Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet CHARLY

(getauft am 27.03.2011)

 

Im Bereich eines Kaltlufttropfens, bei dem in der Höhe kalte Luft vollständig durch wärmere Luft umgeben ist, zwischen den Azoren und der Biskaya bildete sich am 25.03. ein neues Tiefdruckgebiet. Während der Entstehungsphase überquerte die Okklusionsfront, eine Mischfront, die Warm- und Kaltfronteigenschaften vereinigt, des neuen Wirbels die Inselgruppe der Azoren von West nach Ost und brachte geringe Niederschlagsmengen.

Erst am folgenden Tag, als das Tief auf den Namen CHARLY getauft wurde und die Iberische Halbinsel erreichte, gab es intensivere Niederschläge. Diese fielen beim Durchzug der Okklusionsfront von Westen nach Osten und in der folgenden Kaltluft überwiegend als Regenschauer, wodurch lokal sehr unterschiedliche Mengen innerhalb von 24 Stunden registriert wurden, z.B. Lissabon mit 3 l/m², La Coruna mit 11 l/m² und Porto mit 18 l/m².

Mit einem Kerndruck von etwa 1007 hPa war Tief CHARLY im Erdbodenniveau nicht sehr stark ausgeprägt. Durch den sich abschwächenden Kaltlufttropfen konnte sich Tief CHARLY auch nicht weiter verstärken. Dennoch genügte die noch vorhandene Kaltluft auf der Rückseite der Okklusionsfront, um am 27.03. über Südfrankreich weitere kräftige Schauer- und Gewitterzellen auszubilden. Die höchsten Mengen innerhalb von 24 Stunden wurden in Nizza mit 27 l/m² und Nimes mit 43 l/m² gemessen. Die Höchsttemperaturen vor der Okklusionsfront z.B. in Rom mit 17°C und Mailand mit 13°C und die hinter der Okklusionsfront z.B. in Nizza und Marseille mit je 14°C unterschieden sich kaum voneinander. Das verdeutlichte, dass die Wetterereignisse durch Tief CHARLY insbesondere durch die Kaltluft in der Höhe ausgelöst wurden. In Laufe des 28.03. zog die Zyklone CHARLY genauso wie der Kaltlufttropfen zur Adria. Dabei wurde vom Tiefzentrum ausgehend eine Kaltfront analysiert, die sich von Norditalien bis zur tunesischen Mittelmeerküste erstreckte und in deren Bereich wiederholt beachtliche Niederschläge fielen, beispielsweise in Florenz und Dubrovnik mit je 39 l/m² an nur einem Tag. In Tunis dagegen zogen nur einzelne dichte Wolken ohne Niederschlag durch. Die Höchsttemperaturen erreichten im Einflussbereich von Tief CHARLY fast einheitliche 12 bis 15°C, in den Küstenstädten von Algerien und Tunesien bis zu 22°C.

Mit einem sich weiter abschwächenden Kerndruck auf 1015 hPa verlagerte sich Tiefdruckgebiet CHARLY bis zum 30.03. über Bulgarien zum Schwarzen Meer. Aufgrund des fast vollständig mit Warmluft aufgefüllten Kaltlufttropfens ließ auch die Schauertätigkeit merklich nach. Sofia gehörte mit 11 l/m² innerhalb von 24 Stunden zu den niederschlagsreichsten Orten.

Am 31.03. löste sich die von Bulgarien über Griechenland bis nach Libyen reichende Mischfront aus Okklusionsfront und Kaltfront weitgehend auf, vereinzelt fielen noch geringe Regenmengen von 0,1 l/m², z.B. in Athen, Heraklion und auf Rhodos. Im Tagesverlauf bildete sich eine zum Tief CHARLY gehörende Warmfront, die vom rumänischen Donaudelta über das Asowsche Meer nach Russland reichte. Allerdings wurde der Wirbel durch den Einfluss des Hochduckgebietes NICOLE ostwärts gedrängt und tauchte daher an diesem Tag auf der Berliner Wetterkarte auf.

 


Geschrieben am 12.05.2011 von Matthias Treinzen

Berliner Wetterkarte: 28.03.

Pate: Karl Poggemann