Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
DIETRICH
(getauft am
18.10.2017)
Am 18.10.2017
wurde das Tief DIETRICH mittels einer Prognosekarte für 12 Uhr UTC, d.h. 13 Uhr
MEZ, des folgenden Tages getauft. Das Tief DIETRICH hatte sich zuvor als
ungetauftes Tief von der Küste Neufundlands bis über das Zentrum des nördlichen
Atlantiks verlagert. Ebenfalls hatten sich bereits Fronten ausgebildet, die
sich sowohl nach Osten als auch nach Westen erstreckten.
Am 19.10.2017
hatte das Zentrum des Wirbels DIETRICH das Festland Europas nahezu erreicht und
befand sich westlich der Biskaya. Der Kerndruck betrug dabei knapp unter 995
hPa. Vom Kern aus verlief eine Warmfront südwärts und ging nördlich von Madeira
in die Kaltfront eines Tiefs zwischen Island und Irland über. Die Kaltfront erstreckte
sich hingegen in westlicher Richtung rund 1000 km nördlich der Azoren. Diese
Kaltfront ging über dem zentralen Atlantik über in die Warmfront des nachfolgenden
Tiefs ELMAR. Die Drängung der Isobaren, also der Gradient des Luftdruckes, entlang
des Britischen Festlandes führte weiträumig zu starken Winden und lokalen Böen,
die vereinzelt Sturmstärke erreichten. Auch orkanartige Böen wurden beobachtet.
Die Station von Plymouth verzeichnete Mittelwinde über den gesamten Abend von
50 bis 63 km/h, was steifem Wind und stürmischem Wind und somit Windstärke 7
und 8 der Beaufortskala entspricht. In Böen wurden sogar Windstärken von bis zu
85,2 km/h erreicht, was Sturm und Windstärke 9 entspricht. In exponierten Lagen,
wie den Schottischen Highlands, in Cornwall oder auf den vorgelagerten Inseln der
keltischen See wurden noch stärkere Winde beobachtet. So maßen die Station in
den schottischen Cairngorms und jene der Scilly-Inseln mit 92,7 km/h schweren
Sturm der Windstärke 10 und im Falle der Cairngorms 107,5 km/h, was
orkanartigem Sturm oder Windstärke 11 entspricht. Ähnliches zeichnete sich auch
bei den Niederschlagsmengen ab. Während in Plymouth innerhalb von 24 Stunden
bis zum 06 Uhr UTC-Termin des folgenden Tages 10,2 l/m², zunächst in Form vereinzelter
Tropfen, später als Regen, der in den Abendstunden von leichtem Sprühregen abgelöst
wurde, registriert wurden, fielen am Lough Fea in Irland 32 l/m² und in
Redesdale bei Leeds 25,8 l/m².
Sich in
östlicher Richtung verlagernd hatte das Tiefdruckgebiet DIETRICH bis zum 20.10.
die Region des nördlichen Wales westlich von Liverpool erreicht. Das
Frontensystem des Tiefs DIETRICH bestand nun zu großen Teilen aus
Okklusionsfronten. Dieser Frontentyp ist eine Mischform der Warm- und
Kaltfront, die üblicherweise aufgrund der unterschiedlichen
Verlagerungsgeschwindigkeiten von Warm- und Kaltfront entsteht. Dabei holt die
Kaltfront die vorlaufende Warmfront ein und vermischt sich am sogenannten
Okklusionspunkt mit dieser. Die Okklusion weist als Mischfront Charakteristika
von sowohl Warm- als auch Kaltfronten auf. Am 20.10.2017 verliefen nun in
nördlicher Richtung ausgehend vom Kern, der weiterhin einen Kerndruck von wenig
unter 995 hPa aufwies, eine Höhenokklusion zum weiterhin ungetauften
Tiefdruckgebiet bei Island und ging in etwa bei den Färöer-Inseln in dessen
Okklusionsfront über. Vom Kern aus verlief des Weiteren eine kurze
Bodenokklusion, die bis zur westlichen Nordsee kurz vor der Ostküste Englands
bei Skegness reichte. Hier nahm die Okklusionsfront schließlich
Kaltfrontcharakter an und führte bogenförmig östlich vorbei an Norwich,
westlich von Paris sowie nördlich von Bordeaux bis nach Portugal, ehe sie in
die Warmfront des nachfolgenden Tiefs ELMAR über dem Ostatlantik überging.
Während sich die Niederschläge im Vergleich zum Vortag deutlich abschwächten,
verstärkte sich die Sturmsituation, vor allem im Zusammenspiel mit dem
Tiefdruckgebiet ELMAR, nochmals deutlich. So sanken am Lough Fea die
Niederschlagsmengen von 32 l/m² auf nun nur noch 17 l/m² in 24 Stunden, während
in den Cairngorms sowohl die Böen als auch die mittleren Windgeschwindigkeiten
nochmals deutlich anstiegen. Mit Stärke 11 bei 116,8 km/h im stündlichen Mittel
wurde nun orkanartiger Sturm erreicht. In Böen stiegen die Geschwindigkeiten auf
Werte von bis zu 142,7 km/h, die die Anforderung von mindestens 118,5 km/h für
Orkan und Windstärke 12 deutlich überstiegen. Auch in weniger exponierten Lagen
stiegen die Windgeschwindigkeiten deutlich, so verzeichnete die Station des
walisischen Capel Curig 105,6 km/h als Spitzenböe, was ebenfalls einer orkanartigen
Sturmböe entspricht und somit Windstärke 11. Gleichzeitig fielen nochmals 16,0
l/m² an Niederschlag in Form mehrere Stunden anhaltenden Regens innerhalb von
24 Stunden. Die Ausläufer des Tiefs DIETRICH erreichten schließlich auch im Laufe
des Tages Deutschland und brachten vor allem dem Norddeutschen Tiefland und den
ihm vorgelagerten Inseln stärkeren Wind. Die Anemometer erfassten
Windgeschwindigkeiten auf beispielsweise Helgoland von bis zu 57 km/h. Höhere Werte
wurden erst in den Mittelgebirgen erreicht, vom Brocken wurden schwere
Sturmböen mit bis zu 90,1 km/h gemeldet.
Der
21.10.2017 war der letzte Tag, an dem das Tief DIETRICH auf der Berliner
Wetterkarte verzeichnet wurde. Um 00 Uhr UTC konnte es dabei über der zentralen
Nordsee analysiert werden. Der Kerndruck hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits
auf über 1005 hPa abgeschwächt. Das dem Tiefdruckgebiet DIETRICH zugehörige
Frontensystem bestand nun zu weiten Teilen aus einer Okklusionsfront, die sich
vom Kern in östlicher Richtung über die Nordsee erstreckte, Dänemark überquerte
und weiter bis nach Warschau führte, wo sie begann Kaltfroncharakter anzunehmen
und sich in westliche Richtung zu erstrecken. Sie verlief noch über München und
Freiburg, ehe sie bei Dijon in die Warmfront des weiterhin folgenden Tiefs
ELMAR überging. Das sich nun in Auflösung befindliche Tief DIETRICH wurde
letztmals gegen 12 Uhr UTC auf den Analysekarten des DWD verzeichnet. Dennoch
brachten die ihm zuzurechnenden Niederschlagsgebiete an der polnischen Station
Jelenia Góra 18,8 l/m², die in Form von nur temporär starkem Regen gefallen
waren.
Geschrieben am 09.12.2017 von
Patrick Ilmer
Berliner
Wetterkarte: 20.10.2017
Pate:
Dietrich Althausen