Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet CHRISTOFFER

(getauft am 21.05.2013)

 

Über Nordafrika entstand am 21.05.2013 an der Vorderseite eines Kurzwellentrogs, eines Kaltluftvorstoßes nach Süden in einer Höhe von
ca. 5,5 km, ein Tiefdruckwirbel, der in der Prognose für den Folgetag auf den Namen CHRISTOFFER getauft wurde. Die Zyklone lag am Folgetag
um 00 Uhr UTC, das heißt um 02 Uhr MESZ mit einem Kerndruck von etwa 1000 hPa über Tunesien. An dessen Ostflanke gelangte, aufgrund des zyklonalen Drehsinns gegen den Uhrzeigersinn, heiße kontinentale Tropikluft nordwärts, so dass in Benina eine Höchsttemperatur von 36,4°C registriert wurde. In den heißen Luftmassen fanden starke Hebungsvorgänge statt, die zu einer hohen Niederschlagstätigkeit und teilweise auch Gewittern führten. So fielen bis 06 Uhr UTC des Tauftages in Jijel durch starken Gewitterregen 75 Liter pro Quadratmeter in 24 Stunden. Die Warmfront des Tiefs erstreckte sich dabei halbkreisförmig über das Mittelmeer und die Südspitze Sardiniens bis nach Kalabrien, die Kaltfront reichte bogenförmig über Tunesien und Libyen aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte. Am 23.05. lag der Tiefdruckwirbel über dem Adriatischen Meer mit auf einem auf 995 hPa verstärkten Kerndruck. Von dort erstreckte sich die Kaltfront in einem Bogen über Griechenland bis nach Libyen, wobei mit einer südlichen Strömung kontinentale Subtropikluft bis nach Kreta gelangte. In Heraklion lag die Temperatur am Vortag bei 28°C und die nächtliche Tiefsttemperatur sank nur auf warme 27°C, was eine Tropische Nacht bedeutet, bei der die nächtliche Minimumtemperatur nicht unter 20°C liegt. Dabei ging der Taupunkt zeitweilig bis auf 2°C zurück, was einer relativen Luftfeuchtigkeit von weniger als 20% entspricht. Die Warmfront des Tiefs erstreckte sich an diesem Tag über Jugoslawien und Rumänien bis über die Ukraine. Im Warmsektor, das heißt der Bereich zwischen Kalt- und Warmfront, herrschte feucht-warme Subtropikluft vor, welche ebenfalls im Frontbereich gehoben wurde und besonders in Serbien zu heftigen Nachtgewittern führte. In der Ortschaft Smederevska Palanka südlich von Belgrad fielen innerhalb von 12 Stunden 44 Liter pro Quadratmeter. Auch in Italien traten nachts besonders in den zentralen Provinzen wie Latium schwere Gewitter und Schauer auf, die in Rom eine Niederschlagsmenge von 46 Liter pro Quadratmeter brachten. In der Nacht zum 24.05. hatte sich das mittlerweile okkludierte Tiefdruckgebiet CHRISTOFFER weiter nach Nordosten verlagert. Die Okklusionsfront, eine Mischfront mit Eigenschaften einer Kalt- sowie Warmfront, erstreckte sich weit verzweigt von Bulgarien, über die Ukraine und weit über Russland bis nach Finnland und Schweden. Von der Region über Moskau verlief die Warmfront des Systems geradlinig bis Kasachstan zum Kaspischen Meer. Auch hier fiel frontaler Niederschlag und es traten Gewitter auf, wodurch in Moskau innerhalb von 24 Stunden 19 Liter pro Quadratmeter fielen. Die Kaltfront des Systems erstreckte sich über die Ukraine und ging über dem Schwarzen Meer in ein  unbenanntes Tiefdruckgebiet über.

Am Folgetag lag der Wirbel CHRISTOFFER etwas weiter westlich, nahe Minsk. Eine Okklusionsfront erstreckte sich vom Kern über das Schwarze Meer bis Griechenland und eine weitere über die Ukraine bis nach Weißrussland von dort nach Nordosten über Russland. Die Kaltfront spaltete sich nahe Moskau von der Okklusion ab und zog sich in einem Bogen von Russland bis über die Region von Wolgograd. Die Warmfront erstreckte sich vom Kern ausgehend über Polen und Dänemark bis nach Südnorwegen. Mit der Verlagerung des Tiefdruckwirbels CHRISTOFFER breitete sich das umfangreiche Niederschlagsfeld über Nordpolen und Norddeutschland bis zur Nordsee aus. In der Nacht zum Folgetag fielen dadurch auf Rügen bis 06 Uhr UTC bereits 9 bis 10 Liter pro Quadratmeter, in den nachfolgenden Stunden wurden es in Angermünde sogar 11 Liter pro Quadratmeter. Die höchsten 24-stündigen Niederschlagsmengen traten jedoch im Westen Weißrusslands, sowie von Ostpolen bis nach Warschau auf. An einer Wetterstation in Warschau wurden in einem Zeitraum von 24 Stunden 46,4 Liter pro Quadratmeter gemessen. Das Niederschlagsmaximum lag in Brest mit 65 Liter pro Quadratmeter und an der weiter südlich gelegenen Station Vladimir waren es noch 56 Liter pro Quadratmeter.

Ein am 26.05. über Frankreich gelegenes Höhentief verlagerte sich zur Adria, wodurch das Bodentief CHRISTOFFER über den Bereich der unteren Oder transportiert wurde und am Mittag bereits den Berliner Raum überquerte. Feuchtwarme Luft über Schweden und der Ostsee prallte somit gegen die derzeit über Deutschland herrschende Kaltluft, sodass es vor allem über dem Nordosten Deutschlands zu großräumigen Hebungsprozessen und damit zu länger anhaltenden und sehr ergiebigen Niederschlägen kam. An der Wetterstation in Berlin-Dahlem fielen dadurch innerhalb von 24 Stunden 34,4 Liter pro Quadratmeter, an einer privaten Station in Berlin-Frohnau fiel sogar eine Niederschlagsmenge von 41 Litern pro Quadratmeter im selben Zeitraum. Im Harz fielen dagegen innerhalb eines Zeitraumes von 6 Stunden bis zu 18 Liter pro Quadratmeter. Mit Einfließen von warmer und sehr feuchter Luft stiegen die Temperaturen trotz meist geschlossener Wolkendecke in Norddeutschland auf 10 bis 13°C. Doch in den mittleren und höheren Lagen der Rhön, des Thüringer Waldes und des Erzgebirges fiel noch Schnee, sodass am Morgen dieses Tages auf dem Fichtelberg eine 1 cm und auf der Wasserkuppe eine 2 cm hohe Schneedecke gemessen werden konnte.

Der Tiefdruckwirbel CHRISTOFFER verlagerte sich zum 27.05. langsam vom Berliner Raum bis Sachsen und schwächte sich dabei etwas ab, sodass der Wirbel einen Kerndruck von nur noch 1007 hPa aufwies. Vom Kern erstreckte sich die Okklusionsfront über die Nordsee, sowie Skandinavien bis zum Baltikum und ging über Russland in die Kaltfront eines unbenannten Tiefs über. An der Westflanke des Tiefs CHRISTOFFER setzten sich die Starkniederschläge fort, wodurch auf dem Brocken im Harz innerhalb eines Zeitraumes von 48 Stunden 100,7 Liter und auf der Wasserkuppe 82,7 Liter pro Quadratmeter fielen. Zum Vergleich kamen in Hannover im selben Zeitraum 58,7 Liter pro Quadratmeter zusammen. An der auf 1437 m Höhe liegenden Station Großen Arber fielen 45,2 Liter Niederschlag pro Quadratmeter in fester Form, sodass am Morgen eine Schneehöhe von 30 cm gemessen werden konnte. Am Vormittag ließ die Niederschlagsaktivität allmählich nach und nur noch vereinzelt wurden 6-stündig mehr als 5 Liter pro Quadratmeter gemessen, so in Bremen
mit 8 Liter und in Weiden mit 7 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Im Bereich des Niederschlagfeldes blieb es mit Temperaturwerten von unter 10°C recht kühl, am Niederrhein und in Mecklenburg-Vorpommern stiegen die Temperaturen bei gelegentlichem Sonnenschein auf Werte um 18°C. In der Nacht zum 28.05. kühlte es sich insbesondere in Bayern stark ab, in Lechfeld ging die Temperatur bis 0,4°C, in Augsburg bis 0,9°C zurück.

Bis zum 28.05. wurde das Tief CHRISTOFFER in die Zirkulation des nachfolgenden Tiefs ERDMANN aufgenommen und konnte daher nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 

 


Geschrieben von Natja Ruth Bublitz

Berliner Wetterkarte: 26.05.2013

Pate: Christoffer Siems