschland gezogen und hatte auf seinem Weg für zahlreiche Gewitter mit schweren Sturmböen und Starkregen gesorgt.