Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet CHRISTIAN

(getauft am  19.12.2013)

 

Bereits Mitte Dezember entstand entlang einer wellenförmig deformierten Front über dem Nordosten Amerikas ein sogenanntes Wellentief, das anhand der Analysekarte des 19.12. für 00 Uhr UTC, also 01 Uhr Mitteleuropäischer Zeit, auf den Namen CHRISTIAN getauft wurde. Mit einem Druck von knapp unter 990 hPa lag das Zentrum des Wirbels vor der Küste Neufundlands. Das Tief war bereits teilweise okkludiert, d.h. die Warm- und Kaltfront hatten sich zu einer Mischfront, der sogenannten Okklusion, vereint, welche sich vom Kern spiralförmig nach Süden zog. Nach einigen Hundert Kilometern teilte sie sich wieder in Warm- und Kaltfront. Die Kaltfront verlief vom dortigen Okklusionspunkt weiter in Richtung Süden, die zugehörige Warmfront hingegen erstreckte sich weit über den Atlantik und verband sich westlich der Azoren mit dem Frontensystem des Tiefs BERND.

Sich rasch verstärkend verlagerte sich Tief CHRISTIAN in den kommenden 24 Stunden nach Nordosten und lag gegen 00 Uhr UTC mit einem auf 960 hPa gefallenen Kerndruck über dem Atlantik am Schnittpunkt von Angmagssalik auf Grönland mit Gander auf Neufundland. Östlich des Kerns verlief die Okklusionsfront bogenförmig über den Nordatlantik. Vom Okklusionspunkt östlich des Kerns zog sich die Warmfront nach Süden bis zu den Azoren, die Kaltfront hingegen verlief nach Südwesten in Richtung der Bahamas. Eine zusätzliche, wenn auch nur kleinskalige Okklusionsfront ging westlich des Kerns aus und endete etwa Hundert Kilometer südwestlich des Zentrums. Erste Ausläufer des Tiefdruckwirbels CHRISTIAN hatten in den frühen Nachmittagsstunden Irland erreicht und überquerten im Laufe der Nacht Großbritannien. Dort brachte sie, von Sturm- und Orkanböen begleitet, teils ergiebige Niederschläge mit sich. In nur 12 Stunden fielen bis 06 Uhr UTC im britischen Capel Curig bei Orkanböen bis 126 km/h 37 Liter, und im etwas weiter nördlich gelegenen Shap bei Böen von 89 km/h bis zu 41 Liter Regen pro Quadratmeter. Besonders starke Böen wurden auf der Bergstation Aonach Mor in Schottland registriert. Hier erreichte der Südwestwind eine Spitzengeschwindigkeit von 166,8 km/h.

Auf seiner Zugbahn nach Nordosten hatte der Tiefdruckwirbel CHRISTIAN in der Nacht Island erreicht und lag gegen 00 Uhr UTC des 21.12. mit seinem Zentrum und einem auf 955 hPa gesunkenen Druck unweit von Reykjavik. Von dessen Kern entsprang in östlicher Richtung eine ausgeprägte Okklusionsfront, die einen weiten Bogen über die Shetlandinseln und Zentralengland nach Südwesten beschrieb und sich, im Verlauf Kaltfrontcharakter annehmend in Richtung Azoren und weiter nach Westen über den Atlantik erstreckte. Das Hauptniederschlagsband hatte sich in der Nacht über die Nordsee hinweg nach Norwegen verlagert und überquerte im Tagesverlauf Skandinavien von Süd nach Nord, wobei sich dessen Intensitäten im Vergleich zum Vortag etwas abgeschwächt hatten. Am stärksten fielen die Niederschläge aufgrund der blockierenden Wirkung der Gebirgsketten Norwegens entlang der norwegischen Westküste in der Region um Bergen aus. Innerhalb von 24 Stunden wurden bis 06 Uhr UTC in Bergen 29 Liter, in Ullensvang 32 Liter und in Takle bis zu 44 Liter Niederschlag je Quadratmeter registriert. In Schweden wurden im selben Zeitraum im Schnitt meist nur zwischen 2 und 6 Liter pro Quadratmeter gemessen, wobei lokal durch Schauer auch Regenmengen von 17 Liter in Rangedala und 28 Liter pro Quadratmeter bei Torpup erreicht wurden. In den hohen Lagen  Norwegens als auch im nördlichen Schweden gingen die Niederschläge im späteren Tagesverlauf allmählich in Schnee über. Der Wind wehte vielerorts weiterhin stark böig und erreichte an der Station Krakenes Spitzen von bis zu 187 km/h. Auch auf Island sowie entlang der Ostküste Grönlands setzte in Schnee übergehender Regen ein. Aus dem grönländischen Scoresbysund wurden binnen 24 Stunden 10,2 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gemeldet.

In den vergangenen 24 Stunden blieb die Zyklone CHRISTIAN nahezu stationär und lag am 22.12. mit einem um 5 hPa gestiegenen Kerndruck mit ihrem Zentrum weiterhin vor Island, südöstlich von Reykjavik. Ihre Okklusionsfront war weiter nach Norden gezogen und reichte nördlich des Kerns ausgehend über Bodö in Norwegen und Oulu in Finnland bis zu ihrem Okklusionspunkt östlich von Tallinn. Vom Okklusionspunkt verlief die zugehörige Warmfront nach Süden bis nach Lemberg in der westlichen Ukraine, die Kaltfront hingegen zog sich über Berlin, Paris und Santiago de Compostela bis südlich der Azoren, wo sie Warmfrontcharakter annehmend über dem zentralen Atlantik endete. Das sich nach Norden verlagernde Niederschlagsband hatte sich weitestgehend abgeschwächt, sodass sich das dem Tief CHRISTIAN direkt zuzuordnende Wettergeschehen im Wesentlichen auf den Raum um das Nordmeer konzentrierte. In 24 Stunden fielen bis 06 Uhr UTC in Reykjavik 2 Liter, in Dalatangi 11 Liter und bei Scoresbysund 20 Liter Niederschlag in Form von Schnee oder Schneeregen auf einen Quadratmeter.

Zum 23.12. war Tief CHRISTIAN nach Westen gezogen und lag um 00 Uhr UTC mit seinem Kern und einem Druck von weiter 960 hPa über der Südspitze Grönlands. Durch eine nördlich des Kerns ausgehende Okklusionsfront war sein Zentrum zu diesem Zeitpunkt nach Osten mit einem weiteren, sich über Island befindlichen Tiefdruckwirbel verbunden. Im Laufe des Tages verlagerte der sich allmählich abschwächende Tiefdruckwirbel CHRISTIAN nach Süden, seine Ausläufer führten dennoch über weiten Teilen des Nordatlantiks und entlang der grönländischen Ostküste zu erneuten Schneefällen. Bis 06 Uhr UTC des Folgetags meldete die Messstation in Danmarkshavn 2 Liter und in Scoresbysund 6 Liter pro Quadratmeter.

Der 24.12. war der letzte Tag an dem das einstige Sturmtief CHRISTIAN auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet und somit namentlich erwähnt werden konnte. Sein Zentrum lag gegen 00 Uhr UTC mit einem Druck von 970 hPa ähnlich wie bereits vier Tage zuvor über dem Nordatlantik am Schnittpunkt von Angmagssalik mit dem neufundländischen Ort Gander, ein zugehöriges Frontensystem konnte allerdings nicht mehr analysiert werden. Im Laufe der folgenden 6 Stunden ging das Tief CHRISTIAN vollständig in die Zirkulation des Tiefdruckwirbels DIRK über und konnte daher nicht weiter analysiert werden.

 

 

Geschrieben von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 21.12.2013     

Pate: Christian Süpfle