Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
CHRISTINA
(getauft
am 15.09.2018)
Mit dem
Starkwindband in etwa 5,5 km Höhe, dem Jetstream, machte sich in der zweiten
Septemberdekade ein Tiefdruckgebiet über Kanada auf den Weg über den
Nordatlantik nach Europa. Anhand der Analysekarte vom 15.09.18 um 02 Uhr MESZ,
was 00 Uhr UTC entspricht, wurde dieses Tief auf den Namen CHRISTINA getauft.
Zu diesem
Zeitpunkt lag das Zentrum mit einem Druck von knapp 1000 hPa rund 500 km
südwestlich von Island. Die bogenförmige Warm- und Kaltfront erstreckte sich ost-
bzw. westwärts über den Nordatlantik, wobei die Warmfront bis über Irland
reichte und sich dort an die Kaltfront des Tiefs BIANCA anschloss. Entlang der
Warmfront des Tiefdruckgebiets CHRISTINA glitt die warme Luft langsam über die
vorlaufende Luftmasse auf, es bildete sich aber nur wenig Regen. So kamen
lediglich 0,7 l/m² in der irischen Stadt Béal an Mhuirthead oder 1 l/m² an der
Station Finner innerhalb von 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ zusammen. Dazu stieg
die Temperatur im Warmsektor hinter der Warmfront auf 16,5°C an der Station
Johnstown Castle zwischen Dublin und Cork an der irischen Küste und auf 17,9°C
am Flughafen Shannon bei Limerick.
Ein
Tiefdruckgebiet, das am Vortag noch südlich der Zyklone CHRISTINA gelegen war,
verband sich zum 16.09.18 mit dieser und wurde als Teiltief CHRISTINA II auf
der Berliner Wetterkarte von 02 Uhr MESZ vermerkt. Dabei hatten sich beide
Kerne mit knapp 985 hPa etwa 200 km südwestlich von Island bzw. mit ca. 995 hPa
200 km westlich Schottlands deutlich verstärkt. Die spiralförmige Okklusionsfront
des steuernden Tiefs CHRISTINA I lag über dem zentralen Nordatlantik und dem
Süden Islands, wo sich zudem der Okklusionspunkt befand. Eine Okklusionsfront
entsteht, wenn eine Kaltfront die vorausziehende Warmfront einholt und sich die
kalte Luftmasse am sogenannten Okklusionspunkt unter die warme schiebt. Daher
wird diese Front auch Mischfront genannt. Die leicht S-förmige Warmfront
reichte vom Okklusionspunkt bis über die Deutsche Bucht, wo sie in die
Kaltfront der Zyklone BIANCA überging. Die Kaltfront des Wirbels CHRISTINA erstreckte
sich im Bogen vom Okklusionspunkt über den östlichen Nordatlantik bis etwa 250
km westlich der Britischen Inseln. Auch das Randtief CHRISTINA II hatte ein
eigenständiges Frontensystem, dessen Okklusionsfront von Nordirland ein kurzes
Stück nach Norden reichte. Vom Okklusionspunkt über Nordirland verliefen beide
Fronten nach Süden über Irland und den westlichen Nordatlantik, wobei die
Kaltfront in eine Warmfront des ehemaligen Tropensturms HELENE überging. Mit sinkendem
Luftdruck intensivierten sich auch die Regenfälle entlang der Fronten.
Wetterstationen, die zwölfstündig mehr als 20 l/m² Niederschlag meldeten, waren
beispielsweise Neskaupstaður im Osten Islands mit 29,8 l/m², Hvanneyri nördlich
von Reykjavik mit 24,1 l/m² oder die schottische Station Tulloch Bridge mit 24
l/m². Mit einer südwestlichen Strömung erwärmte sich die Luft vor den
Kaltfronten auf 22,6°C in Bournemouth, 23,9°C im englischen Marham bei Norwich
und 24,2°C am Londoner Flughafen Heathrow. In arktischer Luft lagen die
Temperaturen hinter der Kaltfront dagegen nur bei 14,6°C am nördlichsten Punkt
Irlands, am Malin Head, oder bei 12,4°C in Reykjavik. Eine weitere Folge der
zunehmenden Stärke des Tiefdruckgebiets CHRISTINA war der auffrischende,
stürmische Wind, da der Druckgegensatz zum Hoch RODEGANG über Mitteleuropa
recht ausgeprägt war. In Island gab es gebietsweise schwere Sturmböen an der
Ostküste und auf den Britischen Inseln fegten vereinzelt Sturmböen der Stärke 9
über das Land, was Windgeschwindigkeiten bis zu 88 km/h entspricht.
Bis zum
nächsten Tag verlagerte sich das steuernde Tief CHRISTINA I nur ein wenig nach
Osten und lag mit seinem Kern noch immer südlich von Island, wo ein Luftdruck
von etwa 985 hPa herrschte, während die Randzyklone CHRISTINA II nordostwärts
bis in die Nähe der skandinavischen Küste bei Trondheim zog. Dort wurde ein
Luftdruck von ca. 993 hPa gemessen. Die beide Teiltiefs verbindende Okklusion
verlief spiralförmig um Island und S-förmig quer über das südliche Europäische Nordmeer
durch den Kern CHRISTINA II bis über den Süden Skandinaviens. Vom dortigen
Okklusionspunkt erstreckte sich die Warmfront bogenförmig südostwärts über
Südschweden und die Ostsee bis über die russische Exklave Kaliningrad. Die
Kaltfront verlief vom Okklusionspunkt über den Südwesten Schwedens, Nordwestdänemark
und über die Nordsee, wo sie in eine nachfolgende Warmfront überging. Die höchsten
Regenmengen fielen an der Mischfront in Island und Südnorwegen mit 20,2 l/m² in
Bolungarvík oder 12 l/m² bei Stavanger. Entlang der Warmfront waren es
ebenfalls bis zu 11 l/m² Regen in Stockholm. Deutlich weniger kam in Ristna im
Nordwesten Estlands im südlichen Bereich der Warmfront mit 5,6 l/m² zusammen
und noch weniger regnete es an der Kaltfront mit beispielsweise 4 l/m² im
dänischen Karup. All diese Niederschlagsmengen wurden innerhalb von 12 Stunden
bis 08 Uhr MESZ verzeichnet. Dabei stieg die Temperatur auf Werte zwischen
12,7°C in Reykjavik, 15,3°C in Stavanger, 17,6°C in Ljungby und 21,1°C in Abed
auf Lolland. Die Druckunterschiede über Nordeuropa reichten zudem immer noch
für schwere Sturm- und orkanartige Böen im Nordwesten Islands und an der
norwegischen Küste zwischen Trondheim und Bergen.
Im Verlauf
des darauffolgenden 18.09.18 bildeten die Tiefs CHRISTINA I und II südwestlich
von Island bzw. westlich von Norwegen mit einem jeweiligen Kerndruck von fast
995 hPa keine Fronten mehr aus. Der Bereich, der am Vortag den Okklusionspunkt
der Zyklone CHRISTINA II gebildet hatte, löste sich ab, zog als neues
Tiefdruckgebiet CHRISTINA III weiter nach Osten und befand sich um 02 Uhr MESZ
mit einem Kerndruck von rund 998 hPa mit dem Zentrum bereits 200 km südlich des
Weißen Meeres. In dieser Region lag auch die ziemlich kurze, nord-südwärtige
Okklusion. Die circa 700 km lange, im Bogen nach Süden verlaufende Warmfront lag
über dem Westen Russlands. Die ebenfalls bogenförmige Kaltfront reichte vom
Okklusionspunkt nach Südwesten bis über Litauen, wo sie sich an eine Warmfront
eines Tiefs über den Shetlandinseln anschloss. Überreste der Fronten brachten
in 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ in Island nochmals bis zu 26,4 l/m² Regen in
Flateyri. In den Wolken der Fronten des Wirbels CHRISTINA III befand sich
dagegen weniger Regen. Im genannten Zeitraum fielen in Petrosawodsk 6 l/m² oder
am Ladogasee 7 l/m². In den südlicheren Abschnitten der Warm- und Kaltfront gab
es kaum erwähnenswerten Niederschlag. Die Höchstwerte betrugen im
Einflussbereich dieses Tiefdrucksystems 13,3°C in Reykjavik, 17,5°C in
Trondheim, 19,3°C in Pskow und 22,7°C in Riga. Trotz der Abschwächung traten im
Nordwesten Islands noch orkanartige Böen auf.
Am 19.09.18
um 02 Uhr MESZ war nur noch das ehemalige Teiltief CHRISTINA III auf der
Berliner Wetterkarte eingezeichnet und befand sich mit seinem Kern rund 420 km
südwestlich des Urals. Der Druck vom Tiefdruckgebiet CHRISTINA hatte sich
merklich abgeschwächt und betrug im Zentrum recht hohe 1004 hPa. Die
kurvenförmige Okklusion verlief zu diesem Zeitpunkt Richtung Südwesten bis etwa
über Wolgograd. An diese Front schloss sich die Kaltfront über der Ostukraine
an, die wiederum in die Warmfront des Tiefdruckkomplexes DORCAS – ex-HELENE
überging. Die Fronten bildeten neben Wolkenfeldern keinen nennenswerten
Niederschlag mehr aus. Dazu stieg die Temperatur in einer nördlichen Strömung
zum Beispiel in Nischni Nowgorod auf 12,1°C oder auf 14,7°C in Kasan. Unter
weiterer Abschwächung löste sich die Zyklone CHRISTINA bis zum nächsten Tag
vollständig auf und wurde somit nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte
verzeichnet.