Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet CHANTAL
(getauft am 14.12.2020)
An der Höhenkaltfront des steuernden
Tiefdruckgebietes BARBARA bildete sich Mitte Dezember 2020 eine Wellenstörung
aus. Anhand der Prognosekarte für den 15. Dezember um 13 Uhr MEZ wurde diese
noch junge, gerade mal im Anfangsstadium ihrer Entwicklung befindliche Zyklone von
den Meteorologen der Berliner Wetterkarte am 14. Dezember auf den Namen CHANTAL
getauft.
Am Tag nach der Taufe, dem 15.
Dezember, erschien dann Tief CHANTAL wie prognostiziert erstmals namentlich auf
der Bodenanalysekarte um 01 Uhr MEZ über den Niederlanden mit einem geschätzten
Kerndruck von 1004 hPa. Im Anschluss einer Kaltfront verlief die kurze
Warmfront nordöstlich des Kerns über dem nördlichen Niedersachsen und der Niederlande.
Im Bereich des Kerns ging in der wellenförmigen Struktur des Tiefs CHANTAL die
Warmfront in eine Höhenkaltfront über. Die Kaltluft reichte daher nicht bis zum
Boden und wies zudem im Südwesten Frankreichs warmfrontähnlichen Charakter auf.
Dabei regnete es in der Nähe des Kerns bis zu 15 l/m² in Bockhorn-Grabstede und 15,3 l/m² in Friesoythe-Altenoythe in 12
Stunden bis 07 Uhr MEZ. Beide Wetterstationen befinden sich in Niedersachsen.
Beim Auftreten von Schauern hinter der Höhenkaltfront kam beispielsweise in
Tours in nur einer Stunde dieses Zeitraums 4,2 l/m² zusammen. Da die kalte Luft
nicht den Boden erreichte, betrug die Höchsttemperatur recht einheitlich 12,8°C
in Paris, 9,5°C in Wuppertal und 8,8°C in Bremerhaven.
Bis zum nächsten Tag verlagerte sich
der Kern der Zyklone CHANTAL mit einem fast unveränderten Luftdruck von knapp
1004 hPa in Richtung Nordosten bis zum Bottnischen Meerbusen. Vom Kern verlief
die Okklusion quer über der Mitte Skandinaviens, wo sich eine andere Mischfront
anschloss. Östlich des Kerns erstreckte sich die Warmfront über Finnland bis
zum Ladogasee. Dort stieg langsam warme Luft über vorlaufende kühlere Luft auf
und es bildeten sich meist Schichtwolkenfelder mit gelegentlichen
Niederschlägen. Zusätzlich war der Höhenkaltfront eine kurze Warmfront entlang
der baltischen Ostseeküste vorgelagert, die ebenfalls nicht bis zum Boden
reichte. Die Höhenkaltfront des Tiefs CHANTAL verlief vom Kern südwärts bis zur
Oder und anschließend nach Südwesten bis zum Bodensee. Dort schloss sich eine
Warmfront eines Tiefs vor Frankreichs Mittelmeerküste an. Am intensivsten waren
die Niederschläge entlang der Höhenkaltfront und der vorgelagerten
Höhenwarmfront. In Form von Schnee und Regen kamen bis zu 11 l/m² in Helsinki
und 9 l/m² in Landsort auf der der schwedischen Insel
Öja im genannten Zeitraum zusammen. Weiter südlich
waren es zur gleichen Zeit beispielsweise 3,4 l/m² in Greifswald. Mit der
südlichen bis westlichen Strömung wurde milde Luft bis in den Süden Finnlands
transportiert. Südlich der Warmfront wurden bis zu 6,3°C in Turku, 7,0°C in
Stockholm und 8,4°C in Kopenhagen erreicht.
Am nächsten Tag, dem 17. Dezember, lag
der Kern des inzwischen vollständig okkludierten Wirbels CHANTAL bei abermals
1004 hPa zwischen dem Weißen Meer und dem Ladogasee. Die hakenförmige
Okklusion, wo sich eine kalte Luftmasse komplett unter die Warmluft schob,
verlief über dem Nordwesten Russlands bis in den Westen der Ukraine. Im
Einflussbereich der Mischfront schneite es meist länger anhaltend, wodurch bis
zu 8 cm Neuschnee binnen 24 Stunden bis 07 Uhr MEZ in Kondopoga
und 6 cm Neuschnee in Pudosch im Nordwesten Russlands
gemessen wurden. Weiter südlich mischte sich zunehmend Regen dazu, wobei die
Niederschlagsmengen tendenziell abnahmen. Im weißrussischen Orsa
betrug zum Beispiel die 12-stündige Menge bis 07 Uhr MEZ 3 l/m². Zunehmend
wurden dabei polare Luftmassen angezapft. Hinter der Okklusion betrug die
Höchsttemperatur 2,0°C in St. Petersburg, 3,4°C in Tallinn und 2,5°C in Wizebsk.
In einer relativ schnellen
Höhenströmung eingebettet lag der Kern des Tiefdruckgebietes CHANTAL am 18.
Dezember um 01 Uhr MEZ bereits zwischen dem Ural und dem Ob. Der Kerndruck von
etwa 1007 hPa hatte sich leicht erhöht, die Zyklone schwächte sich also
zunehmend ab. Die leicht wellenförmige Okklusion erstreckte sich vom Westen
Sibiriens rund 1000 km in südwestlicher Richtung, wo sich der Okklusionspunkt
befand. Die Warmfront verlief von dort in Richtung Kaspisches Meer, wohingegen
die Kaltfront sich vom Okklusionspunkt in einem Bogen südlich von Moskau bis
nach Weißrussland erstreckte. An dieser Stelle ging sie in die Warmfront des
Tiefs DUGLORE II über. Dabei fiel etwas Schnee oder Regen an den Fronten mit
24-stündigen Niederschlagsmengen bis 07 Uhr MEZ von 0,9 l/m² in Tula, 4 l/m² in
Perm, wo nur -6,8°C als Maximaltemperatur gemeldet wurde, und 3 l/m² in Ufa. Der
Temperaturunterschied vor und hinter der Kaltfront, wo sich kühlere Luft unter
wärmere Luft schob, war nur gering. In Samara vor der Front waren es höchstens
1,4°C und in Moskau dahinter 0,1°C.
Bis zum nächsten Tag zog die Zyklone
CHANTAL aus dem Erfassungsgebiet der Berliner Wetterkarte heraus und konnte
daher nicht mehr in deren Analysebereich erscheinen.