Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet CHRISTOPH

(getauft am 27.07.2017)

 

Ende Juli war die großräumige Wetterlage über dem Atlantik geprägt von einer kräftigen Westwindströmung zwischen dem steuernden Islandtief BERNHARD und einem unbenannten Hochdruckgebiet südwestlich der Azoren. Diese markante Westwindströmung setzte sich auch in höheren Luftschichten der Troposphäre fort und kennzeichnete das Aufeinandertreffen von maritimer Polarluft und subtropischen Luftmassen. Solch eine Luftmassengrenze mit einem hohen Temperaturgradienten ist prädestiniert für die Entstehung und Weiterentwicklung neuer Tiefdruckgebiete.

Am 26.07. setzte die Entstehung eines Tiefdruckgebietes, die auch Zyklogenese genannt wird, an dieser Luftmassengrenze südlich von Neufundland ein. Der Druckfall im Zentrum setzte sich weiter fort, sodass der Kerndruck auf der Bodenanalyse um 01 Uhr MEZ des 27.07.2017 bereits auf unter 1010 hPa zurückging. Zu diesem Zeitpunkt war ersichtlich, dass sich das Tief weiter verstärken und eingelagert in der Westströmung Europa erreichen sowie Einfluss auf dessen Wettergeschehen nehmen wird. Folglich wurde das Tiefdruckgebiet auf den Namen CHRISTOPH getauft. Die Zyklone CHRISTOPH besaß zu diesem Zeitpunkt eine Warmfront, die sich nach Süden erstreckte und eine Kaltfront, die nach Westen hin die Luftmassengrenze am Boden markierte.

Bis zum folgenden Tag verlagerte sich Tief CHRISTOPH weiter Richtung Osten und wurde mit einem Kerndruck von unter 1005 hPa südwestlich von Irland analysiert. Das Frontensystem bestand nach wie vor aus einer Warmfront, die vom Tiefdruckkern nach Süden abging und einer Kaltfront, die sich nach Westen erstreckte. Im weiteren Verlauf zog die Zyklone CHRISTOPH an der Südflanke des steuernden Tiefs BERNHARD, welches sich nordwestlich von Schottland befand, als ein sogenanntes Randtief bzw. Schnellläufer nach Osten. Am Mittag um 13 Uhr MEZ wurde Tief CHRISTOPH mit einem Kerndruck von unter 1005 hPa etwas südlich der Irischen Küste lokalisiert. Die Warmfront reichte vom Zentrum bis an die Küste von Galicien. Die Kaltfront ging nun nach Südwesten ab und war der Warmfront schon deutlich näher als zuvor. Am Nachmittag schwenkte Tief CHRISTOPH dann auf eine nordwestliche Zugbahn, die Wales und den Norden von England beinhaltete. Am Nachmittag und Abend verstärkte sich der Druckunterschied südlich des Tiefdruckgebiets CHRISTOPH. Erhöhte Druckunterschiede werden von einer Zunahme der Windgeschwindigkeit wieder ausgeglichen. Diese Zunahme machte sich im Ärmelkanal sowie an der Südküste von England und Wales durch Sturmböen bemerkbar, wie zum Beispiel um 21 Uhr MEZ in Mumbles im Südwesten von Wales mit 76 km/h oder um 22 Uhr MEZ in St. Catherines Point an der Südküste Englands mit 72 km/h. Die höchsten Niederschlagssummen innerhalb von 24 Stunden wurden im Bereich des Tiefdruckkerns gemessen, da hier die Hebung der Luft nicht nur den höchsten Druckfall bewirkte, sondern dadurch auch der meiste Niederschlag produziert wurde. Die am nächsten Morgen gemeldeten Niederschlagsmengen betrugen im Süden von England zwischen 2 und 4 mm. In Wales wurden verbreitet über 10 mm registriert. Die Station Capel Curig meldete mit 24,8 mm die höchste Niederschlagsumme.

Auf der 01 Uhr MEZ-Bodenanalyse des 29.07.2017 wurde das Tiefdruckgebiet CHRISTOPH über der Nordsee östlich von England etwa auf Breite von Newcastle upon Tyne mit einem Kerndruck von unter 1005 hPa analysiert. Das Frontensystem bestand zu diesem Zeitpunkt aus einer Okklusion, die vom Tiefdruckkern nach Süden abging und in etwa bei Nottingham ihren Okklusionspunkt hatte. Eine Okklusion entsteht dadurch, dass die schnellere Kaltfront die vorlaufende Warmfront einholt und vom Boden anhebt. Die dadurch neu entstehende Mischfront wird in der Meteorologie Okklusion genannt. Der Punkt an dem die Kaltfront die Warmfront einholt, wird dabei als Okklusionspunkt bezeichnet. Die Warmfront wies vom Okklusionspunkt nach Süden über London bis über den Golf von Biskaya. Die Kaltfront verlief vom Okklusionspunkt beginnend über den Südwesten Englands. Im Laufe des Tages erreichte die Front Mitteleuropa und Skandinavien. Die 12-stündigen Niederschlagssummen lagen im Norden von Deutschland verbreitet zwischen 2 und 5 mm. In Schwerin wurden 11 mm und in Rotterdam 10 mm gemessen. An der Südwestküste von Norwegen, wo sich Tief CHRISTOPH am Abend befand, wurden an den Stationen Eik Hove 26 mm, Mandal II 12 mm und in Saerheim 16 mm registriert.

Am Folgetag um 01 Uhr MEZ befand sich Tief CHRISTOPH über dem Raum Oslo. Die Okklusion verlief vom Kern des Wirbels zunächst nach Osten und anschließend bogenförmig über Südschweden, wo diese sich dann in eine Kaltfront, die bis zur westlichen Ostsee reichte, und in eine bis nach Wien führende Warmfront aufspaltete. Bis zum Abend wurden nochmals 12-stündige Niederschlagsummen von 21 mm in Sjaelsmark nördlich von Koppenhagen, 35 mm im schwedischen Hastveda und ebenfalls 21 mm in Karlskrona gemessen.

Bis zum folgenden Tag löste sich das Tiefdruckgebiet CHRISTOPH vollständig auf und konnte daher auf der Berliner Wetterkarte vom 31.07.2017 nicht mehr namentlich verzeichnet werden.

 


Geschrieben am 10.10.2017 von Morten Kretschmer

Berliner Wetterkarte: 29.07.2017

Pate: Christoph Schmitt