Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet DIETER
(getauft am 26.03.2013)
Am 26. März 2013 wurde auf der Berliner Wetterkarte
ein Tiefdruckgebiet über dem zentralen Nordatlantik, etwas nordöstlich der
Inselgruppe der Azoren mit einem Kerndruck von knapp 1000 hPa, auf den Namen
DIETER getauft. Es bildete sich als Randtief eines vor Neufundland liegenden,
umfangreichen Tiefdruckwirbels, der sowohl am Boden als auch in höheren
Luftschichten in ca. 5,5 km gut zu erkennen war.
Da über dem Nordatlantik im Bereich des neu
gebildeten Tiefs DIETER in der Höhe eine recht markante westliche Strömung
wirksam war, zog der Wirbel bis zum Morgen des 27. März bis vor die
Nordwestküste der Iberischen Halbinsel. Vom Kern, in dem der Luftdruck
weiterhin etwas unter 1000 hPa lag, zog sich eine kurze Mischfront mit Warm-
und Kaltfronteigenschaften, eine sogenannte Okklusionsfront, bis über die
nordwestspanische Region Galicien, wo am Okklusionspunkt je eine Warmfront und
eine Kaltfront zusammentrafen. Die Warmfront zog sich in östlicher Richtung
über Spanien und verlief bis südwestlich von Sardinien, wo sie in eine
Kaltfront eines unbenannten Tiefs über Süditalien überging. Die Kaltfront beschrieb einen Bogen
über die westliche Iberischen Halbinsel, um dann in
südwestlicher Richtung entlang der marokkanischen Küste bis nördlich der
Kanarischen Inseln zu verlaufen. Westlich des Tiefdruckkerns war eine weitere
Okklusionsfront zu erkennen, die nach einigen Hundert Kilometern in eine
Okklusionsfront eines unbenannten Randtiefs überging. Durch die exponierte Lage
im äußersten Nordwesten Spaniens erreichten die Wetterstation in La Coruna
kühle Luftmassen, so dass die Temperatur nur bis auf 13°C stieg und bis zum
Morgen des Folgetages kamen dort die höchsten Niederschlagsmengen zusammen, welche
die Fronten des Wirbels DIETER mit sich brachten, nämlich 22 Liter pro
Quadratmeter in 24 Stunden.
Im Verlauf bis zum nächsten Tag hatten sich zwei
Kerne des Tiefdrucksystems DIETER gebildet, das Tief DIETER I über Galicien und
das Zentrum DIETER II über dem Baskenland. Diese beiden Teiltiefs befanden sich
im Bereich von knapp 1005 hPa und waren durch eine Okklusionsfront miteinander
verbunden. Auf halber Strecke zwischen den Zentren zweigte eine Warmfront ab,
die über die Mitte Frankreichs und den westlichen Alpenraum bis etwa nach Tirol
reichte. Vom Tiefdruckzentrum DIETER II verlief eine Warmfront über das
westliche Mittelmeer und Süditalien bis zum Ionischen Meer, um in die Kaltfront
eines unbenannten Tiefs über dem östlichen Griechenland überzugehen. Außerdem
ging vom Wirbel DIETER II eine Kaltfront aus, die in einem Bogen ungefähr
entlang der spanischen Ost- und Südküste bis zur Straße von Gibraltar reichte,
wo sie in die Warmfront eines unbenannten Wirbels etwas weiter westlich
überging. Die höchste 24-stündige Niederschlagsmenge, die mit dem
Tiefdrucksystem DIETER einher ging, wurde bis zum Morgen des 29. März im
südostfranzösischen Lyon mit 27 l/m² registriert.
Am 29. März befanden sich die beiden Teiltiefs über
dem zentralen bzw. südlichen Europa. Der Wirbel DIETER II lag mit einem
Kerndruck von etwa 1010 hPa über dem nördlichen Bayern. Von dort reichte eine
Warmfront in Richtung Südosten bis nach Rumänien, um in die Kaltfront eines
unbenannten südrussischen Tiefs überzugehen. Außerdem ging von diesem Zentrum
eine Kaltfront in südwestlicher Richtung aus, die bis nach Südfrankreich
reichte. Das Tief DIETER I befand sich, ebenfalls mit einem Kerndruck von knapp
1010 hPa, über der nördlichen Adria. Von dort verlief eine Warmfront, ungefähr
parallel zur Warmfront des zweiten Zentrums, über den Balkan und die Ägäis bis
zur westlichen Türkei. Westlich des Tiefs DIETER II zog sich über Norditalien
und entlang der südfranzösischen Küste bis nach Nordspanien eine Kaltfront, die
dort Kontakt zu einer Warmfront hatte, welche zu einem unbenannten
Tiefdruckwirbel über dem zentralen Nordatlantik gehörte. Am Mittag dieses Tages
lag der Kern DIETER II mit knapp 1004 hPa über der Gegend von Frankfurt (Oder),
während sich DIETER I mit etwas unter 1007 hPa über dem östlichen Slowenien
befand. Vom Teiltief DIETER II reichte eine kurze, bogenförmig geschwungene
Okklusionsfront bis über den Berliner Raum. Außerdem war am Rand des
Tiefdruckkerns im Grenzbereich der Niederlausitz zu Polen ein Okklusionspunkt
zu erkennen, an dem sich eine Warmfront, welche nach Südosten bis zum Balkan
verlief, und eine Kaltfront trafen. Letztere reichte nach Süden über Tschechien
bis zum Böhmerwald, um dort in eine Warmfront überzugehen, die zu einem
unbenannten Tief über Tirol gehörte. Vom Teiltief DIETER I gingen eine
Warmfront in östlicher Richtung bis etwa zur Ägäis und eine Kaltfront bis zum
westlichen Mittelmeer aus. Die 24-stündigen Niederschlagsmengen bis zum Morgen
des 30. März zeigen die Hauptaktivitätsgebiete der beiden Teiltiefs und ihrer
Fronten. In Berlin-Tempelhof wurden 2 l/m² Niederschlag registriert, und im
nordostbrandenburgischen Angermünde sowie in der Landeshauptstadt Potsdam kamen
jeweils 5 l/m² zusammen. Für Ende März ist beachtlich, dass es sich bei dem
Niederschlag zum Teil um Schnee handelte, der in Potsdam zu einer Erhöhung der
Gesamtschneedecke auf 13 cm führte. Weiter südlich kam es mit 14 l/m² im
slowakischen Kaschau ebenfalls zu einigen Zentimetern Neuschnee, und in Zagreb
in Kroatien kamen, allerdings als Regen, 21 l/m² zusammen.
Am 30. März lag das Tiefdruckgebiet DIETER mit
einem Kern, in dem ein Luftdruck von knapp 1005 hPa gemessen wurde, über dem
nördlichen Polen. Von dort zog sich eine Okklusionsfront zunächst in
südöstlicher, dann in südwestlicher Richtung über Osteuropa bis zum
Okklusionspunkt über dem Norden Serbiens. Von dort ging eine Warmfront nach
Osten bis Südosten aus und reichte über das Schwarze Meer bis zum Kaukasus.
Eine kurze Kaltfront, die vom Okklusionspunkt in südwestlicher Richtung
ausging, hatte im Grenzgebiet des östlichen Kroatiens zu Bosnien und
Herzegowina Anschluss an eine Warmfront, die zu einem unbenannten
Tiefdrucksystem über Westeuropa gehörte. Bis zum Morgen des 31. März kamen mit
Durchzug der Fronten, vor allem der Okklusionsfront, örtlich zweistellige
Niederschlagsmengen zusammen, wie in der ukrainischen Hauptstadt Kiew mit 10
l/m². Die Nacht war durch die auf der Rückseite des Tiefs DIETER eingeflossene
maritime Arktikluft teils von mäßigem Frost geprägt, wie in der polnischen
Hauptstadt Warschau, die ein Temperaturminimum von -6°C verzeichnete.
Das Tiefdruckgebiet DIETER befand sich am 01. April
mit einem Kerndruck von knapp unter 1010 hPa über dem Baltikum und dem
nördlichen Weißrussland. Von der Gegend um Riga in Lettland ausgehend,
beschrieb eine Okklusionsfront einen Bogen bis über die nördliche Ukraine zum
Okklusionspunkt, an dem eine Warmfront nach Südosten bis zum südlichen Russland
über die Region von Krasnodar abzweigte. Dem Nordosten Europas brachte das Tief
DIETER frostige Nächte, Moskau meldete in der Nacht zum Folgetag ein Minimum
von -4°C, und zeitweilige Schneeschauer.
Am 02. April war das Tiefdruckgebiet DIETER zum
letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen.
Es befand sich östlich des Uralgebirges in der westsibirischen Region um
Tobolsk und zog im weiteren Verlauf außerhalb des Analysebereiches der Berliner
Wetterkarte.
Geschrieben von Heiko Wiese
Berliner Wetterkarte: 29.03.2013
Pate: Dieter Kraft