Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
DIETER
(getauft
am 09.01.2017)
In der Prognosekarte für den 10.01.17 um 01
Uhr MEZ wurde eine Wellenstörung westlich der Britischen Inseln, die sich
hinter der Kaltfront des steuernden Tiefs über Island befand, auf den Namen
DIETER getauft. Zu diesem Zeitpunkt lag das Zentrum dieses jungen
Tiefdruckgebietes mit einem relativ hohen Druck von knapp unter 1015 hPa rund
1300 km östlich von Neufundland. Die Warmfront erstreckte sich von dort
nordostwärts über eine Länge von ungefähr 900 km, bis sie in die Kaltfront des
unbenannten steuernden Tiefs südwestlich von Island überging. Die Kaltfront
verlief vom Kern südwestwärts über den Nordwestatlantik und wies eine Distanz
von ca. 1500 km.
Am 11.01. befand sich die Zyklone DIETER,
nun als Randtief des steuernden Tiefs CAIUS östlich von Island, wegen des
starken Jetstreams, dem Starkwindband in 5,5 km Höhe, mit dem Zentrum schon
über dem Norden Schottlands. Ein Randtief stellt ein
kleinräumiges Tiefdruckgebiet dar, das sich innerhalb eines umfangreichen
Tiefs, dem sogenannten steuernden Tief, gebildet hat und nachfolgend von ihm
gelenkt wird. Mit
einem Kerndruck von rund 980 hPa hatte sich Tief DIETER im Vergleich zum Vortag
deutlich verstärkt. Die bogenförmige Okklusion erstreckte sich vor der
schottischen Ostküste bis zur Grenze zwischen England und Schottland, wo der
Okklusionspunkt lokalisiert wurde. Bei einer Okklusion wird die bodennahe
wärmere Luft durch die kältere Luftmasse der Kaltfront eingeholt und vom Boden
angehoben. Durch diesen Prozess setzt verstärkt Kondensation und Wolkenbildung
ein, woraus meistens Niederschlag fällt. Am Okklusionspunkt schloss sich die
kurze Warmfront an, welche quer über England bis zur Isle of Wight im
Ärmelkanal verlief. Beide Fronten befanden sich 450 km hinter einer
vorgelagerten Okklusion. Die Kaltfront verlief vom Okklusionspunkt zunächst
über den Norden Englands, über Südirland und dann nach Südwesten 1400 km quer
über den Atlantik. Im Einflussbereich der zum Tiefdruckgebiet DIETER gehörenden
Fronten kam es aber nur im Norden Schottlands zu teils ergiebigen Regenmengen.
So meldete die Wetterstation Lerwick auf den
Shetland-Inseln eine 12-stündige Niederschlagsmenge bis 07 Uhr MEZ von 16 l/m².
Wegen den ausgeprägten Hochdruckgebieten auf dem Atlantik und den Sturmtiefs
über dem Norden und Westen Europas gab es dazwischen einen großen
Druckgradienten, welchen die Atmosphäre durch Wind ausgleicht. Vor allem in
Schottland wurden teilweise orkanartige Böen registriert. Beispielweise wies
die stärkste Böe an diesem Tag in Tiree auf den Inneren
Hebriden eine Geschwindigkeit von 103,8 km/h auf. Die Höchsttemperaturen lagen
zwischen 5°C im Norden und 12°C im Süden der Britischen Inseln.
Bis zum 12.01.17 um 01 Uhr MEZ verlagerte
sich Tief DIETER, noch immer als Randtief zu Zyklone CAIUS, nach Südschweden
und wies im Kern einen Druck von knapp unter 970 hPa auf. Die lange Okklusion
mit Warmfrontcharakter verlief vom Zentrum über die nördliche Ostsee, Polen,
Tschechien und die Alpen bis nach Südfrankreich, wo sie Kaltfrontcharakter
annahm und über die Pyrenäen und das Baskenland führte. Die erwähnte
Warmfrontokklusion ist dadurch gekennzeichnet, dass die Luft hinter der Front
wärmer als vor ihr ist. Das lässt sich sehr gut an der 12-stündigen
Minimaltemperatur bis 07 Uhr MEZ erkennen. Während vor der Okklusion die
Temperatur teils auf -11,9°C in Lublin oder in Krakau
auf -12,5°C sank, gab es weiter im Westen hinter der Warmfrontokklusion
frostfreie Nächte. Westlich der Linie Berlin-Leipzig-Nürnberg-München sank die
Temperatur in diesem Zeitraum nicht unter 0°C. Die höchsten Werte wurden in Dax mit 10,9°C bzw. in Perpignan mit 12,4°C im Süden
Frankreichs erreicht. Verbreitet fiel im Einzugsbereich dieser Front etwas
Regen. Vereinzelt kamen 12-stündige Regenmengen im oben genannten Zeitraum von
5,5 l/m² in Boizenburg oder 6,0 l/m² in Posen zusammen. An der Kaltfront kam es
insbesondere im Raum Bilbao zu Regenfällen. Beispielsweise fiel in San
Sebastian 4 l/m² in derselben Zeitspanne. Auch war es noch immer windig. So
meldeten zum Beispiel die Stationen Russaro oder Fagerholm in Finnland an diesem Tag Windstärke 10 auf der
Beaufort-Skala bzw. wurde sogar Stärke 11, was über 102 km/h entspricht, am
Leuchtturm Alte Weser gemessen.
An der Seite von Tief CAIUS zog die Zyklone
DIETER bis zum folgenden Tag mit einem Kerndruck von rund 979 hPa nur
geringfügig nach Norden. Die Warmfrontokklusion verlief über eine Länge von
circa 2000 km im Bogen über den Bottnischen Meerbusen, danach südostwärts über
Finnland bis zum Nordosten der Ukraine, wo sich ein weiteres kleines Tief
gebildet hatte. Der meiste Niederschlag an der Front wurde in Südfinnland am
Flughafen Helsinki mit 6 l/m² und in Porvoo mit 7 l/m² registriert. Es
bestanden weiterhin die bereits erklärten Temperaturunterschiede. Östlich der
Mischfront gab es sogenannte Eistage, wo die Tageshöchsttemperaturen nicht über
den Gefrierpunkt lagen. Weil sich Tief DIETER abgeschwächt hatte, war der Wind
nicht mehr sonderlich bedeutend. Meistens traten im 6-stündigen Zeitraum bis 19
Uhr MEZ Böen der Stärke 5, vereinzelt, wie in Wyborg nordwestlich von St.
Petersburg, auch starke Windböen der Stärke 6 auf. Dies entspricht etwa 39 bis
49 km/h.
Bis zum 14.01.17 zog der Wirbel weiter nach
Norden und wurde von einem namenlosen Tief zwischen Norwegen und Spitzbergen
aufgenommen. Somit konnte Tief DIETER nicht mehr als eigenständiges
Tiefdruckgebilde auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet werden.
Geschrieben am 08.02.2017 von Matthias
Janke
Berliner Wetterkarte: 11.01.2017
Pate: Dieter Vornholz