Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet DIETHELM

(getauft am 22.12.2017)

 

Am 21.12.2017 um 01 Uhr MEZ wurde südlich von Grönland über dem Atlantik ein noch unbenanntes kleinräumiges Tiefdruckgebiet am Rand einer ausgedehnten Zyklone über Neufundland analysiert. Dieses so genannte Randtief hatte sich aus einem separaten Luftdruckminimum entwickelt und ist dadurch definiert, dass eine Isobare der Hauptzyklone, also eine Linie gleichen Luftdrucks, das Randtief noch einschließt, aber dieses andererseits über eine eigene geschlossene Isobare und somit über eine eigenständige Zirkulation verfügt.

Um 01 Uhr MEZ des nächsten Tages war ein Einfluss dieses Randtiefs auf das Wettergeschehen in Mitteleuropa absehbar und daher wurde die Zyklone von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf den Namen DIETHELM getauft. Zu diesem Zeitpunkt lag die Hauptzyklone, mit einem Kerndruck von unter 980 hPa, sowie das Randtief DIETHELM, mit einem minimalen Druck unter 985 hPa vor der Südküste Grönlands. Während die Hauptzyklone frontenlos war, verfügte das Tiefdruckgebiet DIETHELM über ein ausgeprägtes Frontensystem. Vom Kern erstreckte sich eine bogenförmige Okklusion über etwa 600 km in Richtung Südosten. Bei einer Okklusion handelt es sich um eine Mischfront, welche die Eigenschaften von Kalt- und Warmfront in sich vereint. Sie entsteht, wenn die schneller ziehende Kaltfront die vorlaufende Warmfront im Okklusionspunkt einholt und vom Boden anhebt. Der Okklusionspunkt befand sich etwa auf dem Breitengrad von Oslo und von dort erstreckte sich die Warmfront weiter in südöstliche Richtung. Die Kaltfront verlief südwestlich und ging über dem Atlantik in die Warmfront eines unbenannten Tiefs über.

Bis zum 01 Uhr MEZ-Termin des 23.12.2017 konnte sich die Zirkulation des Tiefdruckgebiets DIETHELM so deutlich ausprägen, dass es sich von der Hauptzyklone trennte und nun als eigenständiges Tief das Wetter Nordeuropas bestimmte. Die Zyklone DIETHELM hatte bis zu diesem Zeitpunkt zwei Kerne ausgebildet, wovon einer mit einem Druck unter 995 hPa über Westisland lag. Das Tief DIETHELM II befand sich nahe der norwegischen Küste über dem Europäischen Nordmeer und wies einen Druck von ca. 990 hPa auf. Die Okklusion reichte von Kern DIETHELM I ostwärts durch Kern DIETHELM II und anschließend in einem Bogen bis Trondheim. Von dort erstreckte sich die Warmfront in Richtung Südwesten über Oslo und die Nordsee bis südlich von Liverpool. Die Kaltfront verlief weiter nördlich über dem Atlantik und ging erneut in die Warmfront eines unbenannten Tiefs über. Die Okklusion verursachte auf Island nur minimalen Niederschlag bis 10 Uhr von beispielsweise 1,0 mm in Stykkisholmur oder 0,5 mm in Reykjavik. Dabei wurden dort milde Temperaturen von 4,6 bzw. 4,1°C und in Dalatangi sogar 10,1°C erreicht. In Norwegen, welches im Warmsektor, also dem Bereich zwischen Kalt- und Warmfront, lag, konnten Maximalwerte der Temperatur von 10,3°C in Bergen, 9,8°C in Stavanger und 10,7°C in Haugesund gemessen werden.

Bis zum nächsten Tag verblieb das Tief DIETHELM I nahezu stationär südlich von Island und schwächte sich etwas ab. Die Okklusion verlief vom Kern ausgehend, in welchem ein Druck von ca. 1000 hPa herrschte, in einem Bogen über den Atlantik und ging dort in eine Kaltfront über. Dagegen zog der Kern DIETHELM II unter Verstärkung weiter in Richtung Osten und konnte um 01 Uhr MEZ mit einem Druck von etwa 975 hPa nördlich von St. Petersburg analysiert werden. Mit seinem umfangreichen Frontensystem beeinflusste es das Wetter im Norden und Nordosten Europas sowie Norddeutschlands. Aufgrund des kräftigen Hochdruckgebiets CARINA über Südeuropa stellte sich eine starke Westströmung in Norddeutschland ein, welche für Sturmböen an der Nordsee sorgten. Diese Strömung brachte milde und zugleich feuchte Luft vom Atlantik, was zu Temperaturen verbreitet über 10°C führte. So meldete Ueckermünde 10,6°C, Berlin-Dahlem 10,0°C und Magdeburg 10,3°C. Ein Grund für die für Ende Dezember sehr milden Temperaturen war auch die dichte Wolkendecke, welche zwar keinen nennenswerten Niederschlag brachte, aber eine nächtliche Auskühlung verhinderte. Dadurch konnten auch nachts noch Temperaturen von minimal um die 8°C registriert werden, so in Berlin Dahlem mit 8,2°C und Magdeburg mit 8,7°C.

Auch am 25.12.2017 änderte sich an der Wetterlage über Europa nur wenig. Weiterhin wurde Südeuropa durch das Hoch CARINA beeinflusst, während im Norden die Zyklone DIETHELM wetterbestimmend war. Der Kern DIETHELM I hatte sich bis 01 Uhr MEZ weiter nach Osten bis vor die norwegische Küste verlagert. Das Tief DIETHELM II war unter Abschwächung ebenfalls weiter nach Osten gezogen und konnte mit einem Druck von ca. 985 hPa über Russland analysiert werden. Westlich des Kerns DIETHELM I hatte sich zudem ein weiterer Kern namens DIETHELM III ausbilden können, welcher mit etwa 1000 hPa über dem Atlantik lag. An der Wettersituation änderte sich im Vergleich zum Vortag nichts und es war nach wie vor zu warm für diese Jahreszeit.

Bis zum 2. Weihnachtsfeiertag um 01 Uhr MEZ war der Kern DIETHELM I aus dem Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte verschwunden. Das Tief DIETHELM II befand sich nun frontenlos über Russland und sollte sich im Tagesverlauf auflösen. Gleichzeitig verstärkte sich die Zyklone DIETHELM III und lag mit einem Druck von unter 985 hPa über der Nordsee. Vom Kern ausgehend erstreckte sich eine Warmfront nach Osten bis diese über der Ostsee in die Kaltfront eines unbenannten Tiefs über Helsinki überging. Die mit ca. 3000 km sehr lange Kaltfront verlief vom Kern ausgehend nach Süden über den Ärmelkanal und Bordeaux und zog sich dann bogenförmig an Madrid und Lissabon vorbei bis südlich der Azoren. Diese Kaltfront brachte im Tagesverlauf von Westen her Niederschlag mit sich. So meldeten die Stationen Essen 3,0 mm, Offenbach 2,0 mm und Münster 0,7 mm innerhalb von 6 Stunden bis 12 Uhr. Der Durchzug der Kaltfront machte sich auch bei den Maximaltemperaturen bemerkbar. So registrierten die Messstationen in Essen 6,7°C und in Münster 7,7°C. Der Osten Deutschlands, wo die Kaltfront erst zum Abend durchzog, konnte dagegen erneut Temperaturen um die 10°C vermelden, so beispielsweise Nürnberg mit 10,4°C oder Oschatz mit 11,9°C.

Am 27.12.2017 verfügte Tief DIETHELM nur noch über einen einzigen Kern, welcher um 01 Uhr MEZ mit einem Druck unter 970 hPa über Südnorwegen lag. Die Okklusion erstreckte sich vom Kern ausgehend nach Osten bis nördlich von Tallinn. Von dort verlief die Warmfront weiter ostwärts und ging über Russland in die Kaltfront eines unbenannten Tiefs über. Die Kaltfront zog sich bogenförmig über Osteuropa bis südlich von Warschau. Im Bereich des Kerns kam es zu schweren Sturmböen bzw. vereinzelt sogar zu orkanartigen Böen. So meldeten die norwegischen Stationen Utsira Fyr und Blasjo Böen von 111,7 bzw. 97,3 km/h. Im Gebiet der Okklusion wurde zudem Niederschlag in Form von Regen oder Regenschauern gemeldet. An der Station Sauda fielen 19,4 mm und in Nedre Vats 13,1 mm. Die Temperaturen blieben dabei vergleichsweise mild bei maximalen Werten von 4,5 bzw. 4,0°C an diesen Stationen. Im weiteren Tagesverlauf verlagerte sich die Zyklone EDILBERT allmählich in Richtung Norwegen und verdrängte das Tief DIETHELM. Dieses schwächte sich immer weiter ab und löste sich bis zum nächsten Tag auf. Daher war der 27.12.2017 der letzte Tag an dem die Zyklone DIETHELM auf der Berliner Wetterkarte registriert werden konnte.

 

 

Geschrieben von Eva Siebenlist am 14.03.2017

empfohlene Wetterkarte: 26.12.2017

Pate: Diethelm Stehle