Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet DIRK

(getauft am 22.12.2013)

 

Bereits am 21.12.2013 entstand entlang einer wellenförmig deformierten Front über dem äußersten Nordosten Nordamerikas ein sogenanntes Wellentief, das anhand der Analysekarte des 22.12. für 00 Uhr UTC, also 01 Uhr MEZ, auf den Namen DIRK getauft wurde. Mit einem Druck von knapp unter 1015 hPa lag das Zentrum des Wirbels über dem Sankt-Lorenz-Golf, wobei von dessen Kern eine Warm- sowie eine Kaltfront ausgingen. Die Warmfront erstreckte sich in östlicher Richtung weit über den Atlantik und die zugehörige Kaltfront verband den Kern nach Westen mit dem Frontensystem eines nachfolgenden Tiefs.

Sich rasch verstärkend zog das Tief DIRK in den folgenden 24 Stunden nach Osten und lag gegen 00 Uhr UTC mit einem auf 990 hPa gefallenen Kerndruck auf der Schnittlinie von Reykjavík mit dem neufundländischen Gander über dem östlichen Nordatlantik. Westlich des Kerns hatte sich bis dahin eine Okklusionsfront ausgebildet, die vom Zentrum nach Nordwesten bis nahe Grönland reichte. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront bezeichnet, die sowohl Warm- also auch Kaltfronteigenschaften aufweist. In südöstlicher Richtung erstreckte sich vom Kern eine etwa 600 km lange Warmfront bis über den Atlantik, nach Südwesten war der Wirbel erneut durch seine Kaltfront mit dem Frontensystem eines über Neufundland liegenden Tiefdruckwirbels verbunden. In den darauffolgenden Stunden sorgten die Ausläufer auf Irland und Großbritannien für ergiebigen Regen und Orkanböen. An der irischen Station auf dem Mace Head fielen innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des nächsten Morgens bei Böen von bis zu 130 km/h 12 Liter, im walisischen Capel Curig bei Böen bis 141 km/h 51 Liter und bei Kenley bis zu 69 Liter Regen auf einen Quadratmeter. Die stärksten Böen der Region wurden allerdings an der schottischen Bergstation Cairngorn mit 166 km/h gemessen. In der zweiten Tageshälfte und während der Nacht erreichten die Ausläufer vom Sturmwirbel DIRK mit Norwegen, Frankreich und Nordspanien auch das europäische Festland. Im gleichen Zeitraum wie zuvor wurde durch Regen in Brest 45 und in Landivisiau 63 Liter je Quadratmeter Niederschlag gemessen. Der Wind erreichte hier in Böen jeweils bis zu 132 km/h. Im norwegischen Ualand-Bjuland wurden gleichzeitig 72 Liter pro Quadratmeter Niederschlag registriert und im spanischen Santiago de Compostela fielen in nur 12 Stunden bis 06 Uhr UTC 60 Liter pro Quadratmeter.

Bis zum 24.12. schlug der sich verstärkende Orkanwirbel DIRK eine nordöstliche Zugbahn ein und lag mit einem Kerndruck von unter 945 hPa um 00 Uhr UTC nordwestlich von Großbritannien. Vom Kern aus verlief eine Okklusionsfront nach Norden, welche in einem Bogen über die Färöer bis nach Norwegen reichte und ab Bergen Warmfrontcharakter annehmend über Stockholm und Warschau bis zur Ukraine reichte und sich dort mit der Kaltfront eines über dem Weißen Meer liegenden Tiefs verband. Bei Bergen zweigte eine bis Edinburgh Warmfrontcharakter aufweisende Kaltfront nach Südwesten ab, die sich im weiteren Verlauf sich über Cornwall, die Bretagne und die Azoren erstreckte und über dem zentralen Nordatlantik in die Warmfront eines bei Neufundland liegenden Tiefs überging. Das ausgeprägte Niederschlagsband überquerte im Verlauf weite Teile Europas, wobei besonders beim Auftreffen auf die Gebirgsketten Skandinaviens und der Iberischen Halbinsel die Niederschläge noch verstärkt wurden. Die portugiesischen Messtationen in Vila Real und Bragance registrierten in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages 67 beziehungsweise 83 Liter je Quadratmeter, wobei das Gros der Regenmengen in nur 12 Stunden bis 18 Uhr UTC fielen. Aus Santiago de Compostela wurden 24-stündig 47 Liter, aus Ponferrada 55 Liter und aus Charleville 59 Liter pro Quadratmeter gemeldet, Ualand-Bjuland meldete 24 und Bjornholm bis zu 45 Liter je Quadratmeter. Der Wind erreichte in Böen besonders über Norwegen und Großbritannien erneut verbreitet Orkanstärke. Die stärksten Böen wurden dabei mit 183 km/h auf dem Cairngorm, beziehungsweise mit 187 km/h am norwegischen Leuchtturm Krakenes registriert.

Auf seiner Zugbahn nach Nordosten verlagerte sich die Zyklone DIRK bis zum 25.12. nur langsam. Mit einem Druck von etwas unter 940 hPa befand sich ihr Kern nördlich der schottischen Küste unweit der Färöer. Vom Kern nach Süden ausgehend beschrieb die Okklusionsfront einen Bogen östlich an Island vorbei in Richtung Norwegen bis nach Südfinnland, wo sie ihren Okklusionspunkt hatte. Der Okklusionspunkt beschreibt dabei die Stelle, an der Warm- und Kaltfront ineinander übergehen und eine Okklusionsfront bilden. Die Warmfront reichte nach Südosten bis über die Ukraine. Die über Westdeutschland und den Niederlanden verwellte und nach Südwesten weisende Kaltfront verlief vom Okklusionspunkt aus über die Ostsee, Frankreich und Spanien, bis sie nordwestlich der Azoren in das Frontensystem eines anderen Tiefs überging. Außerdem spaltete sich über Madrid eine weitere Warmfront von dieser Kaltfront ab, welche sich bis nach Casablanca erstreckte. Das norwegische Kvamskogen-Jonshogdi meldete innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC am zweiten Weihnachtsfeiertag 25 Liter, Sauda 37 Liter und Takle bis zu 90 Liter pro Quadratmeter Niederschlag. Im Lee der blockierenden Gebirgsketten Norwegens fielen in Schweden im Gegensatz dazu im Schnitt nur zwischen 2 und 4 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Auf dem Juvvasshøi erreichte der Wind mit Böen von 151 km/h ebenso wie am Mannen mit 166 km/h und auf dem Cairngorm mit 171 km/h weiterhin Orkanstärke.

Sich allmählich abschwächend verlagerte sich das Tief DIRK weiter in Richtung Nordosten und befand sich mit einem auf 955 hPa gestiegenen Kerndruck am 26.12 um 00 Uhr UTC mit seinem Zentrum über dem Europäischen Nordmeer nordöstlich der Färöer. Nördlich des Kerns reichte eine stark deformierte Okklusionsfront von Jan Mayen bis nordöstlich von Murmansk, wo sie ihren Okklusionspunkt hatte. Die zugehörige Warmfront erstreckte sich über Zentralrussland bis weit nach Süden, die Kaltfront zog sich über Murmansk und Helsinki bis über die Ostsee, wo sie in das Frontensystem eines neu entstandenen Wellentiefs bei Genua überging. Das einst markant ausgeprägte Niederschlagsband hatte sich stark abgeschwächt und brachte nur noch über Norwegen lokal größere Mengen Niederschlag. Ualand-Bjuland registrierte in 24 Stunden bis zum nächsten Morgen 20 Liter, Takle 22 Liter und Sandane 25 Liter je Quadratmeter. Auf Island fielen in den vergangenen 48 Stunden zwischen 0,4 Litern bei Reykjavík und 7,8 Liter pro Quadratmeter in Dalatangi.

Sich vorübergehend noch einmal leicht verstärkend hatte sich der Tiefdruckwirbel DIRK in der Nacht zum 27.12. nach Norden verlagert und lag mit einem um 20 hPa gestiegenen Druck mit seinem Zentrum südöstlich von Jan Mayen. Westlicht seines Kerns ausgehend beschrieb eine Okklusionsfront einen engen Bogen um die Inselgruppe der Jan Mayen herum nach Osten bis zu ihrem Okklusionspunkt nahe der nordrussischen Stadt Workuta. Dort spaltete sie sich nach Südosten in eine Warm-, und in westlicher Richtung in eine Kaltfront auf, die sich über dem finnisch-russischen Grenzraum mit dem Frontensystem eines über der Ostsee liegenden anderen Tiefdruckgebiets verband. Zweistellige Niederschläge wurden bis auf Island kaum noch gemeldet. Dalatangi registrierte innerhalb von 24 Stunden 9,6 Liter, in Gufuskalar waren es 1,3 Liter und bei Reykjavík 0,5 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Auf der zu Norwegen gehörenden Insel Jan Mayen fielen im selben Zeitraum 1,1 Liter pro Quadratmeter. Der 28.12. war der letzte Tag an dem das Tiefdruckgebiet DIRK auf der Berliner Wetterkarte analysiert, und somit namentlich erwähnt werden konnte. Sein Zentrum lag mit einem auf 975 hPa gestiegenen Kerndruck gegen 00 Uhr UTC über dem Nordmeer zwischen Spitzbergen und Jan Mayen. Vom Kern ging eine Okklusionsfront nach Norden aus, die sich über Spitzbergen Warmfrontcharakter annehmend weiter nach Südosten erstreckte und unweit von Workuta in eine Kaltfront überging. In den kommenden Stunden schwächte sich der Wirbel DIRK zunehmend ab, sodass er am 29.12. nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte als eigenständiges Druckgebilde verzeichnet werden konnte.

 


Geschrieben am 15.02.14 von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte Karte: 25.12.2013       

Pate: Martin Neumann (www.rauchr.de)