Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet CHRISTIAN

(getauft am 05.01.2015)

 

Durch das Aufeinandertreffen von feucht-kalter Polarluft und warmer Luft aus den Mittleren Breiten bildete sich ein Tiefdruckgebiet über Neufundland. Da es das Wettergeschehen in Mitteleuropa beeinflussen sollte, wurde dieser Wirbel am 05.01.2015 in der Prognose für den Folgetag auf den Namen CHRISTIAN getauft.

Am 06.01. um 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, befand sich der Kern des Tiefs CHRISTIAN mit einem Druck von 970 hPa vor der Küste der kanadischen Region Labrador. Eine Okklusionsfront, also eine Mischfront mit Eigenschaften von Warm- und Kaltfront, erstreckte sich westlich entlang des St.-Lorenz-Stromes bis in die Provinz Quebec. Eine weitere Okklusionsfront erstreckte sich nach Südosten über den Atlantik, wo sie sich in eine Warm- und eine Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront verlief weiter nach Süden und die Kaltfront reichte nach Südwesten. Im Laufe des Tages verstärkte sich die Zyklone CHRISTIAN deutlich und verlagerte sich dabei in nordöstliche Richtung. Am Flughafen der Stadt Gander auf der kanadischen Insel Neufundland im Mündungsgebiet des St.-Lorenz-Stromes fielen im Lauf des Tages einige Schneeschauer bei einer Höchsttemperatur von 3,9°C, in der darauffolgenden Nacht fiel die Temperatur auf -10,8°C.

Am 07.01. befand sich das Zentrum von Sturmtief CHRISTIAN über der Dänemarkstraße zwischen Island und Grönland mit einem sehr niedrigen Kerndruck von 940 hPa. Eine Okklusionsfront führte vom Kern nach Südwesten und eine weitere nördlich um den Kern herum über die Westküste Islands, dann weiter in südliche Richtung und spaltete sich nordwestlich von Irland auf Breite von Edinburgh in eine Warm- und eine Kaltfront auf. Die Warmfront reichte von dort bogenförmig nach Südwesten bis zu den Azoren. Die Kaltfront hingegen erstreckte sich weiter westlich folgend und verließ bei den Bermuda-Inseln den Analysebereich der Berliner Wetterkarte. Eine weitere Kaltfront war ohne Kernanbindung in den Kaltluftsektor eingelagert. In Keflavik auf Island wurde um 12 Uhr UTC ein 10-Minuten Mittelwind von 74,1 km/h gemeldet, der damit Sturmstärke entspricht. Im Westen Deutschlands zogen am Abend kompakte Wolkenfelder auf, die zu den Ausläufern des Sturmwirbels CHRISTIAN gehörten.

Bis zum Folgetag hatte sich ein weiterer Kern gebildet, wobei die beiden Teiltiefs des Doppelsystems einen Druck von jeweils knapp unter 950 hPa aufwiesen. Die Doppelkernstruktur von Tief CHRISTIAN befand sich weiterhin über die Dänemarkstraße. Die Okklusionsfront erstreckte sich westlich vom Kern ausgehend nach Nordosten zur Grönlandsee, von wo aus sie in einem Bogen nach Süden verlief. Der Okklusionspunkt befand sich über der norwegischen Stadt Bergen, der Hauptstadt der Provinz Midthordland. Die Warmfront verlief weiter nach Süden über die Nordsee entlang der europäischen Festlandsküste bis zur Biskaya. Die Kaltfront verlief parallel weiter westlich über England und den Atlantik bis zu den Azoren, wo sie in eine Warmfront überging. Im südlichen Randbereich des Wirbels CHRISTIAN bildete sich ein Tief, welches verstärkt Einfluss auf Mitteleuropa gewann und zu orkanartigen Böen in Norddeutschland führte. So wurde am Vormittag in Stade eine Spitzenböe von 117 km/h gemessen und am Leuchtturm Hörnum auf Sylt sogar 163 km/h.

Bis zum 09.01. haben sich die Kerne von Tief CHRISTIAN weiter ausgeprägt. Der Kern von Tief CHRISTIAN I befand sich mit knapp 960 hPa über der Südostküste Grönlands nahe dem Ort Ammassalik. Der Kern der zweiten Zyklone, welche als CHRISTIAN II bezeichnet wurde, lag ungefähr 400 km nördlich der Insel Jan Mayen und wies ebenfalls einem Druck von knapp unter 960 hPa auf. Zwischen den Kernen erstreckte sich eine Okklusionsfront, die nordöstlich des Kerns des Teiltiefs CHRISTIAN II in einem Bogen nach Süden verlief und dort in die Okklusion des Tiefs DANIEL überging. Auf der Insel Jan Mayen betrug die Tiefsttemperatur an diesem Tag -0,2°C und die Höchsttemperatur 1,1°C. Um 06 Uhr UTC meldete die Station außerdem schwachen, nicht kontinuierlichen Schneefall.

Am Folgetag befand sich das Tief CHRISTIAN I weiterhin über der Dänemarkstraße zwischen Grönland und Island, während die Zyklone CHRISTIAN II südlich von Jan Mayen analysiert wurde. Die Okklusionsfront führte vom Tief CHRISTIAN I nach Nordosten. Die Warmfront des Wirbels CHRISTIAN II reichte über Jan Mayen und die Kaltfront nach Südosten bis vor die norwegische Küste. Um 06 Uhr UTC meldete die Wetterstation auf Jan Mayen Schneeregenschauer und eine Spitzenböe von 82,9 km/h, was Sturmstärke entspricht. Der Flughafen der isländischen Stadt Keflavik meldete um 09 Uhr UTC eine Schneedecke von 8 cm.

Im Tagesverlauf schwächte sich das System ab, sodass der Kern des Wirbels CHRISTIAN am nächsten Tag über der Ostküste Islands mit einem Druck von etwas unter 985 hPa analysiert wurde. Die Zyklone CHRISTIAN füllte sich weiter auf und war am 12.01. nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysierbar.

 


Geschrieben am 30.05.2015 von Sebastian Kugel

Berliner Wetterkarte: 07.01.2015

Pate: Christian Widera