Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet CATRIN

(getauft am 08.11.2012)

 

In dem Gebiet um die Südspitze Grönlands entstehen häufig Tiefdrucksysteme, weil dort kalte Luftmassen arktischen Ursprungs auf die durch den Golfstrom erwärmten Luftmassen treffen. Die Druckunterschiede zwischen den subtropischen Luftmassen mit homogener Warmluft und den polaren Luftmassen mit homogener Kaltluft werden in den mittleren Breiten durch Ausgleichströmungen in Form von Wind, der sogenannten Westwinddrift sowie der Bildung von Tiefdruckwirbeln aufgehoben. Auf der Vorderseite eines Troges, d.h. dem Vorstoß kalter Luftmassen nach Süden in ca. 5,5 km Höhe, entstand an der Südspitze von Grönland in einer starken Höhenströmung ein Tiefdruckwirbel, der am 08.11.2012 auf den Namen CATRIN getauft wurde. Dieser kräftige Wirbel besaß zum Zeitpunkt der Taufe einen Kerndruck von 990 hPa, sowie eine Okklusionsfront, eine Mischfront aus Warm- und Kaltfronteigenschaften, die sich spiralförmig im Uhrzeigersinn um den Kern einige Hundert Kilometer nach Osten zog, bevor sie sich am Okklusionspunkt knapp südwestlich vor der isländischen Küste über dem Atlantik in Kalt- und Warmfront aufspaltete. Vom Okklusionspunkt reichte die Warmfront des Systems bogenförmig nach Süden, während sich die nachfolgende, bereits teilweise verwellte Kaltfront nach Westen erstreckte und sich an ein Tief vor der amerikanischen Ostküste auf der Breite von Boston anschloss. Im Tagesverlauf verlagerte sich das Tief CATRIN zügig ostwärts, wobei sich der Kerndruck deutlich verringerte.

Bis zum Folgetag hatte sich das Tiefdruckgebiet auf einen sehr tiefen Kerndruck von 965 hPa verstärkt und befand sich mit dem Zentrum über Island und Okklusionspunkt über den Färöerinseln. Von dort zog sich die Kaltfront bogenförmig nach Südwesten über Schottland, und entlang der irischen Westküste bis weit hinaus über den Atlantik, wo sie in ein nachfolgendes System überging. Beim Durchzug der Warmfront, welche sich vom Okklusionspunkt über die Shetlandinseln bis nach England erstreckte, wurden Windböen der Stärke 4 bis 5 in Edinburgh, Glasgow und Dublin registriert. Im Warmsektor der Zyklone, also dem Bereich zwischen Warm- und Kaltfront, gelangte milde und feuchte Luft der maritimen Polarluftmasse nach Nordeuropa, wobei die Fronten zeitweiligen Regen und wechselhaftes Wetter brachten. In Stornoway vor der Westküste Schottlands fielen an diesem Tag 9 mm und in Glasgow 5 mm Niederschlag in flüssiger Form. Durch die Höhenströmung verlagerte sich die Zyklone weiter nach Osten, sodass das Zentrum mit einem Kerndruck von 970 hPa am 10.12.2012 um 01 Uhr MEZ nordwestlich von Großbritannien über dem Europäischen Nordmeer lag. Die wellenförmig nach Nordosten verlaufende Okklusionsfront spaltete sich einige Hundert Kilometer vor Trondheim in Norwegen in Kalt- und Warmfront auf. Die Kaltfront verlief in einem Bogen entlang der Westküste Norwegens, über die Nordsee und Südengland bis weit hinaus über den Atlantik. Die Warmfront lag ebenfalls wellenförmig über dem süd-skandinavischen Raum und zog sich bis zur östlichen Grenze Polens. Im Bereich des Warmluftsektors wurden am späten Nachmittag in Kopenhagen noch 11°C registriert und der mäßige bis frische Wind wehte überwiegend aus südlichen Richtungen.

Bis zum Folgetag verlagerte sich das Tief CATRIN nur langsam weiter nach Osten, wobei das System begann zwei Teilkerne auszubilden. Der südlichere Kern lag auf halber Strecke zwischen den Färöern und der norwegischen Küste bei Trondheim. Von diesem Zentrum reichte eine Okklusion über die Shetland-Inseln und Edinburgh bis Dublin. Der nördlichere Kern des Systems von Tief CATRIN lag über dem Europäischen Nordmeer, mittig auf der Strecke zwischen Jan Mayen und Tromsö. Von ihm verlief eine rückläufige Okklusion nach Südwesten, bis knapp nördlich der Hebriden. Der Okklusionspunkt befand sich etwas westlich von Bodö in Norwegen. Von dort zog sich die Warmfront in einem weiten Bogen über Nordskandinavien bis nach St. Petersburg. Die Kaltfront überquerte bis zum Abend Deutschland ostwärts und verlief weiter südwestlich über Spanien bis auf den Ostatlantik hinaus. Innerhalb dieses Langwellentroges, welche entstehen, weil die zirkumpolare Strömung wellenförmig um den Pol verläuft, kam es in Norditalien und dem Westalpenraum zu ergiebigen Niederschlägen. Zusätzlich dazu wurde die stark mit Feuchtigkeit angereicherte Luftmasse vom westlichen Mittelmeer auf der Trogvorderseite gehoben, sodass eine orographisch bedingte Hebung die Intensität der Niederschläge verstärkte. In Genua fielen 105 mm Regen und in Genf 55 mm Regen innerhalb von 24 Stunden. Die Regengebiete zogen mit der südwestlichen Höhenströmung nordostwärts und brachten am Nachmittag des 11.11.2012 im Berliner Raum noch 2 bis 5 mm Regen. Durch den Föhn, d. h. ein talabwärts gerichteter Wind, blieb es in Südbayern trocken, die Temperatur stieg in Garmisch-Partenkirchen auf 17°C.

Am 12.11.2012 bestand der Tiefdruckwirbel CATRIN aus zwei eigenständigen Zentren. Das System hatte sich mit seinen beiden Kernen nordostwärts verlagert, wobei der erste Kern des Wirbels CATRIN I mit einem Kerndruck von 985 hPa südlich von Spitzbergen, der zweite Kern CATRIN II mit einem Kerndruck von 990 hPa über der Nordhälfte Schwedens lag. Die Warmfront vom Kern CATRIN I zog sich wellenförmig über das Nordpolarmeer, die Kaltfront verlief südlich über das Europäische Nordmeer entlang der norwegischen Küste. Die Okklusionsfront des Wirbels zog sich vom Kern bis knapp westlich von Helsinki, wo sie sich in Warm- und Kaltfront teilte. Die Warmfront verlief über St. Petersburg und Minsk, die dazugehörige Kaltfront über Warschau und Wien. Ausläufer des Nordmeertiefs CATRIN sorgten an diesem Tag in Südostdeutschland noch für Regen. Vom Bodensee bis nach Franken fielen teilweise über 10 mm Regen, in Wangen sogar 21 mm. In Berlin wurden nur noch wenige Tropfen registriert und im Norden schien sogar gelegentlich die Sonne, am meisten an Nord- und Ostsee mit 5 bis 7 Sonnenstunden, die höchste Temperatur lag bei 13°C an der Müritz.

Am 13.11.2012 zeigte das Tiefdrucksystem CATRIN noch zwei Kerne mit einem Kerndruck von 985 hPa über der Barentssee. Die Warmfront des nördlichen Tiefdruckkernes verlief vom Kern bogenförmig nach Norden. Eine Okklusionsfront zog sich ebenfalls vom Kern ausgehend nach Südosten und schloss sich an den südlichen Tiefkern an. Dessen Okklusionsfront verlief in einem weiten Bogen über Russland und teilte sich nördlich von Moskau in eine Warmfont mit südlichem Verlauf, sowie eine Kaltfront mit südwestlichem Verlauf.

Bis zum folgenden Tag schwächte sich die Zyklone CATRIN auf einen Kerndruck von 1000 hPa ab. Der Kern befand sich an diesem Tag über dem Gebiet nördlich von Archangelsk in Russland. Vom Zentrum zog sich eine Okklusion bogenförmig über den Raum von Perm, bevor sie auf halber Strecke zu Wolgograd in eine Kaltfront überging, die teils verwellt bis zur italienischen Küste reichte. Im Tagesverlauf verließ das Tiefdruckgebiet CATRIN den Vorhersageraum Richtung Osten und konnte daher nicht weiter nicht auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 


Geschrieben am 12.12.2012 von Natja Ruth Bublitz

Berliner Wetterkarte: 09.11.2012

Patin: Catrin Naber