Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet CHRISTIAN
(getauft am 06.08.2015)
Anfang August 2015 verlagerte sich ein
kleinräumiges Tiefdruckgebiet über den Nordatlantik in Richtung Europa. In der
Folge fand die Zyklone Anschluss an das umfangreiche System BONIMIR, welches
sich westlich der Färöer befand. An der Südflanke des Wirbels BONIMIR zog das
Tief weiter nach Nordosten und wurde am 06.08. mit Lage über der Westküste
Schottlands auf den Namen CHRISTIAN getauft. Eine Okklusionsfront erstreckte
sich um 00 Uhr UTC dieses Tages, also 01 Uhr MEZ, von den Schottischen
Highlands über die Irische See bis zum St.-Georgs-Kanal. Dort änderte die
Luftmassengrenze ihren Charakter zu dem einer Kaltfront, die über die Biskaya
bis zur Nordküste Spaniens verlief, wo sie mit anderen Systemen verbunden war. Eine
Okklusion entsteht, wenn die schneller ziehende Kaltfront die vorgelagerte
Warmfront am sogenannten Okklusionspunkt einholt und diese anhebt. Dadurch
besitzt eine Okklusion Eigenschaften beider Frontensysteme. In Schottland
wurden teilweise ergiebige Niederschläge gemeldet. So verzeichnete die Station
Eskdalemuir um 06 Uhr UTC eine 24-stündige Niederschlagsmenge von 19 mm. An der
Nordseeküste der Schottischen Highlands registrierte die Station Wick in
12 Stunden bis 18 Uhr UTC 10,0 mm, die weiter südlich gelegenen Stationen
Lossiemouth und Kinloss haben im selben Zeitraum 6 mm bzw. 4 mm gemessen.
Am Folgetag befand sich der schwach
ausgeprägte Kern von Tief CHRISTIAN um 00 Uhr UTC ungefähr über dem Gebiet der
norwegischen Küstenstadt Stavanger. Nach Norden führte eine Okklusionsfront,
die dort mit den Ausläufern des Wirbels BONIMIR verbunden war. Nach Südosten
erstreckte sich eine Kaltfront über den Skagerrak und Dänemark bis über die
Norddeutsche Tiefebene. Entlang der Kaltfront entwickelten sich schon in der
Nacht teils kräftige Gewitter, die über Nordrhein-Westfalen und das westliche
Niedersachsen zogen. In Belm bei Osnabrück wurden bis 12 Uhr UTC in 6 Stunden
11,0 mm Niederschlag registriert. In Diepholz waren es im selben Zeitraum 8,0
mm und am Flughafen Münster/Osnabrück 6,0 mm. Deutlich mehr wurde in der Nacht
in Belgien gemeldet, dort fielen in Florennes innerhalb von 12 Stunden bis
06 Uhr UTC 26 mm und in Bierset 20 mm. Im Tagesverlauf zogen die Gewitter
weiter nordostwärts. Dabei herrschte ein markanter Temperaturunterschied
zwischen dem Nordwesten Deutschlands, welcher unter Wolken lag, und dem
Südosten des Landes. Beispielsweise wurde um 11 Uhr UTC in Hamburg nur eine
Temperatur von 18,0°C gemessen, während zur selben Zeit in Guteborn in der
Lausitz schon 38,1°C erreicht wurden. Am wärmsten wurde es vor der Kaltfront im
mainfränkischen Kitzingen, wo der erst im Juli aufgestellte Rekordwert von
40,3°C wieder exakt erreicht wurde. Eine ausgemusterte Wetterstation in Karlsruhe,
die noch privat weiter geführt wurde, registrierte sogar eine Temperatur von
41,2°C. Dieser Rekord wurde jedoch nicht anerkannt. Da die Luft tagsüber noch
sehr stabil war, hielt sich die Gewittertätigkeit in Grenzen. Erst zum Abend
hin bildeten sich im Nordwesten wieder einige Schauer und Gewitter. In Lübsdorf
bei Schwerin fielen dabei 19,3 mm, in Warstein sogar 36 mm Regen.
Bis zum 08.08. verlagerte sich der
weiterhin schwach ausgeprägte Kern von Tief CHRISTIAN über den Bottnischen
Meerbusen. Eine Okklusionsfront erstreckte sich zum Nachttermin nach Norden
über die nördlichen Skanden über das Europäische Nordmeer, wo sie mit der Okklusion
des Tiefs BONIMIR verbunden war. In Richtung Südosten reichte eine Warmfront
über das Baltikum und nach Südwesten entlang der Ostsee bis über das Stettiner
Haff führte eine Kaltfront, die dort mit anderen Systemen verbunden war. Diese
Kaltfront zog im Tagesverlauf weiter über das Baltikum. In der estnischen Stadt
Tartu entstanden nach einem schwülwarmen Tag mit einer Höchsttemperatur von
29,8°C kräftige Gewitter, die bis 22 Uhr UTC in drei Stunden eine
Niederschlagsmenge von 23 mm brachten. Andere estnische Wetterstationen
registrierten nur geringen Regen beim Durchgang der Front. In Kuusiku fielen
zwischen 10 Uhr und 13 Uhr UTC 4,0 mm. In der Hauptstadt Tallinn konnten
hingegen nur wenige Tropfen beobachtet werden. Entlang der Okklusionsfront
fielen an der Station Saittarova in der schwedischen Provinz Norbotten bis 18
Uhr UTC in 12 Stunden 15 mm Niederschlag. Die Wetterstation Straumsnes in der
norwegischen Kommune Gratangen lag abgeschirmt durch die Skanden weniger im
Einflussbereich von Tief CHRISTIAN, weshalb beim Durchgang der Okklusionsfront
die Niederschlagsmengen geringer ausfielen. Im Lauf des Tages fielen hier nur 8
mm Regen.
Am 09.08. um 00 Uhr UTC befand sich das
Tief CHRISTIAN mit seinem Kern über dem Weißen Meer, welches ein Nebenmeer des
Arktischen Ozeans im Nordwesten Russlands bildet. Nach Süden erstreckte sich
eine Okklusionsfront, die sich in der Nähe des Onegasees aufspaltete. Die
Warmfront führte weiter nach Süden, wo sie in den Einfluss des
Hochdruckgebietes FINCHEN geriet. Die Kaltfront erstreckte sich nach Südwesten
über das Baltikum, Polen und Tschechien, wo sie sich mit der Warmfront des
Tiefs DETLEF verband. An dieser Kaltfront kam es erneut zu Gewittern, wie z.B. in
der polnischen Stadt Suwalki an der Grenze zu Litauen. Hier gewitterte es fast
ununterbrochen von 08 Uhr bis 18 Uhr UTC, wobei 11 mm Niederschlag registriert
wurden. Auch in Laukuva in Litauen kam es in den frühen Morgenstunden zwischen
03 Uhr und 06 Uhr UTC zu Gewittern, in der Zeit fielen hier 5,0 mm
Niederschlag. Der Großraum Moskau lag an diesem Tag im Warmsektor des Tiefs
CHRISTIAN, d.h. im Bereich zwischen Warm- und Kaltfront, wodurch die Temperatur
anstieg und dort ein Heißer Tag registriert werden konnte. Für einen Heißen Tag
muss sich die Temperatur auf über 30°C erwärmen. Am wärmsten war es an der
Wetterstation des Klosters Neu-Jerusalem rund 50 km westlich von Moskau
entfernt mit 31,7°C. Schon 190 km östlich von Moskau in dem Ort Vladimir wurde mit
27,4°C eine etwas geringere Höchsttemperatur registriert. In der folgenden
Nacht wurden hier Gewitter gemeldet.
Bis zum 10.08. verlagerte sich das Tief
CHRISTIAN unter Verstärkung über den Ural, der Kerndruck lag bei 1000 hPa. An
der Südflanke des Tiefs CHRISTIAN spaltete sich die kurze Okklusionsfront über
der Region Perm auf. Die Warmfront führte nach Süden aus dem Analysebereich der
Berliner Wetterkarte heraus. Die Kaltfront verlief nach Westen bis über die
Region Moskau. In Perm wurden in den frühen Morgenstunden Gewitter beobachtet und
durch den Stau des Uralgebirges regnete es den restlichen Tag. Bis 15 Uhr UTC
wurde eine 12-stündige Niederschlagsmenge von 9 mm erreicht. In Yekaterinburg,
östlich des Uralgebirges, wurden im selben Zeitraum nur 5 mm gemessen, Gewitter
blieben auch aus. An der Wetterstation Biser, einem Minendorf im mittleren Ural
nordöstlich von Perm, wurden in diesem Zeitraum sogar 14 mm Niederschlag
gemeldet. Mit 16,1°C in Biser, 17°C in Jekaterinburg und 20°C in Perm war es in
der Region ein recht kühler Tag. Rund 1000 km nördlich in Soswa in der
Westsibirischen Tiefebene stieg die Temperatur jedoch auf 24,8°C. Grund dafür
war ein Föhn-Effekt, den das Tief CHRISTIAN am Ural auslöste.
Im weiteren Verlauf verlagerte sich das
Tief CHRISTIAN nach Osten bis außerhalb des Analysebereichs der Berliner
Wetterkarte und konnte dadurch nicht mehr namentlich verzeichnet werden.
Geschrieben am 02.09.2015 von Sebastian Kugel
Berliner Wetterkarte: 07.08.2015
Pate: Christian Knott