Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet DAGMAR

(getauft am 27.06.2018)

 

Im ausgeprägten Frontensystem einer unbenannten Zyklone, welche sich östlich von Spitzbergen befand, entwickelte sich am 27.06.2018 südlich von Island eine Tiefdruckzone im Bereich einer schwachen Wellenstörung. Im Laufe des Tages strömte die Zyklone weiter nach Westen, entlang der Höhenströmung in ca. 5,5 km Höhe.  Dadurch wurde eine Einflussnahme und Intensivierung des Wirbels für den mitteleuropäischen Raum vorhergesagt, sodass die Berliner Wetterkarte diese Zyklone in der Prognose für den Folgetag auf den Namen DAGMAR taufte.

Am nächsten Tag lag das Tief DAGMAR ca. 500 km westlich der Westküste Norwegens mit einem verhältnismäßig hohen Kerndruck von unter 1020 hPa. Je tiefer der Kerndruck, desto stärker ist auch der Einfluss des Wirbels. Die Kaltfront verlief nach Südwesten und ging in eine Warmfront über, welche sich südlich von Grönland auflöste. Die Warmfront verlagerte sich bis ins norwegische Trondheim. Dort ging sie in eine Kaltfront über, welche zu einem komplexen Frontensystem gehörte, das sich bis nach Nordrussland erstreckte. Warm- und Kaltfront bezeichnen hier die Grenze zwischen zwei unterschiedlich temperierten Luftmassen. Die Warmfront des Wirbels DAGMAR sorgte bei der Überquerung der Westküste Norwegens für teils starke orographisch bedingte Hebungsvorgänge, welche zu Niederschlägen führten. Somit konnten an den Küstenstationen vermehrt hohe Niederschlagswerte festgestellt werden. Spitzenreiter war Afjord li in der Nähe der norwegischen Großstadt Trondheim mit 19 mm. Außerdem frischte der Wind stark auf, sodass vor allem in den Mittagsstunden Sturmböen erreicht wurden. Auf dem stark exponierten Berg Juvvasshoe im skandinavischen Gebirge stürmte es besonders stark mit bis zu 111 km/h, dies entspricht auf der Beaufort Skala Windstärke 11, also gar orkanartigem Sturm. Die Kaltfront erreichte das Festland in der zweiten Tageshälfte, auch erkennbar an dem starken Temperatureinbruch im Vergleich zum Vortag.  Die Temperatur war um bis zu 12 Grad gesunken, von zum Beispiel 22°C am Vortag auf 10°C in Grotli. In der Nacht zum folgenden Tag sank die Temperatur im Gebirge sogar unter den Gefrierpunkt, die Frostgrenze lag je nach Region bei 1500 bis 2000 m. Allerdings fiel in der Nacht kaum noch Niederschlag, sodass es nur wenige Zentimeter Neuschnee gab.

Tiefdruckzone DAGMAR hatte sich am 29.06.2018 weiter bis zum nordwestlichen Russland verlagert, dies entsprach einer beachtlichen Fortbewegung von etwa 1500 km innerhalb eines Tages. Die Kaltfront verlief nach Südwest bis etwa Kopenhagen und ab dort Richtung Nordwesten und mündete im Einflussbereich von Hoch EKKEHARD über dem Atlantik in eine Warmfront. Die Warmfront von Zyklone DARGMAR erstreckte sich nach Südosten bis Moskau. Der Druck hatte sich zudem um mindestens 10 hPa auf unter 1010 hPa verringert. Allerdings war die Ausdehnung des Tiefdruckkomplexes begrenzt durch die 2 Hochdruckgebiete, welche Wirbel DAGMAR auf der Vorder- und Rückseite flankierten. Durch den aufkommenden starken Hochdruckeinfluss durch Antizyklone EKKEHARD sind die Auswirkungen durch die Kaltfront nur in einem kleinen Korridor in direkter Nähe der Frontengrenzen erkennbar. Durch die sehr trockene und stationäre Umgebungsluft der Antizyklonen reichten die Hebungsprozesse der Kaltfront meist nicht aus, um für konvektiven Niederschlag zu sorgen. Stärkere Windböen konnten nur im Riesengebirge auf den höchsten und somit auch exponiertesten Erhebungen verortet werden. Auf dem Sniezka, auch bekannt als Schneekuppe mit über 1600 m, konnten immerhin 83 km/h gemessen werden. Jedoch waren die Messwerte bezüglich starker Windböen und Niederschlagsmengen auf Grund der besonderen Wetterlage nicht außergewöhnlich. Mit dem Durchzug der Kaltfront kam es im Tagesverlauf zu einem Rückgang der Temperatur. In den Baltischen Staaten sank die Temperatur ab der Mittagszeit kontinuierlich leicht, obwohl das Temperaturmaximum normalerweise erst gegen 17 Uhr erreicht wird. In Kaunus, einer Stadt in Litauen, sank die Lufttemperatur von 26°C um 11 Uhr MESZ auf 19°C um 17 Uhr MESZ. Auch im Nordosten Deutschlands war dieser Trend zu erkennen, wobei in der Nähe der Ostseeküste, in Amram, die Temperatur ebenfalls um 6 Grad innerhalb von 3 Stunden während der Mittagszeit von 25 auf 19°C sank.

Am nächsten Tag hatte sich Wirbel DAGMAR nur langsam nach Nordosten verlagert. Der Grund dafür war eine Veränderung der Höhenströmung. Die starke Westströmung wurde wegen des blockierenden Hochdruckgebiets über Russland unterbrochen. Der Druck im Kernbereich konnte mit unter 1005 hPa bestimmt werden, wobei die Isobaren um das Tief DAGMAR nicht mehr umschlossen waren, ein Merkmal bei der Angleichung des Luftdrucks an die Umgebung. Außerdem hatte sich ein sehr komplexes Frontensystem ausgebildet, welches auch eine Okklusion beinhaltete. Die Okklusion war nur sehr kurz und erstreckte sich nach Nordosten bis zur russischen Großstadt Archangelsk. In der Nähe war auch der Okklusionspunkt verortet, wo sich die Front in eine Warm- und Kaltfront aufspaltet. Bei der Okklusionsfront handelt es sich um eine Mischfront, welche durch den Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront entsteht und die Eigenschaften beider Typen in sich vereint. Die Warmfront verlief nach Nordosten und löste sich östlich von Workuta auf, einer europäischen Stadt nördlich des Polarkreises. Die Kaltfront überquerte Moskau und ging bei Minsk in eine Warmfront über. Im weiteren Tagesverlauf verlagerte sich die Kaltfront noch weiter nach Südosteuropa, weil Antizyklone EKKEHARD sich schnell Richtung Mitteleuropa fortbewegte und das Frontensystem somit verdrängt wurde. Dadurch kam es besonders in Rumänien zu anhaltenden Niederschlägen, welche zum Teil schauerartig und gewittrig durchsetzt waren. Besonders in der Nähe des Gebirges fielen die Niederschlagsmengen durch die orographisch bedingte Hebung hoch aus. Das Berghotel Balea Lac hat eine eigene Messstation in den rumänischen Karpaten auf etwa 2040 m, welche insgesamt 59 mm erfasste. Aber auch im Flachland, wie in Bistrita, regnete es ergiebig mit 38 mm. Auf dem Varfu Omu wurden Windgeschwindigkeiten über 90 km/h gemessen, dieser ist allerdings sehr exponiert mit einer Höhe von 2509 m. Aber nicht nur in Rumänien gab es signifikantes Wetter, auch im Bereich der Gewitterfront an der westlichen russischen Grenze, in der Nähe von Vijaz Ma, östlich der Ukraine, gab es schwere Gewitter mit über 70 mm, vereinzelt sogar deutlich über 100 mm. An der Station Vijaz Ma fielen in der Nacht zum 1. Juli 67 mm.

Am ersten Julitag befand sich Wirbel DAGMAR südlich von Workuta, wobei das Tiefdruckgebiet von der südlichen Höhenströmung beeinflusst wurde. Somit strömte trockene Hochdruckluft von Hoch EKKEHARD in den Einflussbereich von Wirbel DAGMAR, sodass sich dieser abschwächte. Die Zyklone verfügte nur noch über ein sehr kurzes Frontensystem. Die Warmfront verlief nach Norden bis aus dem Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte. Die nach Süden gerichtete Kaltfront ging nach 600 km in die Warmfront eines unbenannten Tiefs nördlich des Schwarzen Meeres über. Auch an diesem Tag gab es vielerorts signifikantes Wetter in Russland. Schwerpunkte der Niederschläge waren östlich von Rumänien und im Nordwesten Russlands. An Hand der Niederschläge war das Frontensystem sehr gut nachvollziehbar, allerdings waren die Regenmengen nicht so erheblich wie am Vortag. Die Tagessieger wurden die Stationen Konevo mit 43 mm, Zukovka mit 38 mm und Tihvin mit 33 mm. Durch die Maximaltemperaturen im westlichen Russland war der Landregen auch gut nachvollziehbar. In vielen Regionen betrug die Maximaltemperatur für die Jahreszeit kalte 10 bis 15°C im Bereich der Front. Innerhalb von einer Luftlinie von etwa 200 km, war ein Temperatursturz von bis zu 17 Grad erkennbar. In Yaksha wurde am Nachmittag noch eine Höchsttemperatur von 29°C erreicht. Nordwestlich davon, in Uchta, brach die Temperatur durch den Durchzug der Kaltfront bereits am Vormittag ein und es wurden nur 12°C erreicht. Im weiteren Verlauf des Tages schwächte sich Zyklone DAGMAR dann so stark ab und verlagerte sich gleichzeitig weiter nach Osten, dass sie keinen Einfluss mehr auf das Wettergeschehen in Mitteleuropa hatte und von den Wetterkarten verschwand.