Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet DENIS

(getauft am 29.07.2017)

 

Im Laufe des 28.07.2017 entwickelte sich entlang der Kaltfront des Wirbels CHRISTOPH mit Lage südwestlich von Irland ein neues Tiefdruckgebiet über dem zentralen Nordatlantik. Da dieses Tiefdruckgebiet Einfluss auf das europäische Wettergeschehen nehmen sollte, wurde es am 29.07. auf den Namen DENIS getauft.

Um 01 Uhr MEZ seines Tauftages befand sich die Zyklone DENIS mit einem Kerndruck von knapp unter 1015 hPa westlich der Biskaya über dem östlichen Atlantik. Zu dem Tief gehörte zum einen eine nach Osten weisende Warmfront, die westlich des Ärmelkanals in die Kaltfront des nun über der Nordsee befindlichen Wirbels CHRISTOPH überging, und zum anderen aus einer Kaltfront, welche zunächst nach Südwesten bis zu den Azoren reichte und von dort weiter nach Westen verlief. Im weiteren Tagesverlauf zog das Tief DENIS unter Verstärkung weiter nach Nordosten. Bereits am Abend griffen die Ausläufer der Zyklone mit ihren zugehörigen Regengebieten auf den Südwesten Englands und den Nordwesten Frankreichs über. Bis 19 Uhr MEZ konnten dadurch 12-stündige Niederschlagsmengen von 18 l/m² auf der Kanalinsel Guernsey und 19 l/m² am Flughafen Cherbourg-Maupertus gemessen werden. Gleichzeitig wurden mit Herannahen des Tiefdruckgebiets DENIS warme subtropische Luftmassen nach Frankreich, Belgien und Deutschland transportiert, die die vorherrschende kühlere Subpolarluft verdrängten. Das Resultat waren um bis zu 6 Grad höhere Tagesmaxima in diesen Gebieten. In der Südhälfte Frankreichs wurde dabei verbreitet die 30°C-Marke überschritten, welche für einen Heißen Tag laut meteorologischer Definition nötig sind. So meldeten beispielsweise Clermon-Ferrand 33,0°C, Montauban 32,3°C und Bourges 30,7°C.

Zum Nachttermin am 30.07. wurde das Tief DENIS mit ca. 1003 hPa über dem Raum Birmingham analysiert. Die Warmfront verlief zu diesem Zeitpunkt vom Tiefdruckkern in östlicher Richtung über die Nordsee und Schleswig-Holstein, bis sie nahe Rügen erneut den Anschluss an die Kaltfront des Tiefs CHRISTOPH fand. Die Kaltfront erstreckte sich hingegen süd- bis südwestwärts über die Bretagne, die Biskaya und Galicien. Bis zum 07 Uhr MEZ-Termin sorgten die mit dem Tief DENIS einhergehenden Niederschlagsgebiete vor allem über dem Süden Englands, den Niederlanden und Norddeutschland für kräftigen und teils schauerartig verstärkten Regen. In den vorangegangenen 12 Stunden kamen aufgrund dessen 24 l/m² im St. James Park in London, 30 l/m² in Marknesse südlich von Heerenveen, ebenfalls 30 l/m² in Emden-Königspolder und 47 l/m² in Cuxhaven zusammen. Im weiteren Tagesverlauf zog die Zyklone über die Nordsee nach Südwestnorwegen, wodurch sich die Niederschläge nun auch über Südskandinavien ausbreiteten. Die dabei auftretenden Schauer sorgten in kurzen Zeiträumen für hohe Niederschlagssummen von 13 l/m² im norwegischen Hynnekleiv und 21 l/m² im schwedischen Hastveda. Auch die Kaltfront verlagerte sich weiter ostwärts und überquerte weite Teile Deutschlands. In 12 Stunden wurden in Lingen 13 l/m², in Barth 15 l/m² und in Rostock-Warnemünde 17 l/m² registriert. Mit Verlagerung des Frontensystems gelangte nun Deutschland, Polen und die Alpenregion in den Warmsektor des Tiefs DENIS, also dem Bereich zwischen Warm- und Kaltfront. In diesem wurden subtropische Luftmassen maritimen Ursprungs herangeführt, die für einen deutlichen Anstieg der Tageshöchsttemperaturen sorgten. Während am Vortag noch das deutschlandweite Maximum bei 29,2°C in Freiburg lag, betrug es an diesem Tag nun 34,4°C in Regensburg. Weiterhin wurden in Manschnow 33,9°C, in Holzdorf 33,5°C und in Cottbus 33,1°C gemessen. In der feuchten Luft bildeten sich außerdem im Bereich der Alpen kräftige Schauer und Gewitter, welche in Wien zu Hagel und 36 l/m² in nur einer Stunde führten.

Mit Lage über der Küste Südwestnorwegens und einem Kerndruck von knapp unter 1000 hPa sind bis zum 31.07. Teile des Frontensystems okkludiert, d.h. eine Okklusionsfront bildete sich aus. Eine Okklusion entsteht, wenn die schneller ziehende Kaltfront die ihr vorlaufende Warmfront am sogenannten Okklusionspunkt einholt und die warme Luft anhebt. Die sich dabei bildende Okklusion stellt dadurch eine Mischfront mit Eigenschaften beider Frontenarten dar. Solch eine Okklusion reichte vom Tiefdruckzentrum nach Osten über Norwegen und Schweden und teilte sich über Stockholm in eine Warm- und eine Kaltfront auf. Die Warmfront verlief über Lettland und Litauen bis über den Westen Weißrusslands und die Kaltfront erstreckte sich über die Ostsee, Westpolen, Brandenburg, Bayern, die Schweiz und Südostfrankreich bis Zentralspanien. In der Nacht hielten die Niederschläge weiter an und traten vor allem in Kernnähe schauerartig auf. In Bergen wurden bis 07 Uhr MEZ innerhalb von 12 Stunden 21 l/m², im polnischen Leba 13 l/m² und an der Station Hof-Hohensaas 18 l/m² verzeichnet. Die Ausläufer verschoben sich langsam weiter nach Osten und griffen nun auf Finnland, Ostpolen, Weißrussland, und das Baltikum über. Die höchsten 12-stündigen Niederschlagsmengen beliefen sich dabei auf 11 l/m² in Tampere, 22 l/m² im litauischen Birzai, 24 l/m² in Kunda im Norden Estlands und 26 l/m² im polnischen Ketrzyn. Auch der Schwerpunkt der höchsten Temperaturen verschob sich mit den Fronten weiter nach Osten, wodurch nun auch in Weißrussland und in der Ukraine Maxima von über 30°C registriert werden konnten.

Am 01.08. befand sich das Tief DENIS mit einem leicht abgeschwächten Kerndruck von etwa 1005 hPa über Mittelschweden. Mit einer Okklusion war das Tief mit einer unbenannten Zyklone über dem Nordmeer verbunden, welche im Laufe des Tages vom Wirbel DENIS aufgenommen werden sollte. Eine weitere Okklusion verlief vom Kern zunächst nach Osten über Karelien und anschießend nach Süden bis über den Weißen See im nordwestrussischen Oblast Wologda, wo sich der Okklusionspunkt befand. Die Warmfront führte über Moskau weiter nach Süden und die Kaltfront erstreckte sich nach Südwesten über Weißrussland und ging östlich von Warschau in die Warmfront des sich über Westdeutschland befindenden Tiefs ERIK über. Mit der Entwicklung und Verstärkung des Wirbels ERIK verlor das Tief DENIS nun vollständig seinen Einfluss auf das Wettergeschehen Mitteleuropas. Die zugehörigen Niederschläge konzentrierten sich an diesem Tag auf die Mitte und den Norden Skandinaviens und Finnlands, große Gebiete des europäischen Teils Russlands und zumindest bis zu den Morgenstunden auch noch auf Weißrussland. In letzterem wurden bis 07 Uhr MEZ nochmals 8 l/m² in Pinsk und 10 l/m² in Lida als Folge von gewittrigen Schauern gemeldet. Des Weiteren fielen im Norden Europas im Laufe des Tages im nordschwedischen Pajala 18 l/m², im finnischen Vesanto 14 l/m² und in Setsa am Skjerstadfjord südlich der Lofoten sogar 34 l/m². Auch im südöstlich von Archangelsk an der nördlichen Dwina gelegenen Jemezk konnten noch 23 l/m² in 12 Stunden registriert werden.

In den Abendstunden bildete sich über dem nördlichen Russland ein zweites Tiefdruckzentrum aus, welches in der Folge Teile des zum System DENIS zugehörigen Frontensystem übernahm und daher auf den Namen DENIS II getauft wurde. Dieses befand sich am 02.08. um 01 Uhr MEZ etwa 400 km südöstlich von Archangelsk und wies einen Kerndruck von 1010 hPa auf. Vom Zentrum verlief einerseits eine Kaltfront bogenförmig nach Süden bis nordöstlich von Woronesch. Andererseits erstreckte sich eine kurze Okklusion nach Nordwesten bis zum Weißen Meer, wo sich die Okklusion des ursprünglichen Tiefs DENIS I anschloss und mit Überquerung der Halbinsel Kola sowie Nordnorwegens und –schwedens die beiden Tiefdruckzentren mit einander verbanden. Der Kerndruck der Zyklone DENIS I betrug dabei weiterhin ca. 1005 hPa. Trotz der unter Abschwächung fortschreitenden nordwärtigen Verlagerung des Tiefdrucksystems mitsamt seinen Fronten wurden nochmals vereinzelt und durch Schauer und Gewitter verursachte Niederschlagsmengen von über 20 l/m² verzeichnet. So wurden in Kandalakscha südlich von Murmansk 23 l/m², in Syktywkar, der Hauptstadt der russischen Republik Komi, 27 l/m² und an der nordnorwegischen Station Cuovddatmohkki sowie in Krasnoufimsk, westlich von Jekaterinburg, jeweils 31 l/m² gemessen.

Das Tief DENIS II löste sich bis zum Folgetag bereits wieder auf, sodass das Tief DENIS am 03.08. erneut nur aus einem Zentrum bestand. Dieses wurde um 01 Uhr MEZ mit einem Kerndruck rund 1005 hPa über der Halbinsel Kola analysiert. Zu dem Tief gehörten zu diesem Zeitpunkt zwei schwache Okklusionen, die sich einerseits nach Westen über Nordskandinavien und andererseits nach Südosten über Russland bis zum Südural zogen. Bis zum Morgen wurde das Tief DENIS jedoch vollständig in die Zirkulation des heranziehenden Wirbels ERIK aufgenommen und konnte somit am 04.08. nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte namentlich verzeichnet werden.

 


Geschrieben am 18.10.2017 von Sebastian Wölk

Berliner Wetterkarte: 30.07.2017

Pate: Denis Reinhardt