Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
CHRISTIAN
(getauft am 07.06.2011)
In der
Vorhersagekarte vom 7. Juni 2011 für den 8. Juni 2011 um 14:00 Uhr zeichnete
sich eine Konvergenzlinie, also ein Bereich in dem zwei Luftmassen
zusammenströmen, über Deutschland ab, die von der Ostküste Schleswig-Holsteins
über Ostdeutschland und Tschechien bis nach Österreich reichte. Das sich dort
abzeichnende Gebiet tiefen Luftdrucks wurde auf den Namen CHRISTIAN getauft.
Das Tief CHRISTIAN bildete sich
schneller als vorhergesagt und war bereits auf der Bodenwetterkarte von 02:00
Uhr in der Nacht am 8. Juni zu sehen. Der Kern der Zyklone lag zu diesem
Zeitpunkt über Süddeutschland und hatte einen Kerndruck von etwa 1005 hPa. Vom
Kern des Tiefs ging eine Kaltfront aus, die bogenförmig bis nach Tschechien
verlief, und eine Warmfront die vom Kern bis über die Ostsee reichte. Das Tief
CHRISTIAN zog im Laufe des Tages weiter nach Norden und sorgte in ganz
Deutschland für teils unwetterartige Schauer und Gewitter. Der Kern des Wirbels
CHRISTIAN lag am Mittag des 8. Juni über Norddeutschland, dort fielen die
Niederschlagsmengen vereinzelt sehr kräftig aus. Während der Großteil der
deutschen Stationen Niederschlagsmengen von 1 l/m² bis 5 l/m² meldeten, wurden im Norden örtlich
Niederschlagsmengen von über 30 l/m² innerhalb von 24 Stunden registriert. Die
höchsten Werte wurden in Schleswig-Holstein verzeichnet, wo z. B. in Leck
39 l/m² Niederschlag innerhalb 24 Stunden gemessen wurde. Auch der Wind brachte
es in dieser Region, beispielsweise in Schwerin, zu Spitzen von über 60 km/h,
was in etwa Windstärke 7 auf der Beaufort-Skala
entspricht. Die Temperaturwerte innerhalb Deutschlands fielen ebenso
unterschiedlich aus. Vor der Kaltfront, im sogenannten Warmluftsektor, stieg
die Temperatur auf sommerliche Werte von über 25°C. Die höchste Temperatur
wurde mit 29,5°C in Manschnow gemessen. Hingegen fiel die Temperatur hinter der
Kaltfront auf Werte unter 20°C.
Bis zur Nacht zum
9. Juni zog das Tief CHRISTIAN weiter nach Norden und hatte seinen Kern um
02:00 Uhr über Dänemark. Dabei hat sich der Einflussbereich der Kaltfront
ausgedehnt und verlief nun in einem ausgedehnten Bogen vom Kern des Wirbels bis
zu den Österreichischen
Alpen. Hingegen verkürzte sich die Warmfront und reichte bis in den Raum Oslo.
Auch an diesem Tag sorgte der Wirbel CHRISTIAN für Regen und Schauer. Die
höchste Niederschlagsmenge wurde in Leba an der
polnischen Ostseeküste mit 12 l/m² innerhalb von 24 Stunden registriert. Im
Tagesverlauf zog die Zyklone nach Osten und lag am Mittag mit ihrem Kern über
Danzig. Von dort aus verlagerte sie sich weiter nach Nordwesten und hatte in
der Nacht zum 10. Juni ihren Kern über Oslo. Dabei stieg der Kerndruck zu den
Vortagen um 5 hPa auf ca. 1010 hPa. Die Lage der Warmfront veränderte sich
dabei kaum, jedoch erstreckte sie sich nun noch bis etwa 100 km nördlich von Oslo.
Zum
nächsten Tag hatte sich die Lage des Tiefdruckwirbels CHRISTIAN kaum verändert,
er lag jetzt nördlicher, nahe Oslo. Die Kaltfront des Tiefs, die vom Kern bis
nach Oslo reichte, ging nun in eine Warmfront über, die zu einem neu gebildeten
Tief gehörte. Die Warmfront des Tiefs änderte sich kaum, sie erstreckte sich
bis etwa 300 km vor die Küste Norwegens und ging dort in das Frontensystem des
Tiefs BALTHASAR über. Auch hier war die Temperatur vor der Kaltfront mit ca.
16°C um 5°C höher als hinter der Kaltfront. Ab hier nahm das Tief CHRISTIAN
eine ungewöhnliche Zugbahn an. Während für gewöhnlich die Tiefdruckgebiete der
mittleren Breiten auf der Nordhalbkugel in östliche Richtungen ziehen, zog Tief
CHRISTIAN vom 11. Juni. bis zur Nacht zum 12. Juni in Richtung Nordwesten. Der
Kern, dessen Druck bis zum 12. Juni nochmals auf ca. 1015 hPa anstieg, lag nun
mittig zwischen Island und Trondheim. Das Frontensystem begann langsam zu
okkludieren. Das bedeutet, dass die schnellere Kaltfront die Warmfront
einholt und sich eine Okklusion bildet, eine Front, die sowohl Kalt-, als auch
Warmfronteigenschaften verbindet. Diese Okklusion reichte aber weniger als 100
km vom Kern in Richtung Norden, bevor sie sich in eine kurze Warmfront und eine
lange Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront, die sich in nördliche Richtung
erstreckte, hatte sich mit einem über Nordeuropa liegenden Frontensystem
verbunden. Die Kaltfront verlief in einem Bogen über Trondheim, Stockholm und
Ostpolen bis in die Region bei Sofia in Bulgarien. Am Boden wies sie dabei
Kaltfrontcharakter auf, während sie sich in der Höhe durch Warmfrontcharakter
auszeichnete. Entlang der Front kam es in der Nacht zu leichten Niederschlägen.
So wurden z. B. in Sofia 0,4 l/m²
Regen registriert. Im Tagesverlauf okkludierte der Wirbel CHRISTIAN schnell und
verlagerte sich weiter nach Westen. Am 13. Juni erstreckte sich die Okklusion
schließlich vom Kern des Wirbels, der über der südlichen Islandküste lag, nach
Osten bis an die norwegische Küste. Von dort aus wandelte sie sich in eine
kurze Warmfront um, die über Schweden in eine Kaltfront eines anderen
Tiefdrucksystems überging. Zudem schloss sich eine weitere Warmfront an, die
ebenfalls zu einem weiteren Tiefdrucksystem über Nordeuropa gehörte.
Bis
zum Morgen des 14. Juni löste sich das Tief CHRISTIAN von den anderen
Frontensystemen und nahm wieder eine normale Zugbahn in Richtung Osten ein. Der
Kern lag in der Nacht mittig über der Norwegischen See zwischen Island und
Norwegen, auf der Breite von Bodö. Der Kerndruck nahm
ab und hatte in etwa wieder 1010 hPa erreicht. Die Okklusion verlief vom Kern
ausgehend rückwärtig über Reykjavík bis nahe der Südspitze Grönlands. In
Richtung Osten erstreckte sie sich bis nach Bodö. In Bodö wurden in dieser Nacht Gewitter gemeldet, die von der
Okklusion ausgelöst wurden. Auch Reykjavík meldete in dieser Nacht Schauer. In
den nächsten zwei Tagen änderte sich die Lage der Zyklone kaum und die
Wetteraktivität nahm ab sodass sich der Wirbel CHRISTIAN sich bis zum Morgen
des 17. Juni 2011 auflöste.
Geschrieben am 24.07.2011 von Maria Frädrich
Berliner Wetterkarte: 08.06.2011
Pate: Christian Müller