Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet CHRISTIANE

(getauft am 01.08.2016)

 

Am Ende des Monats Juli 2016 verlagerte sich eine noch schwache Zyklone der allgemeinen Westströmung folgend vom westlichen Atlantik Richtung Osten und befand sich am Tage ihrer Taufe am 01. August über dem mittleren Atlantik südöstlich der Südspitze Grönlands. Das Wellentief mit einem Kerndruck von unter 1005 hPa wurde von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf den Namen CHRISTIANE getauft.

Die kurze, sich bogenförmig nach Südosten erstreckende Warmfront schloss sich weiter nördlich der Okklusion eines unbenannten Tiefs mit Kern vor der Ostküste Neufundlands und Labrador an. Die Kaltfront ging westlich des Kernes in eine Verwellung über. Als Okklusionsfronten werden jene Fronten bezeichnet, die die Eigenschaften einer Warm- und Kaltfront in sich vereinen. Okklusionen entstehen, wenn die sich schneller verlagernde Kaltfront die Warmfront am sogenannten Okklusionspunkt einholt und Warmluft aufsteigt.

Am 02. August lag das Tiefdruckgebiet CHRISTIANE westlich von Irland mit einem auf 1000 hPa verstärkten Kerndruck. Vom Kern erstreckte sich eine Okklusion nach Nordwesten bis zu einer Zyklone östlich der Küste Kanadas. Eine weitere Okklusionsfront führte vom Kern nach Osten bis zum Okklusionspunkt vor Irland. Die Warmfront des Tiefs verlief von dort in einem Bogen bis nach England und endete über dem Golf von Biskaya. Die Kaltfront erstreckte sich weit über den Atlantik nach Südwesten und ging schließlich in die Warmfront eines unbenannten Tiefs über. Während das hochreichende Tief ARVENN sich von der norwegischen See nach Skandinavien verlagerte, sollte Tief CHRISTIANE sich im weiteren Verlauf in der zyklonalen Westlage Richtung Irland verlagern und weiter vertiefen, sodass Deutschland auch weiterhin unter Tiefdruckeinfluss verblieb. Die Heranführung von Warmluft und die damit verbundene Hebung bzw. starke Bewölkung ließen nur im äußersten Norden Deutschlands Sonnenscheindauern von bis zu 10 Stunden in St. Peter-Ording oder auch Heide zu. So konnten bis zu 23°C in Jagel in Schleswig-Holstein verzeichnet werden, während die Höchsttemperaturen in Rheinland-Pfalz gebietsweise nur 14°C betrugen. Die zum Tief CHRISTIANE zugehörige Warmfront verlagerte sich bis zum Morgen des Folgetages über die Bretagne. Bis um 06 Uhr UTC, das heißt 08 Uhr MESZ, fielen in Jersey 11 l/m², in La Heve 3 l/m², in Abbeville 4 l/m² und in Saint-Quentin 9 l/m². Auch in Deutschland fielen 12-stündig bis zum Morgen bei teils schauerartig verstärkten Regenfällen in Nordrhein-Westfalen 2 bis 7 l/m², in Lüdenscheid auch 9 l/m². Um 18 Uhr UTC wurden in Berlin-Schönefeld 0,3 l/m² gemessen. Die höchsten Niederschlagsmengen fielen im Stau des Rheinischen Schiefergebirges, wobei in Solingen in einem Beobachtungszeitraum von
24 Stunden 51,2 l/m² registriert wurden und in Remscheid 45 l/m².

Bis zum Folgetag verlagerte sich der Kern des Tiefs CHRISTIANE nur leicht weiter nach Osten. Der Kerndruck lag nun bei unter 990 hPa. Die Okklusion des Tiefs führte nördlich an den Britischen Inseln vorbei bis zum Okklusionspunkt östlich von Edinburgh. Von dort erstreckte sich die Warmfront Richtung Südosten bis nach Süddeutschland, die Kaltfront verlief weiter westlich über den Atlantik und schloss sich dem Frontensystem des tropischen Wirbelsturms EARL an. Um den Tiefdruckkern herum führte eine weitere Okklusion nach Westen über den Atlantik zu einem unbenannten Wirbel. Über den Alpen lag das Zentrum des Hochs CARL, so dass dort noch zeitweilig die Sonne schien. In St. Gallen schien die Sonne 13 Stunden, in Messstetten 8 und in Gösgen in der Schweiz 11 Stunden. Die Temperaturen stiegen bis auf 29°C, wie in München oder Freiburg. Der größte Teil Deutschlands lag allerdings im Warmsektor der Zyklone CHRISTIANE und somit im Einströmgebiet maritimer Subtropikluft, die aus der Biskaya herangeführt wurde. Im Norden Deutschlands hielt sich die Wolkendecke mit Regen oder Sprühregen, nur aus dem Oderraum konnten bis zu
2 Sonnenstunden gemeldet werden. Dennoch wurden bis auf höhere Lagen meist über 20°C als Höchsttemperatur gemessen.

Eingebettet in einen Kurzwellentrog, d.h. einem Kaltluftvorstoß nach Süden in einer Höhe von 5,5 km, verlagerte sich das hochreichende Tief CHRISTIANE zum 04. August rasch nach Osten und bildete zwei weitere Kerne aus. Das Tief CHRISTIANE I, welches das Hauptzentrum des Systems darstellte, verlagerte sich weiter nordostwärts und befand sich um 00 Uhr UTC östlich von Schottland. Der Kerndruck betrug etwa 995 hPa. An der Okklusion von Tief CHRISTIANE I hatte sich nun über Südnorwegen ein Teiltief gebildet, welches CHRISTIANE II genannt wurde. Bis zum Abend regnete es in Südskandinavien teils kräftiger. 24-stündig wurden aus Fister-Sigmundstad 25 l/m² gemeldet, Byglandsfjord meldete 37 l/m² und Kettstaka 22 l/m². Vom Teiltief CHRISTIANE II erstreckte sich die Okklusion des Frontensystems weiter nach Südosten bis über die zentrale Ostsee. Eine Warmfront verlief weiter über Polen, die Kaltfront erstreckte sich nach Westen und ging über der deutsch-polnischen Grenze in die Warmfront einer flachen Welle, die sich an der Kaltfront gebildet hatte und als CHRISTIANE III bezeichnet wurde, über. Diese Kaltfront führte über Frankreich bis zur Biskaya und schloss sich dort dem nachfolgenden Tief DAGMAR an. Bis zum Abend fielen an der Kaltfront 24-stündig bis zu 17 l/m² in Ückermünde, 24 l/m² in Trollenhagen, 11 l/m² in Marnitz und in Berlin rund 1 l/m² sowie in Potsdam 3 l/m². In den Südosten Deutschlands strömte subtropische Warmluft ein, sodass die Temperaturen gebietsweise über 30°C stiegen, wie an den Stationen Gottfrieding und Regensburg, wodurch ein Heißer Tag aufgezeichnet werden konnte. Im Nordwesten hielt sich kühlere Meeresluft, so dass oftmals bei Schauer und Gewitter nicht einmal 20°C erreicht wurden. Die Luftmassengrenze erstreckte sich in etwa vom Schwarzwald bis zum Oderbruch.

Am 05. August lag der Hauptkern des Tiefdrucksystems CHRISTIANE über Südskandinavien. Eine Okklusion erstreckte sich von den Britischen Inseln entlang der norwegischen Küste nach Norden. Der Kern des Tiefs CHRISTIANE II befand sich über Südfinnland. Von dort verlief eine Okklusion bis zum Okklusionspunkt, die kurze Warmfront erstreckte sich weiter nach Süden über Russland, die Kaltfront verwellt nach Südwesten. Starke Hebungsprozesse führten zu teils kräftigen Niederschlägen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Polen. Auf der 1046 m hohen Station Brand fielen 24-stündig bis zum Abendtermin 94 l/m², 83 l/m² in Oberstdorf, auf der Zugspitze schneite es bei -2°C und es konnten
59 l/m² registriert werden, Lugano meldete sogar 110 l/m² und Locarno-Monti 91 l/m². Auch an der Oder fielen verbreitet 20 l/m². Lindenberg meldete 19 l/m², die Station im polnischen Slubice 17 l/m² und Zielona Gora 21 l/m². Dabei kam es vor allem im Süden Deutschlands zu einem markanten Rückgang der Temperatur. Während am Vortag in Bayern um die 30°C gemessen wurden, konnten in München beispielweise nur noch 13°C registriert werden.

Zum Folgetag füllte sich das Tiefdrucksystem CHRISTIANE weiter auf und verlagerte sich nach Nordosten, so dass der Einfluss auf das Wettergeschehen in Mitteleuropa abnahm. Mit zwei Druckkernen lag das Tief CHRISTIANE I quasi unverändert über Skandinavien. Teiltief CHRISTIANE II befand sich am 06. August östlich der Halbinsel Kola. Das Frontensystem führte bogenförmig nach Süden bzw. Westen und schloss sich der Warmfront des Tiefs DAGMAR an. Gebietsweise konnten in 24 Stunden bis zu 36 l/m² gemessen werden, meist fielen jedoch nur noch 1 bis 5 l/m².

Sich weiter auffüllend wies das Tief CHRISTIANE am 07. August nur noch einen Kern auf. Das frontenlose Tiefdruckgebiet befand sich über Lappland und löste sich zum Folgetag auf.

 


Geschrieben am 21.08.2016 von Natja Bublitz

Berliner Wetterkarte: 04.08.2016

Pate: Christiane Witte