Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet DEIRDRE

(getauft am 25.03.2018)

 

In der Nacht zum 25.03.2018 entwickelte sich etwa 700 km östlich von Neufundland ein Tiefdruckgebiet entlang der zonal geprägten Struktur der Polarfront, die sich über den Nordatlantik und den mitteleuropäischen Raum erstreckte. Die Polarfront bezeichnet die Grenze zwischen polarer Kaltluft und subtropischer Warmluft. Im Laufe des Tages strömte die Zyklone mit der Höhenströmung in 5,5 km Höhe in Richtung Mitteleuropa, wodurch für dieses Druckgebilde eine Einflussnahme auf das europäische Wettergeschehen vorhergesagt wurde. Somit taufte die Berliner Wetterkarte die Zyklone in der Analysekarte am 25.03.2018 auf den Namen DEIRDRE.

Bereits am Tauftag besaß das Gebilde ein sehr fortgeschrittenes Frontensystem, welches sich aus einer Warmfront, einer Kaltfront und einer Okklusion zusammensetzte. Warm- und Kaltfront bezeichnen hier die Grenze zwischen zwei unterschiedlich temperierten Luftmassen. Bei der Okklusionsfront handelt es sich hingegen um eine Mischfront, welche durch den Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront entsteht und die Eigenschaften beider Typen in sich vereint.

Bis zum 27.03.2018 um 02 Uhr MESZ verlagerte sich der Wirbel DEIRDRE unter weiterer Verstärkung auf 900 hPa mit der Westströmung bis ca. 450 km nordwestlich von Irland. Die Okklusionsfront verlief nun vom Kern aus in nordwestliche Richtung wo sie in ein Tiefdrucksystem überging, das sich wenige Kilometer östlich der Südspitze Grönlands befand. Die Kaltfront verlief vom Okklusionspunkt aus in westliche Richtung, wo sie sich mit der Warmfront des Tiefs ELISABETH verband, wohingegen sich die Warmfront im langgestreckten Bogen von Irland über den Ärmelkanal bis nach Lissabon erstreckte. Der Schwerpunkt der Wetteraktivität der Zyklone DEIRDRE beschränkte sich auf eine sehr kleine Region im westlichen Island. In dieser Region sorgte das Regenfeld der okkludierten Front in einem 6-stündigen Zeitintervall bis 02 Uhr MESZ für Niederschlagsmengen von 20 mm in Bildudalur, sowie 19 mm in Talknafjordur. Diese Niederschläge setzten sich im isländischen Raum auch in den folgenden Stunden fort, blieben dabei jedoch weiterhin auf kleine lokale Regionen beschränkt. Darüber hinaus wurden in erhöhten und exponierten Lagen bis in die frühen Morgenstunden hinein im 10-Minuten-Wind-Mittel häufig Windstärken von 9 bis 12 erreicht. Deutlich großflächigere Niederschlagsfelder wurden im Laufe des Tages und auch am Abend im Bereich der Britischen Inseln registriert. Hier sorgte der Durchgang der Okklusion zunächst für Niederschläge leichter Intensität. So wurden in vielen Regionen Englands und Schottlands in einem 6-stündigen Messintervall zwischen 08 Uhr MESZ und 14 Uhr MESZ Niederschlagshöhen von maximal 3 bis 6 mm gemessen, so zum Beispiel auch in Aberdeen, in der Region um Walney Island und in Capel Curig. In Irland brachte der Frontendurchgang hingegen geringfügig niedrigere Niederschlagsmengen mit sich.

Zum 28.03.2018 hat sich der Kern der Zyklone DEIRDRE bei weiterem Druckfall nur ca. 100 km in nordöstliche Richtung verlagert. Die Ursache für die relativ träge Verlagerung des Tiefdruckgebiets lag an der Konstellation der umliegenden Druckgebilde, genauer gesagt die der Hochdruckgebiete. Die betrachtete Zyklone DEIRDRE wurde in allen Himmelsrichtungen von Hochdruckkomplexen flankiert, sodass sich eine Blockierung einstellte und die Westströmung abgeschwächt wurde. Diese Konstellation hatte nicht nur einen Einfluss auf die Verlagerung des Kerns, sondern ebenso auf die Verlagerung der Fronten. Diese wurden durch die Flankierung der Hochdruckgebiete zu quasistationären Fronten, wodurch die Niederschläge in bestimmten Regionen sehr langwierig und zuletzt auch sehr intensiv ausfielen. So sorgte der stationäre Charakter der Okklusionsfront in Island während eines Zeitraums von 08 Uhr MESZ bis 20 Uhr MESZ für mäßige, zum Teil auch kräftige und von Schauern begleiteten Niederschlägen, die in Sandbudir 87 mm, in Seydisfjordur 29 mm und im Bereich um Hallormsstadur 22 mm brachten. Die äußerst hohen Niederschlagsmengen von 87 mm erklären sich durch die exponierte und besonders hohe Lage von 820 m ü. NN. Durch solche topographischen Erhebungen werden die feuchten Luftmassen entlang des Gebirgszugs zum orographischen Aufstieg gezwungen, wobei es zu Abkühlungs- und Kondensationsprozessen kommt, sodass die Niederschläge meist intensiver ausfallen, als in ebenen Regionen nahe des Meeresspiegels. Auf der anderen Seite waren die Niederschläge im Bereich der Warm- und Kaltfront – sprich im Norden Frankreichs, im Westen Deutschlands sowie in den Benelux-Staaten – von längerer Dauer und weitläufiger, dafür jedoch nicht ganz so kräftig. So sorgten die Niederschlagsfelder in den soeben genannten Regionen in einem Zeitfenster von 24 Stunden für 10 mm in Deauville, 13 mm in De Bilt und 14 mm in Bremerhaven.

Zum 29.03.2018 verlagerte sich die Zyklone DEIRDRE mit der Höhenströmung und einem Kerndruck von etwa 985 hPa ca. 300 km in Richtung Südwesten, bis der Kern des Wirbels um 02 Uhr MESZ ungefähr 350 km südlich der Stadt Reykjavik zu verorten war. Diese Verlagerung verlief im Vergleich zum Vortag deutlich rasanter, was unter anderem dem Umstand zuzuschreiben ist, dass sich die Antizyklonen auf der Ost- und Westseite der Zyklone DEIRDRE deutlich abschwächten und somit an Einfluss verloren, wodurch deutlich mehr Dynamik in Bezug auf Kern und Front zu beobachten war. Während dieser Verlagerungsprozess stattfand, hatte die schneller strömende Kaltfront die Warmfront eingeholt, bis das Frontensystem von Tief DEIRDRE zum Analysezeitpunkt schließlich vollständig in eine Okklusion übergegangen war. Dieses Stadium markiert in der Regel das Ende des Lebenszyklus einer Zyklone, da im Bereich der Okklusion die Temperaturgegensätze abgebaut werden und somit die Energiezufuhr für die zyklonale Rotation abbricht. Dennoch sorgten die Regenfelder in einigen Regionen Islands nochmals für intensive und von Schauern, sowie von Schneeregen begleiteten Niederschlägen. So wurde in einem 12-stündigen Messintervall von 08 bis 20 Uhr MESZ in Sandbudir 48 mm, in Neskaupstadur 35 mm und in Faskrudsfjordur 34 mm registriert.

Bis zum 30.03.2018 strömte der Tiefdruckkomplex in Richtung Süden und entwickelte sich zu einem Druckgebilde mit zwei Kernen, wobei sich beide Frontensysteme aus relativ kurzen und konvex gebogenen Okklusionen zusammensetzten. Darüber hinaus besaß der zweite Kern eine sehr kleinskalige Kaltfront, die sich mit der Warmfront eines Tiefdrucksystems verband, welches über der Biskaya zu verorten war. Der erste Kern befand sich mit einem Druck von knapp unter 995 hPa zum Analysezeitpunkt um
02 Uhr MESZ etwa 200 km südwestlich der irischen Küste, wohingegen sich der zweite Kern mit einem Druck von unter 1000 hPa im Bereich der Irischen See befand. Dieses Druckgebilde mit zwei separaten Kernen war jedoch von relativ kurzer Dauer, da sie sich im Laufe des Tages mit der Zyklone über der Biskaya vereinten. Dies war auch der Grund dafür, dass sich der Schwerpunkt der Wetteraktivität auf die Küstenregionen Frankreichs und Portugals konzentrierte. Diese Regenfelder sorgten in den soeben genannten Regionen weitverbreitet und vor allem in den Abendstunden in einem 3 stündigen Zeitintervall für Regenmengen von 4 bis 8 mm, so z.B. auch in Nazaire, St. Sauveur und Lugo.

Am letzten Analysetag, dem 31.03.2018, befand sich der Kern der Zyklone DEIRDRE um 02 Uhr MESZ zentral über der Biskaya und verlagerte sich im Laufe des Tages weiter in Richtung Adriatisches Meer und vereinte sich dort mit dem Tiefdruckgebilde FRANZISKA. Bevor dies jedoch geschah sorgte die stark gebogene und relativ kleinskalige Okklusion der Zyklone DEIRDRE im Bereich der Pyrenäen für vereinzelte Niederschläge leichter bis mäßiger Intensität. So sorgten die Niederschlagsfelder des Tiefdruckgebiets in den Nachmittagsstunden in einem Zeitraum von 3 Stunden in Tarbes Ossun Lourdes für 4 mm, in Socoa für 5 mm und in St–Girons für 6 mm.

Bis zum 01.04.2018 verlor die Zyklone DEIRDRE weiter an Intensität, bis der Einfluss auf das europäische Wettergeschehen durch den Zusammenschluss mit dem Wirbel FRANZISKA schließlich vollständig schwand. Aus diesem Grund wurde die Zyklone DEIRDRE an diesem Tag nicht mehr namentlich in der Analyse der Berliner Wetterkarte erwähnt.