Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet DANKMAR

(getauft am 17.05.2017)

 

Am 17.05 wurde anhand einer Prognose für 12 Uhr UTC, also 13 Uhr MEZ, des folgenden Tages die Entstehung eines Tiefdruckwirbels über Zentralfrankreich vorhergesagt und auf den Namen DANKMAR getauft. Dieser Wirbel ging bereits in der Nacht zum 17.05. aus einer sich wellenförmig deformierenden und sich vom Atlantik in Richtung Westeuropa verlagernden Front des sich zu diesem Zeitpunkt über Island befindenden Tiefdruckkomplexes ALEXANDER-BEN hervor. Entlang derer entstand zeitgleich auch das Tief CHRISTIAN mit Kern über Großbritannien.

Vom Atlantik in Richtung europäisches Festland ziehend befand sich das Zentrum der sich entwickelnden Zyklone DANKMAR am 18.05. gegen 00 Uhr UTC mit einem Kerndruck von unter 1015 hPa über dem zentralen Spanien nahe Madrid und somit noch etwa 1100 Kilometer südwestlich der für 12 Uhr UTC prognostizierten Position. Vom Kern des Wirbels DANKMAR erstreckte sich zum einen eine kleinskalige und sich nahe Santander mit der Kaltfront des Tiefs CHRISTIAN verbindende Warmfront nach Nordosten und zum anderen eine über Sevilla und Madeira auf den Atlantik ziehende Kaltfront nach Südwesten. Hebungsprozesse entlang des nach Osten voranschreitenden Frontensystems ließen zunächst über Spanien ein Niederschlagsband entstehen, welches an Intensität rasch gewinnend im Tagesverlauf über Frankreich nach Norden zog und bis zum Morgen auch den Süden Englands, die Schweiz sowie Südwestdeutschland erreicht hatte. Während innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages in San Sebastian bereits 18,4 mm gemessen wurden, fielen die Niederschläge über Frankreich, Teilen Deutschlands und der Schweiz wesentlich intensiver aus. So wurden im selben Zeitraum durch teils gewittrige Schauer in Aurillac 37,1 mm, in Würzburg 39,5 mm und in Abbeville 44,7 mm registriert. Am Lago di Robiei in der Schweiz fielen bis zu 44,8 mm. Ähnlich ergiebig waren die Niederschläge ebenfalls über Südostengland und dem Nordosten Frankreichs. Binnen 12 Stunden meldete Shoeburyness, an der Themsemündung gelegen, Regenmengen von 19 mm, und Dünkirchen in nur 3 Stunden bis zu 28 mm.

Innerhalb nur eines Tages hatte sich das Tiefdruckgebiet DANKMAR von Madrid über Clermont-Ferrand und das Zentralmassiv hinweg nach Nordosten verlagert und befand sich am 19.05. gegen 00 Uhr UTC mit einem um ca. 5 hPa gefallenem Druck vor der niederländischen Küste, unweit von Rotterdam. Vom Zentrum des Tiefs DANKMAR reichte die Warmfront entlang der deutschen Nordseeküste bis nach Flensburg, wo sie sich erneut mit dem Frontensystem des von der Nordsee nach Skandinavien gezogenen Wirbels CHRISTAN verband. Die der Warmfront nacheilende Kaltfront erstreckte sich vom Zentrum des Tiefs DANKMAR über Luxemburg, Genf und Marseille bis nach Ibiza. Mit dem Wirbel verlagerte das Hauptniederschlagsband unter fortschreitender Abschwächung seinen Schwerpunkt von Nordfrankreich über England in Richtung Schottland. Bevor die Niederschläge aus Frankreich abzogen, wurden vierundzwanzigstündig in Strassbourg noch 12,2 mm, in Colmar 14 mm und in Rennes 15,6 mm registriert. Im Gegensatz dazu fielen die Niederschläge über weiten Teilen Großbritanniens bereits weniger intensiv aus. So meldeten Shap 6,0 mm, Shobdon 8,6 mm und Benson 9,2 mm. Entlang des nach Nordosten verlagernden Frontensystems hatte sich das Niederschlagsfeld auch auf Deutschland ausgeweitet, über dem sich zuvor eine markante Luftmassengrenze eingestellt hatte, während der westliche und südliche Alpenraum zunehmend durch eine im Tagesverlauf bei Genua entstehende Zyklone beeinflusst wurde. Ehe diese Zyklone für die Region wetterbestimmend war und somit Tief DANKMAR seinen direkten Einfluss verlor, fielen bis 18 Uhr UTC durch Schauer und Gewitter binnen 12 Stunden in Turin 23 mm, in Wildegg 33,9 mm und am Lago di Robiei bis zu 38 mm. Über Deutschland führte die Luftmassengrenze, die sich bereits am Vortag ausprägen konnte, zu einer Teilung in eine heiße Ost- und in eine kühle, durch einfließende Meeresluft geprägte, Westhälfte. Stiegen die Tageshöchstwerte in Dresden auf 27,7°C und in Berlin-Tegel auf bis zu 30,6°C an, lagen die Maxima in Essen bei 13,4°C und in Tholey, im Saarland gelegen, bei 11,1°C. Im Bereich zwischen den Temperaturgegensätzen führten anhaltender und gewittrig durchsetzter Regen ebenfalls örtlich ergiebige Regenmengen mit sich, wodurch sich in Fassberg bis 6 Uhr UTC ein vierundzwanzigstündiger Niederschlag von 32,1 mm summierte. Am Flughafen Fuhlsbüttel wurden zudem 37,1 mm und in Wernigerode bis zu 43,8 mm gemessen.

Zum 20.05. hatte der Tiefdruckwirbel DANKMAR bereits an Zuggeschwindigkeit eingebüßt und befand sich mit einem nur geringfügig geänderten Kerndruck von circa 1010 hPa über der zentralen Nordsee, östlich von Edinburgh. Die Warmfront des Wirbels war von der Kaltfront vollständig eingeholt worden, sodass sich entlang derer eine sogenannte Okklusionsfront hat ausbilden können. Diese Okklusionsfront, die Eigenschaften beider Frontensysteme in sich vereint, zog sich westlich vom Kern ausgehend in einem Bogen um das Zentrum herum über Südnorwegen Richtung Südosten und ging nördlich von Ålborg in die Warmfront eines anderen, unbenannten Tiefs über, das sich tags zuvor im Bereich einer Konvergenzzone, also in einer Zone vermehrten Luftaufsteigens, über Deutschland entwickelt hatte und im Verbund mit dem sogenannten Genuatief für Mittel- und Südosteuropa wetterbestimmend wurde. Die dem Tief DANKMAR zuzuordnenden Niederschläge konzentrierten sich im Wesentlichen auf Großbritannien und auf das Seegebiet nördlich von Schottland bis hin zu den Färöern sowie, im geringeren Ausmaß, auf Teile Südnorwegens. Über der Nordsee hatten die Niederschläge noch einmal leicht an Intensität gewinnen können wodurch sich besonders über Schottland und den Shetland Inseln nochmals teils ergiebige Regenmengen hatten bilden können. Beispielsweise meldete die Messstation in Lossiemouth einen 24-stündigen Niederschlag von 15,6 mm, auf der Fair Isle wurden 16,2 mm registriert und am Capel Curig, dem höchsten Berg Schottlands, fielen bis zu 18,6 mm. Im selben Zeitraum fielen in Bergen 1,3 mm, bei Vågsli 3,4 mm und am Leuchtturm von Lista 5,9 mm meist leichten, lokal auch schauerartig verstärkten Regens. Die Luftmassengrenze über Deutschland war derweil nach Osten abgezogen, wodurch die subtropische Heißluft durch subpolare Luftmassen verdrängt wurde und die Tageshöchstwerte zumeist zwischen 15 bis 18°C lagen. Lediglich im Raum Sachsen sowie in Teilen Nordbayerns wurde die 20°C-Marke knapp überschritten.

Gegenüber dem Vortag war das Zentrum des Tiefdruckwirbels DANKMAR nach Westen abgedreht und lag mit einem auf rund 1005 hPa gesunkenen Kerndruck südwestlich der Färöer. Eine ausgedehnte jedoch kaum noch wetteraktive Okklusionsfront reichte vom Kern ausgehend nördlich der Färöer vorbei nach Osten bis etwa Røros in Norwegen und von dort weiter, am Boden den Charakter einer Kaltfront annehmend, in südöstlicher Richtung über Schweden, Kaliningrad und das polnische Lublin bis südlich von Budapest. Zusätzlich ging nahe Røros von der Oklusionsfront eine Kaltfront ab, die sich über die Ostsee hinweg bis nach Riga erstreckte und sich im weiteren Verlauf mit dem Frontensystem des nach Sibirien abziehenden Wirbels CHRISTIAN verband. Tief DANKMAR hingegen schwächte sich im Laufe des Tages zunehmend ab. Bis 12 Uhr UTC ging es in die Zirkulation des von Westen heranziehenden Tiefdrucksystem EKKEHARD über, sodass der 21.05. zugleich der letzte Tag war, an dem Tief DANKMAR auf der Berliner Wetterkarte als eigenständiger Wirbel analysiert und namentlich verzeichnet werden konnte.


 

Geschrieben am 27.07.2017 von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 19.05. 2017

Pate: Dankmar Flachsbarth