Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet DIETHELM

(getauft am 15.05.2015)

 

Unterhalb eines ausgeprägten Vorstoßes kalter Luft im 500 hPa Niveau, was einer Höhe von etwa 5,5 Kilometern entspricht, entstand im Bodenniveau südwestlich von Island ein Tiefdruckwirbel, der am 15.05.2015 auf den Namen DIETHELM getauft wurde.

Vom Kern dieses Wirbels, welcher sich um 00 Uhr UTC, also 02 Uhr MESZ, mit einem Druck von unter 990 hPa über der Irmingersee befand, erstreckte sich eine Okklusionsfront in einem Bogen nördlich um den Kern herum über den Atlantik. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront verstanden, die sich aus dem Zusammenschluss von Kalt- und Warmfront bildet und somit Eigenschaften beider Frontenarten in sich vereint. Die Stelle an der Warm- und Kaltfront ineinander übergehen und eine solche Okklusionsfront bilden, wird als Okklusionspunkt bezeichnet. Ein solcher Okklusionspunkt befand sich auf einer gedachten Schnittlinie von Island mit Schottland, von dem die Warmfront weiter nach Süden und die Kaltfront nach Südwesten reichte, ehe sich diese über dem Atlantik mit dem Frontensystem eines kleinräumigen Randtiefs verband. Ein zugehöriges Niederschlagsband erstreckte sich entlang des Frontensystems über den Atlantik und griff im Laufe des Tages auf Island sowie den Norden Großbritanniens über. Einsetzender Regen brachte dabei in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages in Reykjavík und Glasgow je knapp 3 l/m², bei Gufaskalar 6,6 l/m² und in Dundreenan 9 l/m². Besonders ergiebig fielen die Niederschläge jedoch an der Station im isländischen Dalatangi aus, pro Quadratmeter wurden hier bis zu 43,1 Liter gemessen.

Bis zum 16.05. hatte sich das Zentrum des Tiefdrucksystems DIETHELM nach Osten verlagert und lag mit einem auf unter 975 hPa gefallenen Kerndruck nahe Reykjavík. Eine ausgedehnte Okklusionsfront reichte von Island an den Färöer Inseln vorbei über die Nordsee bis über die Ostküste Englands, wo sie nahe Newcastle ihren Okklusionspunkt hatte. Von Newcastle ausgehend erstreckte sich die Warmfront über London und der Bretagne nach Südwesten, und die Kaltfront über Südwales sowie die keltische See nach Westen. Die Ausläufer des Wirbels DIETHELM waren von Schottland über die Nordsee gezogen und erreichten im Tagesverlauf die Küsten Südnorwegens und Dänemark. Gleichzeitig traf ein zweites Niederschlagsband von Westen auch auf den schottischen Raum. Während es im unweit vom Zentrum gelegenen Island vergleichsweise trocken blieb, beispielsweise wurde in Dalatangi kein Niederschlag, in Reykjavík lediglich vereinzelte Tropfen und in Gufuskalar noch 3,1 l/m² registriert, fielen in den 24 Stunden bis 06 Uhr UTC bei Glasgow 10,4 l/m², in Aultbea 16,4 l/m² und an der Station Tulloch Bridge 18,4 l/m² Regen. Ebenfalls ergiebig fielen die Niederschlagsmengen über Südnorwegen und Dänemark aus. Bis 06 Uhr UTC wurden aus Oslo 8,4 l/m², aus Ny-Ålesund auf Spitzbergen 10,8 l/m² und von der Station Fossmark 23,8 l/m² gemeldet. Dem gegenüber wurden im dänischen Tylstrup im selben Zeitraum bis zu 19,8 l/m² gemessen. Die Niederlande sowie der Norden Deutschland lagen ebenfalls im Einflussbereich des Wirbels, mit Niederschlagssummen zwischen 0,3 und 1,3 l/m² in 24 Stunden wurde vielerorts nur geringer Regen oder Sprühregen registriert.

In den folgenden 24 Stunden war das Zentrum des Tiefs DIETHELM nahezu stationär über Island verblieben und konnte um 00 Uhr UTC des 17.05. mit einem Druck von etwas unter 990 hPa weiter nahe Reykjavík analysiert werden. Die zugehörige Okklusionsfront hatte sich hingegen weiter nach Nordosten verlagert und erstreckte sich zu diesem Zeitpunkt von Island über das Nordmeer bis nach Trondheim. Über Norwegen verband sich diese im weiteren Verlauf mit dem Kern eines bei Stockholm neu entstandenen Wellentiefs. An der Rückseite der sich im Tagesverlauf allmählich nach Süden verlagernden Zyklone DIETHELM wurde erneut ein ausgedehntes und sich rasch verstärkendes Niederschlagsfeld vom Atlantik in Richtung der Britischen Inseln geführt. Binnen 24 Stunden bis 06 Uhr UTC am Folgetag brachte dieses bei Shap 12,4 l/m², in Glasgow 13,6 l/m² und auf dem Capel Curig, ein Berg in Schottland, bis zu 24,6 l/m² mit sich. Über Norwegen und Dänemark lösten sich hingegen die Niederschläge in der zweiten Tageshälfte zunehmend auf, brachten zuvor jedoch noch 24-stündig bis 06 Uhr UTC in Oslo 4,5 l/m², in Tylstrup 9,2 l/m² und bei Bergen 12,3 l/m². Besonders intensive Niederschläge wurden im norwegischen Namsskogan registriert. Laut Stationsmeldung fielen hier bis 12 Uhr UTC dieses Tages in nur 6 Stunden bis zu 76,9 l/m² Regen.

Im Laufe des 17.05. hatte die Zyklone DIETHELM begonnen sich nach Südosten zu verlagern und befand sich am 18.05. gegen 00 Uhr UTC mit einem um 5 hPa gestiegenen Druck südlich von Island auf einem Breitengrad mit Oslo. Vom Kern zog sich die Okklusionsfront über Island zunächst nach Norden und anschließend weiter in einem Bogen nördlich an Jan Mayen vorbei über Trondheim nach Südosten, ehe sie sich über Schweden mit dem in Richtung Baltikum abziehenden Wellentief verband. Eine weitere, nicht mit dem Kern des Tiefs DIETHELM direkt verbundene kleinskalige Okklusionsfront erstreckte sich von den Färöer-Inseln bis zu ihrem Okklusionspunkt nahe den Shetlandinseln. Von dort reichte die zugehörige Warmfront nach Südosten über die Nordsee und die Kaltfront über Schottland und Irland nach Südwesten über den Atlantik. Das ausgeprägte Niederschlagsband zog von den Britischen Inseln über die Nordsee und traf ebenfalls auf Dänemark und Südskandinavien, wobei besonders über Südnorwegen die Niederschläge orographisch bedingt kräftiger ausfielen. In 24 Stunden wurden dabei bis 06 Uhr UTC des Folgetages von Schauern begleitet am Leuchtturm von Lista 29,1 l/m², bei Kristiansand 32,1 l/m² und an der Messtation Konsmo-Hoyland 34,4 l/m² registriert. Im dänischen Aarhus fielen im selben Zeitraum 13,4 l/m², im schwedischen Hastveda 19,9 l/m² und in Tylstrup 23,3 l/m². Ergiebigere Niederschlagsmengen erreichten auch den Norden Deutschlands. Aus Kiel wurden 8,9 l/m², aus List auf Sylt 10,4 l/m² und aus Glücksburg nahe Flensburg 14,4 l/m² gemeldet. In Großbritannien wurden vor Abzug des Niederschlagsbands nach Skandinavien in 12 Stunden bis 18 Uhr UTC noch Niederschlagsmengen von 11 l/m² in Belfast, 12 l/m² am Capel Curig und bis zu 17,8 l/m² in Marham erreicht.

Bis zum 19.05. zog das Zentrum des Wirbels DIETHELM rasch nach Osten und befand sich gegen 00 Uhr UTC mit einem Druck von weiter knapp 995 hPa über der Nordsee, mittig zwischen Schottland und Südnorwegen. Eine Okklusionsfront erstreckte sich vom Zentrum über Südnorwegen bis zu ihrem Okklusionspunkt, der zum Zeitpunkt der Analyse nahe Aarhus über Dänemark lag. Die Warmfront reichte von dort weiter über die Ostsee und Polen bis über das nördliche Ungarn, wohingegen sich die Kaltfront zunächst über Hamburg, Genf und Marseille nach Südwesten zog und sich im weiteren Verlauf mit dem Frontensystem des über Zentralspanien liegenden Tiefs ERIK verband. Das Niederschlagsband, das gegen 00 Uhr UTC von den Färöer-Inseln über Südskandinavien bis Nordwestdeutschland reichte, weitete sich im Tagesverlauf unter allgemeiner Abschwächung auf das Baltikum, Großbritannien und Nordfrankreich aus. Dabei wurden binnen 24 Stunden bis 06 Uhr UTC in Wilna 4,0 l/m², in Belfast 6,4 l/m² und in Le Havre 11,3 l/m² gemessen. Am intensivsten fielen die Niederschläge weiterhin über Südskandinavien und Dänemark aus. Im dänischen Skagen wurden im selben Zeitraum 12,3 l/m², im schwedischen Kosta 14,9 l/m² und in Tylstrup 22,3 l/m² registriert. In Oslo kamen währenddessen 13,5 l/m², an der Station Drammen Berskog 22,8 l/m² und im ebenfalls norwegischen Gvarv bis zu 25,3 l/m² zusammen.

Gegenüber dem Vortag verlagerte sich der Tiefdruckwirbel DIETHELM unter allmählicher Abschwächung im Verlauf nur geringfügig und verblieb weiter über der zentralen Nordsee. Eine kleinräumige Okklusionsfront verband den Kern des Wirbels in nördlicher Richtung mit dem Zentrum eines bei Ålesund neu entstandenen Wellentiefs. Dieses, sowie ein weiteres östlich von Schweden entstandenes Wellentief, wurden für den skandinavisch-baltischen Raum wetterbestimmend. Letzte, dem Tiefdrucksystem DIETHELM direkt zuzuordnende Niederschläge brachten entlang seines sich langsam unter zunehmender Auflösung Richtung Dänemark verlagernden Zentrums in Skagen bis 18 Uhr UTC 12-stündig 4,7 l/m², im ebenfalls dänischen Foulum 4,8 l/m² und bei Cuxhaven 5 l/m² mit sich.

Im Laufe des Tages schwächte sich das Tief DIETHELM zusehends ab, sodass der 20.05. zugleich der letzte Tag war, an dem das Tiefdruckgebiet auf der Berliner Wetterkarte analysiert und namentlich verzeichnet werden konnte.

 


Geschrieben am 05.08.15 von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 19.05.15

Pate: Diethelm Hinz