Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet CLAUDIUS

(getauft am 24.05.2019)

 

Ein Tiefdruckgebiet über dem Nordatlantik näherte sich Anfang er dritten Maidekade recht langsam Europa. Anhand der Analysekarte für den 24.05.2019 um 02 Uhr MESZ wurde diese Zyklone auf den Namen CLAUDIUS getauft.

Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Zentrum des Tiefs rund 800 km südlich von Grönland mit einem Druck von circa 985 hPa. Die dazugehörenden Fronten erstreckten sich über weite Teile des Nord- und Nordostatlantiks. Im Nordwesten der Iberischen Halbinsel zogen im südlichen Bereich der Warmfront ein paar Wolkenfelder den Himmel entlang. In Wechselwirkung mit hohem Luftdruck über dem nordamerikanischen Festland kam es infolge des Druckausgleichs zu starkem Wind auf Grönland und Neufundland. Die mittlere Windgeschwindigkeit entsprach an der Südspitze Grönlands in Narsarsuaq Windstärke 8 oder in Bonavista auf Neufundland Windstärke 7.

Bis zum nächsten Tag hatte sich der Kern bei einem nahezu unveränderten minimalen Luftdruck des Wirbels CLAUDIUS nur leicht nach Westen verlagert, wobei das Einflussgebiet jedoch weiter nach Osten als am Vortag reichte. Die Okklusion erstreckte sich quer über den Nordatlantik vom Zentrum bis zum Okklusionspunkt, der rund 400 km südwestlich von Island lag. Von dort reichte die sichelförmige Warmfront bis über den Südwesten Irlands und die westliche Biskaya. An der sehr kurzen Kaltfront südlich des Okklusionspunktes schloss sich im weiteren Verlauf eine kleine Wellenstörung an. Die erwähnte Warmfront produzierte aber nicht viel Regen. Im einem Zeitraum von 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ betrug die maximale Niederschlagsmenge 2 l/m² auf der irischen Insel Valentia. Im Warmsektor hinter der Warmfront gelang mit einer südwestlichen Strömung maritime Subtropikluft in den südlichen Teil der Britischen Inseln. So stieg die Temperatur in Plymouth auf 20,7°C, in Larkhill zwischen Bristol und Southampton auf 22,9°C und in London auf 23,8°C.

Bei einer kleinen Verlagerung nach Osten und gleichzeitiger Abschwächung vergrößerte sich der Abstand zwischen dem Zentrum des Tiefs CLAUDIUS und dessen Okklusionspunkt bis zum darauffolgenden Tag weiter. Das hatte zur Folge, dass das Teiltief CLAUDIUS I bei einem Druck von knapp über 1000 hPa südlich von Grönland verharrte, während das neue Teiltief CLAUDIUS II im Verlauf der Mischfront 300 km südlich von Island entstand. Ein wenig südöstlich davon lag der Okklusionspunkt, von wo sich die hakenförmige Warmfront über Schottland, England und der Normandie erstreckte. Die Kaltfront, deren nördlicher Teil im Verlauf des Morgens des 26.05. Irland erreichte, verlief in einem Bogen über den nordöstlichen Teil des Atlantiks. Bei den Azoren ging diese Front in eine Warmfront über. Der meiste Regen fiel dabei im Bereich der aufsteigenden Luftmassen des Okklusionspunktes. In der genannten Zeitspanne kamen so 16 l/m² am schottischen Loch Glascarnoch oder 19 l/m² in Aviemore zusammen. Bei Schauerbildung infolge von Konvektionsprozessen wurden in Valentia 10 l/m² gemessen. Im Warmsektor wurden dabei noch im Osten Englands über 20°C erreicht, wie an der Station Shoeburyness Landwick an der Themsemündung mit 22,8°C und in Weybourne nördlich von Norwich mit 22,1°C. Nach der Passage der Kaltfront wurden in polarer Luft nur noch 9,9°C in Stornoway oder 14,2°C im nordirischen Ballypatrick erreicht.

Im Bereich des Jetstreams wurde der Tiefdruckkomplex CLAUDIUS nun immer weiter auseinandergezogen. Daraus entstanden entlang der wellenförmigen Okklusion bis zum 27.05. um 02 Uhr MESZ zwischen dem nördlichen Atlantik, Schottland und Dänemark drei Teiltiefdruckgebiete mit Kerndrücken zwischen knapp 1000 und 1010 hPa. In der Region des Wirbels CLAUDIUS III über Dänemark befand sich zudem der Okklusionspunkt. Die Warmfront verlief von diesem Punkt ostwärts bis nach Litauen, wo sie in die Kaltfront der Zyklone BERNHARD II überging. Die lange Kaltfront erstreckte sich von der westlichen Ostsee über die Niederlande und Belgien sowie den Nordwesten Frankreichs und der Biskaya bis zum nordöstlichen Atlantik. Bei den Azoren entwickelte sich ein kleines Tief, dessen kurze Warmfront in Verbindung mit der Kaltfront des Tiefs CLAUDIUS III stand. Länger anhaltender Regen fiel dabei in einem Streifen von der deutschen Ostseeküste bis zur belgisch-französischen Grenze. Im mecklenburgischen Barth waren es bis 08 Uhr MESZ in 12 Stunden 14,9 l/m², 13,2 l/m² in Itzehoe und 10 l/m² in Leeuwarden. Entlang der Mischfront waren in der gleichen Zeit lediglich 2 l/m² in Tylstrup bei Aalborg und 5 l/m² im schottischen Kinloss zusammengekommen. An der Warmfront, wo warme Luft langsam über eine vorlaufende kühlere Luftmasse aufstieg, regnete es in der genannten Zeit 6 l/m² in Klaipėda oder 4 l/m² in Łeba an der polnischen Ostseeküste. Mit dem Zufluss warmer Luftmassen aus dem Mittelmeerraum wurden im Warmsektor zwischen Warm- und Kaltfront Höchstwerte von 25,9°C in Wrocław und Warschau und 25,4°C an der Station Prag-Libus gemessen. Ansonsten waren es nur 14,0°C in Glasgow, 13,8°C in Belfast oder 14,7°C in Växjö im Süden Schwedens. Dort herrschte eher eine Luftmasse polaren Ursprungs vor.     

Einen Tag später lag das ehemalige Tiefdruckgebiet CLAUDIUS III über dem Südwesten Schwedens mit einem Druck von knapp 1000 hPa. Die übrigen Teiltiefs lösten sich im Bereich einer Kaltfront über der Nordsee und den Britischen Inseln auf, die in die Okklusion des Wirbels CLAUDIUS überging. Diese verlief über dem Kattegat und Skagerrak, das südwestliche Schweden und Finnland bis zum Okklusionspunkt, der sich über dem östlichen Teil des Finnischen Meerbusens befand. Die Warmfront erstreckte sich von dort circa 700 km nach Südosten über Russland. Die etwas kürzere Kaltfront lag bogenförmig über dem östlichen Baltikum, wo sich die Warmfront des Tiefs DIRK anschloss. Die Niederschlagsintensität ließ im Allgemeinen nach. Im Bereich der beschriebenen Fronten wurde nur lokal mehr als 10 l/m² innerhalb von 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ gemessen wie zum Beispiel an der westrussischen Station Wyschni Wolotschok mit 12 l/m². Mehrheitlich lagen die Regenmengen zwischen 1 l/m² in Gävle nördlich Stockholms, 3 l/m² in Sala bei Uppsala und 7 l/m² in Gårdsjö im Süden Schwedens. Luft aus dem östlichen Mittelmeerraum ließ dabei die Temperatur vor der Kaltfront auf 28,4°C in Moskau oder 25,7°C in Smolensk steigen. Hinter der Kaltfront und im Einflussgebiet der Mischfront waren es lediglich 16,5°C in Turku, 18,4°C in Tallinn und 15,5°C in Kopenhagen.

Am nächsten Tag, dem 29.05., befand sich der Kern mit einem minimalen Druck von ungefähr 1002 hPa noch immer nordwestlich von Stockholm. Der Okklusion über der Mitte Skandinaviens schloss sich eine andere Mischfront eines Tiefdruckgebietes zwischen Island und der Skandinavischen Halbinsel an. Vom Okklusionspunkt wenig nördlich des Zentrums verlief die Kaltfront über weite Teile der Ostsee nach Süden und Südwesten bis zu den Vogesen; eine weitere Okklusion verlief in nördlicher Richtung. An der Okklusion fielen dabei bis zu 16 l/m² in Meraker-Egge bei Trondheim oder 12 l/m² in Follinge nördlich von Östersund im erwähnten Zeitraum. Beim Durchzug von Schauern entlang der Kaltfront kamen lokal 3-stündige Regenmengen bis zu 20,4 l/m² im westfälischen Bad Sassendorf-Beusingsen und 10,2 l/m² in Dippoldiswalde-Reinberg südlich von Dresden zusammen. Diese entstanden, als sich relativ abrupt kalte Luft unter wärmere Luft schob und zum Aufsteigen zwang. In maritimer Arktikluft erreichten die Höchstwerte nach der Passage der Kaltfront 13,2°C in Göteborg, 13,6°C in Warnemünde oder 14,8°C in Cuxhaven.

Bis zum 30.05.19 um 02 Uhr MESZ verlagerte sich die Zyklone CLAUDIUS mit Kern nach Nordosten bis an die Nordküste des Bottnischen Meerbusens. Bei einem Minimaldruck von rund 999 hPa hatte es sich im Vergleich zum Vortag leicht verstärkt. Das Frontensystem bestand aber nur noch aus einer kurzen Okklusion über dem Norden Schwedens und Finnlands, wo die warme Luft komplett von kühlerer Luft am Boden verdrängt wurde. Dort fielen bis 08 Uhr MESZ in 12 Stunden beispielsweise 9 l/m² in Tromsø und 17 l/m² in Skibotn ebenfalls im Norden Norwegens. Dazu stieg die Temperatur an beiden Stationen auf 8,9°C bzw. 9,4°C. Im weiteren Verlauf ging diese Front in die Mischfront des Tiefs DIRK über. Mit der Verlagerung nach Norden rückte das Tief CLAUDIUS zudem näher an die arktischen Hochdruckgebiete heran, wodurch vereinzelt am Nordkap Sturmböen auftraten.

Die Mischfront des Wirbels CLAUDIUS verlief einen Tag später vom Zentrum 250 km nordöstlich der Lofoten wellenförmig nach Osten bis in den Nordwesten Russlands. Dort, nordwestlich des Urals, bestand weiterhin die Verbindung zum Tiefdruckgebiet DIRK. Mit einem Kerndruck von etwa 993 hPa verstärkte es sich ein wenig. Ganz im Norden Norwegens in Hammerfest fiel zum Beispiel an der Okklusion in der genannten Zeitspanne 8 l/m² bei einer Höchsttemperatur von 11,1°C. Im weiteren Verlauf der Okklusion erreichte die Temperatur Werte von 13,2°C in Ischma und 16,0°C in Uchta resultierend aus einem Warmluftvorstoss vor dem Wirbel ENNO.

Zum 01.06., dem meteorologischen Sommeranfang, verschwand das Tief CLAUDIUS von der Berliner Wetterkarte, weil sich das verstärkende Tiefdruckgebiet ENNO in Richtung des Polarhochs bewegte und sich infolge dessen die Zyklone CLAUDIUS auflöste.