Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet DANIELLE

(getauft am 18.10.2016)

 

Am 17. Oktober zog ein schon seit mehreren Tagen existierender nordwesteuropäischer Höhentrog, ein mit kalter Luft angefülltes Gebilde tiefen Potentials in einer Höhe von etwa 5,5 km, weiter Richtung Osten. Darin eingebettet bildete sich ein abgeschlossenes Höhentief aus. Korrespondierend dazu befand sich über Südgrönland ein unbenanntes Bodentief, dessen Fronten zunehmend der Okklusion ausgesetzt waren. Eine Okklusion wird auch als Mischfront bezeichnet, wobei die schneller ziehende Kaltfront die vor ihr ziehende Warmfront eingeholt und die warme Luft vom Boden angehoben hat. Somit entsteht mit der Okklusion ein Frontentyp, der die Eigenschaften von Kalt- und Warmfronten in sich vereint. Beeinflusst durch das abgeschlossene Höhentief sowie dem unbenannten Südgrönlandtief und seiner Okklusion ging in der zweiten Tageshälfte ein weiterer kleiner Tiefdruckwirbel hervor. Da sich dieser Wirbel weiter nach Südosten bewegte und somit voraussichtlich auf das Wetter in Mitteleuropa Einfluss nehmen wird, wurde er in der Analyse der Berliner Wetterkarte am 18. Oktober um 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, auf den Namen DANIELLE getauft. Zu diesem Zeitpunkt lag das Zentrum von Tief DANIELLE nordwestlich von Schottland, unweit vom Zentrum des Tiefdruckwirbels CHRISTA, welches vor dem Tief DANIELLE das Wettergeschehen in Mittel- und Nordwesteuropa beeinflusste und anschließend nach Norden bis außerhalb des Analysebereichs der Berliner Wetterkarte zog. Der Kerndruck der Zyklone DANIELLE betrug zu diesem Zeitpunkt knapp unter 1005 hPa. Vom Kern Richtung Süden abgehend befand sich eine kurze Okklusionsfront, die bereits über Nordirland in eine Kaltfront überging, welche sich bogenförmig nach Südwesten bis über den Nordatlantik erstreckte. Mit einer starken Strömung aus Nordwesten zog die Zyklone korrespondierend zum Höhentief rasch im Tagesverlauf südostwärts über Großbritannien hinweg. Bis 06 Uhr UTC des 18. Oktobers sorgte Tief DANIELLE innerhalb von 6 Stunden nach einem Kaltfrontdurchgang in Nordengland, Wales, Schottland und Nordirland für Niederschlagssummen zwischen 2 und 8 mm. Örtlich wurden sogar zweistellige Werte gemessen, wie z.B. in Ceredigion, eine Region im Westen von Wales, mit 12 mm. Ebenso wurden an der Wetterstation in Eskdalemuir, eine kleine schottische Ortschaft, 13 mm registriert. Dieser Ort ist für seine Wetterstation bekannt, da dort einst der Erfinder der numerischen Wettervorhersage, Lewis Fry Richardson, gearbeitet hat. Bis 18 Uhr UTC erreichte die Kaltfront dann Nordfrankreich, Belgien, die Niederlande und den Nordwesten Deutschlands, wo sie ebenfalls 6-stündig für 2 bis 8 mm Niederschlag sorgte. Am meisten fiel jedoch mit 15 mm in einer niederländischen Gemeinde an der Nordseeküste namens Den Helder.

Um 00 Uhr UTC des Folgetages war die Okklusions- und Kaltfront bereits über große Bereiche Deutschlands hinweg gezogen und sorgte für weitere 10 mm Niederschlag innerhalb 6 Stunden im niederländischen Den Helder. Im Norden und Westen Deutschlands kamen 2 bis 4 mm zusammen. Tief DANIELLE brachte kühle Subpolarluft mit sich und durch den Kaltfrontdurchgang konnten am 18. Oktober in Edinburgh nur noch 11°C gemessen werden, also 4 Grad Unterschied zum vorangegangenen Tag. In Deutschland wurden nach dem Durchgang der Kaltfront am 19. Oktober verbreitet sogar Werte unter 10°C vermerkt, wie z.B. in Cuxhaven. Dort konnte am Vortag noch eine Tageshöchsttemperatur von 14°C gemessen werden. In Coburg stellte man sogar 7 Grad Unterschied zum Vortag fest. Am 18. Oktober waren es noch 16°C als Tageshöchstwert und am Folgetag nur noch 9°C. Der Kern von Tief DANIELLE lag am 19. Oktober mit einem abgeschwächten Kerndruck von knapp 1010 hPa über der Nordsee. Vom Kern nach Norden abgehend verlief die Okklusionsfront bogenförmig nach Osten, wo sie dann in etwa auf Höhe von Dresden in eine Kaltfront überging, die sich weiter über Frankreich bis hin zur Biskaya erstreckte. Im Tagesverlauf okkludierte die Front immer weiter und verlief spiralförmig um den Kern. Ausgelöst wurde dieser Prozess durch Vorgänge in höheren Atmosphärenschichten. Im Tagesverlauf deutete sich in der Troposphäre, genauer in einer Höhe von ca. 5,5 km, ein sogenanntes Cut Off-Tief an. Ein Cut Off entsteht als ein Produkt eines Abschnürungsprozesses innerhalb eines langwelligen Troges in der mittleren und höheren Troposphäre. Zu diesem Zeitpunkt war auf der 500 hPa-Geopotentialkarte eine nach Süden gerichtete Ausbuchtung des Höhentroges zu erkennen. Im Laufe des Tages reifte der Cut Off-Prozess aus, die Ausbuchtung wurde von der eigentlichen Höhenströmung abgelöst wodurch der Cut Off nun eigenständig ohne Bodenkontakt war. Diese spiralförmig um den Kern angelegten Fronten finden sich auch in der Niederschlagsverteilung wieder. So gab es in großen Teilen Deutschlands Niederschlagssummen zwischen 1 und 9 mm. Höhere Niederschlagswerte konnte man spiralförmig in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen verzeichnen. Eine der höchsten Niederschlagssummen wurde in Salzhemmendorf-Lauenstein mit über 45 mm innerhalb von 24 Stunden bis zum Nachttermin des Folgetages registriert.

Bis zum Folgetag verlagerte sich der Tiefdruckkern der Zyklone DANIELLE zwischen Hannover und Magdeburg und wies um 00 Uhr UTC einen leicht angestiegenen Luftdruck von ca. 1011 hPa auf. Zu diesem Zeitpunkt war der Tiefdruckwirbel durch spiralförmig um den Kern angeordnete Wolken- und Regenbänder gekennzeichnet. Auch in höheren Atmosphärenschichten war dies als kreisrundes Gebilde zu erkennen. Ebenso lässt sich erneut bei der Niederschlagsverteilung die spiralförmige Form erkennen. So gab es bis 06 Uhr UTC des Folgetages entlang der Okklusionsfront vom Tiefdruckwirbel DANIELLE in einem Bogen von Südschweden über Zentralpolen, Slowakei bis zum Adriatischen Meer 24-stündigen Niederschlag mit Regensummen zwischen 11 und 26 mm. Vereinzelt gab es sogar Niederschlagsmengen über 30 mm, wie z.B. in Lodz mit 31 mm, im slowenischen Ljubljana mit 32 mm und im kroatischen Dubrovnik mit 45 mm. In Deutschland wurden die höchsten Niederschlagsmengen ebenfalls entlang der Okklusionsfront registriert, angefangen beim Ruhrgebiet, über den Norden Baden-Württembergs und Bayerns hinweg bis zur Tschechischen Republik. Dabei fielen die größten Niederschlagssummen im Rhein-Neckar-Kreis, in Waibstadt bei Heidelberg mit 46 mm. Der Himmel über Deutschland war größtenteils mit einer dichten Wolkendecke überzogen. Nur ganz vereinzelt gab es wenige Sonnenstunden. So lagen die Höchsttemperaturen im Nord- und Südwesten Brandenburgs sowie im Süden Bayerns bei 2 bis 4 Sonnenstunden zwischen 11 und 12°C, während sie in den restlichen Landesteilen knapp die 10°C Marke erreichten.

Bis zum 21. Oktober verlagerte sich der immer weiter abschwächende Tiefdruckkern nur etwa 200 km südwärts über Südniedersachsen und wies einen leicht erhöhten Kerndruck von ca. 1013 hPa auf. Etwas nördlich vom Kern verlief die Okklusionsfront in einem Bogen nach Südosten, bis sie sich wenige Kilometer westlich von Warschau am Okklusionspunkt in eine Warmfront, die sich nach Osten über das Schwarze Meer erstreckte und eine Kaltfront, die sich nach Südwesten bog, bis sie über der kroatisch adriatischen Küste in eine Warmfront überging, aufteilte. Dabei kann man auf der Berliner Wetterkarte gut erkennen, dass das Cut Off-Tief von Hochdruckgebieten umgeben war und daher keine Möglichkeit hatte in eine bestimmte Richtung auszuweichen. Somit wurde der Cut Off gezwungen an Ort und Stelle zu verharren und um sich selbst zu drehen. Daher bekam es eine blockierende Wirkung und konnte über mehrere Tage hinweg das gleiche Gebiet beeinflussen. Dabei blieb die kalte Luft im Kern des Cut Offs erhalten, da die Zufuhr von Warmluft, die zur Durchmischung und damit zum Abbau der Kaltluft bzw. des Cut Offs führen könnte, fehlte. Das Cut Off-Tief sorgte daher am 21. Oktober über Deutschland erneut für viele dichte Wolken und immer wieder Regenfälle bei erneut niedrigen Temperaturen. Die Höchstwerte stiegen dabei in großen Teilen Deutschlands, ausgenommen in Schleswig-Holstein, nicht über 10°C. Am Flughafen in Kassel wurden nur 7°C und am Schönefelder Flughafen in Berlin 9°C vermerkt. Die Regenfront von Tief DANIELLE über Osteuropa verlagerte sich nur geringfügig nach Osten, so dass bis zum 06 Uhr UTC-Termin innerhalb von 24 Stunden von der Südostküste Schwedens über die Osthälfte Polens sowie über das Grenzgebiet Ungarn-Rumänien bis zum Adriatischen Meer und zur Westküste Griechenlands Niederschlagsmengen zwischen 11 und 26 mm registriert wurden. Die größten Regensummen mit knapp über 30 mm wurden im Osten der Slowakei und Ungarns sowie auf der griechischen Insel Kefalonia am Ausgang des Golfs von Patras mit 50 mm gemessen. Außerdem gab es im Bereich des Kerns über Südniedersachsen und Umgebung im gleichen Zeitraum ebenfalls Niederschlagssummen von 11 bis 26 mm. Im Landkreis Osterode am Harz wurden in Herzberg-Lonau sogar 29 mm verzeichnet.

Noch bis zum 22. Oktober beeinflusste das Cut Off-Tief bei langsamer Nordverlagerung Deutschland. Dann füllte sich das Tief in Bodennähe allmählich auf, verlor somit seine Verbindung zum Erdboden und verwandelte sich dadurch in einen Kaltlufttropfen, welcher in Richtung Norden zog. Im weiteren Verlauf gliederte sich der Kaltlufttropfen wieder in die Höhenströmung ein und entschwand mit ihr. Um 00 Uhr UTC befand sich der Kern von Tief DANIELLE mit gleichbleibendem Kerndruck frontenlos über Norddeutschland. Über Osteuropa hatten sich unterdessen zwei weitere unbenannte Tiefdruckgebiete gebildet und sich dem ehemaligen Frontensystem von Tief DANIELLE angenommen. In Mittel- und Norddeutschland sorgte das Tief noch für Niederschlag, allerdings für geringere Mengen als die Tage zuvor, bedingt durch die fehlenden Fronten. Die Niederschlagssummen lagen in etwa bei 1 bis 10 mm innerhalb von 24 Stunden bis zum Folgetag 06 Uhr UTC. Lediglich in Schleswig-Holstein wurde die 10 mm Marke überstritten. So fielen 12 mm in Köhn bei Kiel und 16 mm im zentral gelegenen Hohn.

Am 23. Oktober um 00 Uhr UTC befand sich der nur noch sehr schwach ausgeprägte Kern von Tief DANIELLE mit einer geringeren Ausdehnung als am Vortag und einem leicht angestiegenen Luftdruck von etwa 1014 hPa über Schleswig-Holstein. Bereits in den Vormittagsstunden löste sich das Tief vollständig auf. Infolgedessen konnte Tief DANIELLE am 23. Oktober das letzte Mal als eigenständiges Tiefdruckgebilde auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet werden.

 


Geschrieben am 10.01.2017 von Lisa-Marie Schulze

Berliner Wetterkarte: 20.10.2016

Pate: Danielle Schulz-Holzky