Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet  CHRISTINE

(getauft am 06.07.2004)

 

 

Bereits im Satellitenbild der Berliner Wetterkarte vom 04. Juli 2004 war über dem Atlas-Gebirge ein kompakter Wolkenwirbel zu erkennen, der sich innerhalb des nächsten Tages ausbreitete. Das zugehörige Bodentief zog von der nordafrikanischen Küste Richtung Zentralspanien und entwickelte sich an der dort verlaufenden Frontenlinie zu einem ausgeprägten Tiefdruckwirbel, der am 06. Juli 2004 auf den Namen CHRISTINE getauft wurde.

Mit knapp 1015 hPa einen relativ hohen Kerndruck aufweisend, deutete aber der scharf ausgeprägte Temperaturgegensatz zwischen Vorder- und Rückseite dieses Tiefs auf eine baldige Verstärkung der Wetteraktivität hin. Sehr warme Luft tropischen Ursprungs aus dem Süden traf hierbei auf mehr als 10°C kühlere Luft subpolaren Ursprungs im Norden.

CHRISTINE zog weiter nordostwärts, hatte sich am 07. Juli 2004 in zwei Kerngebiete aufgespaltet, von denen eines knapp südlich der Pyrenäen, das andere über der französischen Atlantikküste lag. Mit dem Durchzug der Kaltfront beendete das Tief CHRISTINE eine erste relativ lang anhaltende Hitzeperiode in Südwesteuropa. Niederschlag fiel mangels Feuchtigkeit allerdings kaum. Nur an den Nordhängen der Pyrenäen wurden größere Niederschlagsmengen gemeldet.

Das Satellitenbild der Berliner Wetterkarte vom 08.07.2004 zeigte eindrucksvoll, wie die Wolkengebiete entlang der Frontensysteme CHRISTINEs weite Teile West-, Südwest- und Mitteleuropas beeinflussten. Die Kerngebiete lagen an diesem Tag über der Bretagne bzw. über Südwestdeutschland. In beiden Regionen meldeten verschiedene Wetterstationen ergiebigen, zum Teil mit Hagel durchsetzten Regen oder Starkregen, vereinzelt auch Gewitter. Ursache solch extremer Wettererscheinungen, die auch am Folgetag über Deutschland beobachtet wurden, war die markante Luftmassengrenze, deren Verlauf sich im Bereich des Tiefs CHRISTINE und des zugehörigen Höhentrogs quer über Deutschland erstreckte. Sie trennte subtropische Warmluft im Südosten und äußersten Osten von kühlerer Meeresluft im Westen. So erreichte zum Beispiel die Tageshöchsttemperatur in Frankfurt (Oder) an diesem Tag 31°C, in Magdeburg dagegen nur rund 20°C.

Entlang dieser Luftmassengrenze hatten sich großräumige Gewittercluster gebildet, in deren Einzugsgebiet vielerorts Extremwettererscheinungen gemeldet wurden, unter ihnen Hagel mit Korngrößen von 5-7 cm im Raum Augsburg,  Böen in Orkanstärke an der Station Regensburg, Starkregen mit einer einstündigen Niederschlagsmenge von 67 mm in Zinnwald-Georgenfeld im Erzgebirge.

Der Nordostströmung folgend verlagerte sich das Kerngebiet von CHRISTINE II bis zum 10. Juli 2004 vom Erzgebirge Richtung Ostsee, das von CHRISTINE I von den Benelux-Ländern Richtung Südskandinavien, so dass es sich wieder zu einem einzigen Tiefdruckgebiet mit Zentrum über Gotland vereinigte.

An seiner Südostseite gelangte heiße Luft tropischen Ursprungs zur Balkan-Halbinsel. Dort stieg die Temperatur am 10. Juli 2004 verbreitet über 35°C; in Podgorica wurden sogar 40°C gemessen. Auch in Südost-Italien, in Rumänien und Südungarn wurden örtlich Maximaltemperaturen von über 37°C erreicht. Heftige Gewitter traten hingegen an der Ostseite CHRISTINEs über der Ukraine und Weißrussland auf.

Deutschland gelangte unterdessen auf der Rückseite des Tiefs unter den Zustrom kühlerer Meeresluft subpolaren Ursprungs, so dass die Tageshöchsttemperatur meist unter 20°C blieb und tagsüber eine lebhafte Schauertätigkeit das Wettergeschehen prägte. Da sich das Zentrum von CHRISTINE nur sehr langsam von Südschweden ostwärts bewegte, blieb dieser Wettercharakter für Deutschland auch an den Folgetagen bis zum 14. Juli 2004 bestimmend. An diesem Tag erreichte kaum ein Ort in Deutschland eine Höchsttemperatur von mehr als 16-18°C. Erst am 15. Juli 2004 konnte das sich von Island her nähernde Tief ELKE mit seinen Luftmassen und Regengebieten den Einfluss von Tief CHRISTINE auf das Wettergeschehen in Deutschland verringern. CHRISTINE und der zugehörige Höhenwirbel befanden sich aber nach wie vor über Mittelschweden. Lediglich der von diesem Höhentief ausgehende Trog schwenkte ostwärts und verlagerte sich damit vom östlichen Mitteleuropa in Richtung Russland.

Bis zum 16. Juli 2004 hatte sich die Frontenstruktur des mittlerweile weitgehend okkludierten Tiefs CHRISTINE deutlich abgeschwächt und von meridionaler in zonale Richtung verlagert.

Sein Zentrum lokal tiefen Luftdrucks (knapp 1000 hPa) war Richtung  Europäisches Nordmeer gezogen. Dort verblieb es auch in den nächsten Tagen, Tief CHRISTINE schwächte sich aber immer mehr ab, hatte kaum noch Einfluss auf das europäische Wettergeschehen und war ab dem 19. Juli 2004 in der Berliner Wetterkarte nicht mehr als eigenständiges Druckgebilde verzeichnet.

 


Geschrieben am 02.08.2004 von Stefanie Rentz

Wetterkarte: 08.07.2004

Pate: Rene Müggler