Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet CATHY
(getauft am 19.06.2018)
Am 18.06.2018 entwickelte sich etwa 1200 km
südöstlich von Neufundland ein Tiefdruckgebiet entlang einer schwachen
Wellenstörung über dem Atlantik. Der Grund für die Wellenstörung war die zonal
geprägte Struktur der Polarfront über dem Nordatlantik, welche die polare
Kaltluft von der subtropischen Warmluft trennt. Im Laufe des Tages strömte die
Zyklone weiter nach Westen, gut sichtbar durch die Höhenströmung in ca. 5,5 km
Höhe. Dadurch wurde eine Einflussnahme des Wirbels für den mitteleuropäischen
Raum vorhergesagt, sodass die Berliner Wetterkarte auf der Vorhersagekarte des
19.06. diese Zyklone auf den Namen CATHY taufte.
Am 19.06.2018 lag Tief CATHY bereits 2000 km
südwestlich von Irland und hatte sich somit beachtlich nach Osten fortbewegt.
Der Kerndruck betrug unter 1015 hPa und es war ein fortgeschrittenes
Frontensystem ausgeprägt. Die Kaltfront verlief nach Südwesten und ging in eine
weitere neu gebildete Tiefdruckzone entlang der Polarfront über. Die Warmfront zog
sich nach Nordwesten und ging über Irland in eine schwach ausgeprägte Kaltfront
über. Warm- und Kaltfront bezeichnen hier die Grenze zwischen zwei
unterschiedlich temperierten Luftmassen. In der Nacht vom 19.06. auf den 20.06.
erreichte die Warmfront Nordirland, sodass dort erstmals signifikantes Wetter
durch den Wirbel CATHY festgestellt wurde. Zwischen 20 Uhr MESZ und 02 Uhr MESZ
fielen in Nordirland an mehreren Stationen mehr als 10 mm. Der Höchstwert wurde
an der Nordküste in Malin Head mit 15 mm gemessen. Gleichzeitig war auch ein
deutlicher Temperaturanstieg erkennbar, obwohl die Sonne bereits untergegangen
war und sich die Luft somit normalerweise abkühlen müsste. Zwischen 20 und 23
Uhr erwärmte sich die Temperatur um teilweise 4 Grad in Nordirland. In Belfast
stieg die Temperatur zum Beispiel von 12 auf 16°C an.
Am nächsten Tag erreichte der Kern von Wirbel CATHY
mit einem Luftdruck von unter 1010 hPa das Vereinigte Königreich. Der Kerndruck
ist ein guter Indikator, wie stark die Ausprägung des niedrigen Drucks ist und
damit auch die Stärke der Tiefdruckzone. Je tiefer der Druck bei Zyklonen ausgeprägt
ist, desto stärker sind meist auch die Wettererscheinungen. Die Kaltfront
verlief nach Südwesten und mündete über dem Atlantik in einen weiteren
Tiefdruckkomplex. Es konnte von der Berliner Karte eine kurzzeitige
Okklusionsfront verortet werden, welche nördlich der Kaltfront lag. Diese löste
sich allerdings innerhalb weniger Stunden im Zuge der Überquerung des
Festlandes auf, wobei sie in der Region bedeutend für die Wettererscheinungen
war. Bei der Okklusionsfront handelt es sich um eine Mischfront, welche durch
den Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront entsteht und die Eigenschaften
beider Typen in sich vereint. Die Warmfront verlagerte sich in einer konvexen
Bogenkrümmung bis nach Hamburg. Dort ging sie in die Kaltfront der Zyklone BIGI
II über, welche über Finnland lag. Beim Überqueren der Kaltfront von
Großbritannien in den Morgenstunden, frischte der Wind kräftig auf, sodass
flächendeckend in Nordengland und dem Großteil Schottlands über 50 km/h
gemessen wurden. Auf dem Great Dun Fell erreichte der Wind gegen 06 Uhr MESZ
sogar Orkanstärke mit 119 km/h. Hierbei handelt es sich allerdings um einen
exponierten Hügel mit 847 Metern Höhe, sodass solche Windgeschwindigkeiten bei
einem Frontendurchgang nicht ungewöhnlich sind. Am Abend wurde dann auch das
mitteleuropäische Festland entlang der Nordseeküste erreicht. Einige Stationen
an der niederländischen Küste meldeten gegen Mitternacht Cumulonimbus-Wolken,
auch bekannt als Gewitterwolken. Allerdings war das Festland durch den Einfluss
von Hoch CHRISTOF noch so trocken, sodass sich die Gewitter schnell wieder
auflösten und kaum Niederschlagswerte gemessen wurden.
Am Donnerstag, dem 21.06.2018, hatte sich Wirbel
CATHY bis Südschweden bewegt. Das Tief hatte sich trotz des blockierenden
Hochdruckgebiets im Süden weiterhin leicht intensiviert mit einem Kerndruck von
unter 1005 hPa. Die Warmfront war nur noch schwach ausgeprägt und verlief nach
Südosten über Wilna bis nordöstlich von Minsk, wo sie sich schließlich
auflöste. Die Kaltfront erreichte Deutschland und überquerte um 02 Uhr MESZ
Hamburg, Amsterdam und Brest in Frankreich, bevor sie über dem Atlantik wieder
in einen sich auflösenden Tiefdruckkomplex mündete. Typische
Wettererscheinungen für eine Kaltfront sind Landregen aus Nimbostratus Wolken,
welche am Vormittag in Norddeutschland des Öfteren gemeldet wurden. Hierzu
passen auch die flächendeckenden Niederschlagswerte von meist mehr als 10 mm in
der Nordhälfte Deutschlands. Der Höchstwert wurde in der Nähe von Stralsund mit
36 mm festgestellt, wobei hier der Regen wohl lokal schauerartig verstärkt war.
Auch in Berlin fielen am frühen Nachmittag bis zu 1,6 mm in Berlin-Schönefeld. Die Kaltfront brachte zudem einen deutlichen
Temperatursturz innerhalb weniger Stunden. In Berlin-Dahlem wurde trotz der
Kaltfront noch ein Sommertag, also eine Tageshöchsttemperatur von mehr als
25°C, um 12 Uhr MESZ mit 26,5°C erreicht, bevor die Temperatur innerhalb einer
Stunde auf 18,2°C fiel. Gegen 15 Uhr MESZ wurden sogar für die Jahreszeit sehr
kühle 13°C in Berlin-Dahlem gemessen. Außerdem frischte der Wind in vielen
Regionen Norddeutschlands stark auf, wobei die Höchstgeschwindigkeiten an der
Nordseeküste und auf dem Brocken gemessen wurden. Die stärkste Windböe konnte
auf den ostfriesischen Inseln an der Station Spiekeroog mit 113 km/h verortet
werden. Tiefdruckgebiet CATHY befand sich am nächsten Morgen über dem
Bottnischen Meerbusen mit einem niedrigen Luftdruck von unter 990 hPa. Das lag
daran, dass das blockierende Hoch CHRISTOF nach Südwesten abgezogen war und somit
größere Luftdruckunterschiede im Einzugsgebiet von Zyklone CATHY vorhanden
waren. Es hatte sich eine kleine Okklusion ausgebildet, welche in einem Bogen
nach Osten verlief und sich im Okklusionspunkt nordöstlich von Tallinn in eine
Warm-und Kaltfront aufspaltete. Von dort entsprang eine Warmfront, welche sich
weiter südöstlich in der Nähe von Moskau auflöste. Die Kaltfront verlief nach
Süden und drehte südöstlich von Warschau nach Südwesten ab. Hierbei überquerte
die Front Budapest, den Alpenhauptkamm und sogar Bordeaux. Die Kaltfront war
vor allem in Rumänien und den umliegenden Ländern markant ausgeprägt mit
starken Niederschlagsereignissen. Auf dem 1786 m hohem Berg Lezer in Rumänien
fielen 72 mm und in den umliegenden Tälern ebenfalls bis zu 55 mm jeweils in 24
Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages. Außerdem wurde in Südosteuropa die
Hitzeperiode unterbrochen, sodass die Temperatur in Belgrad im Vergleich zum
Vortag um 13 Grad auf 17°C am Nachmittag sank. Außerdem war die kleinräumige
Region in der Nähe der Okklusionsfront im Nordosten Schwedens mit Niederschlägen
bis über 30 mm betroffen, wie in Rodkallen. An der Westküste Finnlands wurden
zudem mehrfach Böen mit über 100 km/h gemessen, vereinzelt waren in direkter
Nähe zur Steilküste auch Orkanböen aufgetreten.
Am 23.06.2018 lag Zyklone CATHY über
Zentralfinnland, wobei sich der Kerndruck wieder leicht um 5 hPa auf unter 995
hPa erhöht hatte. Die Okklusion hatte sich verstärkt und erstreckte sich
zunächst nach Osten bis Moskau und verlief dann weiter nach Südwesten über die
Westküste des Schwarzen Meeres bis nach Griechenland. Im Westen Russlands gab
es einige Gewitter- und Regenschauer, welche zu erhöhten Niederschlagswerten im
Grenzgebiet zu Weißrussland und der Ukraine führten. So fielen bis zu 30 mm
Regen. Der Höchstwert wurde in Spas-Demensk mit 31 mm verortet. Außerdem kühlten die Temperaturen etwas ab,
was im Zuge der Fußballweltmeisterschaft in den Stadien Westrusslands bedeutend
war. In der Nähe von Moskau, in der Stadt Klin, fiel die Temperatur um 8 Grad
auf nur noch 19°C. Etwa 50 km weiter östlich war der Hochdruckeinfluss noch zu
stark, sodass hier die Kaltluft blockiert wurde und verbreitet Temperaturen von
30°C herrschten.
Zum nächsten Tag hatte sich Tiefdruckgebiet CATHY
in 2 Tiefdruckzonen aufgesplittet, welche jeweils mit einer römischen Zahl beziffert
wurden. Zyklone CATHY I befand sich zwischen der skandinavischen Halbinsel und
Spitzbergen. Durch die Aufspaltung haben beide Kerngebiete an Stärke verloren,
sodass der Kerndruck bei diesem Teiltief auf unter 1000 hPa anstieg. Die
Okklusion war weit fortgeschritten, sodass es sich fast um ein vollokkludiertes
Tief handelte. Dies würde dem Endstadium entsprechen, in welchem sich die
Wirbel nach kurzer Zeit auch auflösen. Die Okklusion konnte südöstlich bis
westlich von Perm verortet werden, wo sich der Okklusionspunkt befand. Es hatte
sich nochmals ein kleiner Warmsektor durch eine etwa 100 km lange Warmfront
ausgebildet, welche aber nur einen geringen Einfluss besaß. Die Kaltfront war
auch nur noch sehr schwach ausgeprägt und mündete nach kurzer Strecke bereits
in die Warmfront eines unbenannten Tiefs südwestlich von Moskau. Zyklone CATHY
II lag nördlich von Dänemark, wobei keine geschlossenen Isobaren, also Linien
gleichen Luftdrucks, mehr vorhanden waren, sodass es sich hierbei nur noch um
einen Tiefdruckausläufer handelte. Dieser hatte nur noch einen Druck von unter
1015 hPa und hatte sich der Umgebung somit bereits fast angeglichen. Tief CATHY
II war Teil einer großen Okklusionsfront, welche sich einmal nach Norden bis zur
Ostküste Grönlands erstreckte. Der andere Teil der Okklusionsfront verlief nach
Nordwesten und endete an der Südspitze Norwegens in einer Warmfront. Sowohl die
Okklusionsfront über der Nordküste Norwegens als auch die Warmfront sorgten für
Niederschlag im Bereich der Küstenregion und dem Gebirge. In der Nähe von
Trondheim fielen in Afjord 22 mm und in Hammerfest waren es ebenfalls 15 mm.
Außerdem frischte der Wind stark um die Mittagszeit auf, sodass sogar Orkanböen
mit bis zu 122 km/h in Hasvik-Sluskfjellet gemessen wurden.
Wirbel CATHY I hatte sich am 25.06.2018 weiter nach
Nordwesten verlagert und befand sich über Spitzbergen, einer Inselgruppe
nördlich von Norwegen. Die Tiefdruckzone hatte sich bereits stark abgeschwächt,
sodass es sich um ein vollokkludiertes Tief ohne Fronten handelte. Tiefdruckzone
CATHY II hatte sich währenddessen so stark abgeschwächt, dass sie nicht mehr
auf der Berliner Wetterkarte namentlich benannt wurde. Der Kerndruck von
Zyklone CATHY konnte mit unter 1000 hPa bestimmt werden. Durch die Abschwächung
fielen die Wettererscheinungen trotz der stationären Lage über Spitzbergen nur
schwach aus. Es kam zwar vereinzelt zu leichtem
Regen, aber meist betrug die Niederschlagssumme über den Tag verteilt nicht
mehr als 1 mm, wie in Isfjord Radio.
Am nächsten Tag hatte sich an der Lage und dem
Einfluss von Zyklone CATHY kaum etwas verändert. Der Wirbel sorgte nochmals für
einigen Regen mit bis zu 3 mm in Bjornova und löste sich dann in der folgenden
Nacht auf. Somit endet die Lebensgeschichte für das Tief CATHY, welche in
Deutschland für eine wichtige und nasse Abkühlung und gleichzeitig für eine kurzzeitige
Entschärfung der Waldbrandgefahr sorgte.