Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet  CLAUS

(getauft am 27.02.2005)

 

 

Am 27. Februar entstand über dem Nordmeer, zwischen Grönland und Jan Mayen, ein Tiefdruckgebiet, das noch am selben Tag in der Berliner Wetterkarte auf den Namen CLAUS getauft wurde. In der letzten Februarwoche konnte man auf der Wetterkarte ein sehr interessantes Strömungsbild über dem Atlantik erkennen: Hoch DORIS, eine große hoch reichende Antizyklone befand sich mit ihrem Kern fast bei Island, während über Neufundland und Zentraleuropa zwei ausgedehnte Höhentröge zu finden waren. An der Ostflanke von Hoch DORIS entstand eine starke südliche Strömung mit der das Tief CLAUS in den nächsten Tagen nach Zentraleuropa wanderte.

In der Nacht zum 28.02. wanderte das Tief mit seinem Zentrum bis vor die Küste Norwegens und der Druck im Kern fiel auf cirka 1015 hPa. Die im Warmluftsektor mitgeführte milde Luft führte in Schweden und Norwegen zu starken Temperaturanstiegen, z.B. wurden in Trondheim am Abend des 27.02. abends noch -15°C registriert und nach Durchzug der Warmfront zeigte das Thermometer bereits +1°C. Zusätzlich machte sich beim Überströmen Skandinaviens ein Föhn-Effekt bemerkbar, der die Luft noch zusätzlich erwärmte.

Einen Tag später spaltete sich das Zentrum des Tiefs in zwei kleinere Teiltiefs CLAUS I, mit Zentrum über dem Dänemark, und CLAUS II, mit Zentrum über den Britischen Inseln, auf. Eine Wellenneubildung über der Nordsee führte zu erneuter Zyklogenese.

Am Morgen des 01.03. erreichten die ersten Ausläufer von CLAUS I Schleswig-Holstein und brachten zeitweise leichte Schneefälle. Am Vormittag griffen die Niederschläge weiter südwärts aus und erreichten gegen Mittag den Berliner Raum und hielten bis zum nächsten Tag unvermindert an. Trotz meist nur leichter Intensität erhöhte sich die Schneedecke in Berlin-Dahlem um 5 cm auf insgesamt 19 cm, wobei zwischen 06 UTC und 12 UTC 2,7 Liter Niederschlag pro Quadratmeter registriert wurden. Eine vergleichbar hohe Schneedecke mit mehr als 10 cm in der ersten Märzdekade gab es zuletzt im Jahr 2001 mit maximal 11 cm (5.3.). In den Jahren 1979, 1970 und 1965 wurden mit maximal 34 cm (1.), 49 cm (6.) bzw. 30 cm (4.) noch höhere Gesamtschneehöhen in diesem Zeitraum verzeichnet.

Bis zum 03.03. wanderte CLAUS von der südlichen Nordsee nach Frankreich. Dabei kam es insbesondere in den Niederlanden zu ungewöhnlich starkem Schneefall, der in den nördlichen Landesteilen Wassermengen von 10 bis 15 Liter pro Quadratmeter brachte. Nach einer Mitteilung des Niederländischen Wetterdienstes, die im Internet nachzulesen ist, fiel in einem ca. 50 km breiten und mehr als 100 km langen Streifen, der sich vom nördlichen Ijsselmeer ostwärts fast bis zur Ems hinzog, in den 24 Stunden vom 1. zum 2. März 06 UTC durchweg mehr als 30, vereinzelt sogar bis zu 50 cm Schnee (in Heeg). Es handelte sich um einen der heftigsten Schneefälle, die in dieser Region jemals aufgetreten sind.

Die Einbeziehung eines weiteren Kurzwellentroges am 04.03. führte zu einer Regenerierung des gealterten Tiefdruckwirbels und damit verstärkten sich in seinem Bereich die Hebungsvorgänge: Sie hatten über der Poebene starken Schneefall zur Folge, und beispielsweise lag in Vicenza der Schnee 21 cm hoch. Weiter südwärts kam es im Gebiet um Rom zu heftigen Gewittern, die der italienischen Hauptstadt 29 Liter pro Quadratmeter Niederschlag lieferten, wenig weiter östlich fielen in Frosinone sogar 74 Liter!

Einen Tag später verlagerte sich CLAUS vom zentralen Mittelmeer unter weiterer Verstärkung über den Balkan nach Rumänien. Die starken Aufgleitvorgänge der mitgeführten Warmluft auf die bodennahe Kaltluft sorgten für die Entstehung eines umfangreichen Starkschneefallgebietes über der Ukraine.

In der Nacht vom 05. zum 06.03. zwischen 18 und 06 UTC fielen dabei in Zitomir 22 l/m² (Schneehöhe dort 52 cm) und in Zitkovici 19 l/m² (Schneehöhe 39 cm). Im Warmsektor stieg die Temperatur am Schwarzen Meer in Burgas auf 13°C. Eine Verstärkung des mit CLAUS gekoppelten Höhenwirbels fand auch im Bodenniveau statt, da sich das Tief von Bulgarien aus nordwärts nach Weißrussland verlagerte und intensivierte. Die in seinem Bereich gehobene feucht-warme Mittelmeerluft führte wiederum zu ergiebigen Niederschlägen, die in der südlichen Ukraine teils als Regen, sonst aber als Schnee niedergingen. So stieg die Temperatur im oben erwähnten Zitomir auf +2°C an, gleichzeitig fielen von 06 bis 18 UTC weitere 18 l/m². Im nördlich gelegenen Zitkovici gab es 24-stündig sogar 23 l/m² und dort erhöhte sich die Schneedecke bis auf 50 cm.

Auch in der weißrussischen Hauptstadt Minsk schneite es kräftig (in 24 Stunden 18 l/m²), wobei dort nun 40 cm Schnee lagen. Das Schneefallgebiet erreichte noch den Osten Polens (Suwalki 4 l/m²), schwächte sich aber am Vormittag des 07.03. weitestgehend ab. Damit lag praktisch ganz Osteuropa im Einflussbereich arktischer Kaltluft und das nunmehr wenig wetteraktive und stark gealterte Tief CLAUS zog weiter ostwärts. Damit verschwand CLAUS aus dem europäischen Raum und somit auch von der Berliner Wetterkarte.

 


Geschrieben am 23.03.2005 von Robert Scholz

Wetterkarte: 01.03. bis 04.03.2005 [egal, alle ganz schön]

Pate: Claus Döhler