Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
CHRISTIAN
(getauft am 09.01.2011)
Am 9. Januar 2011 bildete sich östlich der
kanadischen Insel Neufundland ein Tiefdruckgebiet, das auf den Namen CHRISTIAN
getauft wurde. Es entstand am Rande eines Höhentiefs über dem Nordosten des
amerikanischen Kontinents, das im 500 hPa-Druckniveau, das entspricht ungefähr
5,5 km Höhe, in seinem Zentrum eine Temperatur von unter -40°C aufwies. Das
Bodentief CHRISTIAN besaß einen Kerndruck von unter 995 hPa und wanderte im
Tagesverlauf mit der westlichen Höhenströmung schnell über den Atlantik nach
Osten. Auf einigen Schiffswetterstationen zum Beispiel nördlich der Inselgruppe
der Azoren wurde im Zusammenhang mit den Fronten des Wirbels CHRISTIAN Regen
gemeldet, der besonders am Okklusionspunkt auftrat, also dort, wo die
schnellere Kaltfront die Warmfront einholte. In der Nacht zum 10. Januar lag
der Kern des Tiefs bereits vor der irischen Westküste. An seiner Vorderseite
lenkte das Tiefdruckgebiet CHRISTIAN milde Luft aus Südwesten nach Mitteleuropa
und brachte besonders an der Atlantikküste auch starke bis stürmische Böen mit
sich. Dies lag daran, daß sich der Luftdruckgradient zwischen einem
Hochdruckgebiet über dem Süden Polens und dem von Westen herannahenden Tief
CHRISTIAN verstärkte und die Luft wie in einer Düse beschleunigt wurde. Die
24-stündigen Niederschlagsmengen bis zum Morgen des 11. Januar zeigen, daß es
im Westen Europas zum Teil ergiebige Regenfälle gab. An der südenglischen
Wetterstation Bournemouth kamen 20 l/m² zusammen, im schottischen Edinburgh 16
l/m² und im französischen Bordeaux 10 l/m². Zu diesem Zeitpunkt befand sich der
Kern des Tiefs CHRISTIAN über den Britischen Inseln. Bis zum Mittag war das
Zentrum der Zyklone weiter nach Osten zur Nordsee gewandert. Im Westen
Deutschlands setzte mittags Regen ein, die zugehörige Front brachte dort und in
den höheren Lagen der Mittelgebirge 24-stündige Niederschlagsmengen bis zum Morgen
des 12. Januar von bis zu 5 l/m². Vereinzelt auch etwas mehr, wie auf dem
Brocken im Harz mit 6 l/m² oder in Freudenstadt im Schwarzwald mit 12 l/m².
Mittlerweile war der Kern des Tiefs CHRISTIAN über dem Kattegat zwischen
Norddänemark und Schweden angelangt. Nach Norden war der Übergang zum Tief
BENJAMIN über der Barentssee hergestellt, sodass sich über weiten Teilen
Nordeuropas eine Tiefdruckzone befand. Hinter der Kaltfront des Tiefs
CHRISTIAN, zum Beispiel in Berlin-Dahlem, wo am Morgen eine Bö von 13,3 Metern
pro Sekunde auftrat, das entspricht der Windstärke 6, ließ der Wind allmählich
nach. Zeitweise gab es aber noch leichten Niederschlag aufgrund der feuchten
Luftmasse. Am nächsten Tag befand sich der Kern des Wirbels CHRISTIAN über dem
nördlichen Baltikum sowie über Südfinnland. Vom Norden des europäischen Teils
von Rußland bis nach Weißrussland und in die Ukraine kam es zu Schneefällen bei
Temperaturen um oder unter 0°C. Auch am 14. Januar fiel im Nordosten Europas
unter dem Einfluss des Tiefs CHRISTIAN, das mit seinem Zentrum über Karelien
lag, weiter verbreitet Schnee. Bis zum 16. Januar verlagerte sich das
Tiefdruckgebiet CHRISTIAN weiter nach Nordosten bis östlich der nordrussischen
Stadt Archangelsk, wo an diesem Tag auf der Rückseite des Tiefs morgens bei
leicht bewölktem Himmel eine Tiefsttemperatur von -23°C gemeldet wurde. Das
Tiefdruckgebiet CHRISTIAN war am 16. Januar zum letzten Mal als eigenständiges
Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen.
Geschrieben am 22.02.2011 von Heiko Wiese
Berliner Wetterkarte: 11.01.2011
Pate: Babyphones