Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
DONALD
(getauft
am 09.01.2019)
Im Strömungsfeld über dem
atlantisch-europäischen Raum zeigte sich um den 08. 01. herum ein klassisches
Trog-Keil-Muster, wobei die Luftströmung in der Höhe stark mäandrierte. In einer
Höhe von ungefähr 5,5 km befand sich eine kräftige und blockierende Antizyklone
über dem zentralen Nordatlantik, welche von zwei Höhentrögen flankiert wurde,
von denen einer über Zentral- und Osteuropa lag, der andere über
Nordostamerika. Letzterer war ausschlaggebend für eine kräftige Zyklogenese,
die sich am 09.01. über dem isländischen Raum ereignete. Genauer schwenkte ein
eingelagerter Sekundärtrog über die Labradorsee und Grönland hinweg und
induzierte im Lee des Grönländischen Eisschilds ein neues Tief. Dieses sollte
den Prognosen nach unter Weiterentwicklung zu einem Orkantief rasch über das Nordmeer
in Richtung Barentssee ziehen und durch seine Ausläufer auch das Wetter in
Mitteleuropa beeinflussen. Folglich wurde es am 09. Januar auf den Namen DONALD
getauft.
Erstmals als eigenständiges Tief
konnte DONALD in den Abendstunden des 09.01. zwischen Spitzbergen und
Nordostgrönland über dem nördlichen Nordmeer analysiert werden. Der Luftdruck
lag hier bei knapp unter 975 hPa mit weiter fallender Tendenz. Das
Tiefdrucksystem hatte zu diesem Zeitpunkt bereits frontale Strukturen
entwickelt. Die Warmfront reichte vom Kern aus südwärts über das Nordmeer, die Shetland-
und die Orkney-Inseln bis zu den Britischen Inseln. Die Kaltfront verlief
hingegen südwestwärts über Island hinweg, um bald schon in Ausläufer eines
nachfolgenden Atlantiktiefs überzugehen. Durch die kräftige Zyklogenese wurden
Niederschläge induziert, die hauptsächlich über dem Nordmeer niedergingen und
mehrere Liter bis hin zu über einem Dutzend Liter pro Quadratmeter in 12
Stunden brachten. Eine der wenigen Messstationen in diesem Gebiet, auf Jan
Mayen, registrierte zwischen 06 und 18 Uhr UTC 15 l/m², auf Island wurden
punktuell bis zu 4 l/m² gemesen (Bolungarvík). Infolge von Warmluftadvektion
dominierte die flüssige Phase. Gleichzeitig frischte der Wind markant auf, über
Island aber auch der grönländischen Ostküste wurden erste Sturmböen gemessen.
Auch weiter südlich, über den
Britischen Inseln, machte sich der Wirbel bemerkbar, wobei der aufkommende
leichte Regen und Sprühregen der Warmfront mit Mengen von unter 1 l/m² in 12
Stunden von eher geringer Intensität war.
In der Nacht zum 10.01. erreichte die
Warmfront bereits die norwegische Westküste. Die Niederschläge fielen
anfänglich noch als Schnee, gingen aber rasch in Regen über und brachten
12-stündig bis 06 Uhr UTC, was 08 Uhr MESZ entspricht, meist 2-8 l/m² (z.B.
Trondheim 4 l/m²). Dabei lebte der Wind auch hier auf, zum Morgen meldeten die
Wetterstationen entlang der Küste verbreitet Sturmböen, teils schwere Sturmböen
(z.B. Tromsø mit 78 km/h). Über Island kam es ebenfalls zu weiteren Sturmböen.
Unter weiterer Intensivierung zog das
Tief DONALD im Verlauf des 10.01. ostwärts über das Nordmeer in Richtung
Barentssee. Es erreichte bereits gegen 06 Uhr UTC mit rund 945 hPa den
niedrigsten Luftdruck in seiner Entwicklung. Der Kerndruck sollte noch bis zum
darauf folgenden Tag unter 960 hPa bleiben. Bemerkenswert war nicht allein der
extrem niedrige Luftdruck, sondern auch der steile horizontale
Luftdruckgradient zu einem Kompensationshoch über Grönland, welcher bei ca. 75
hPa je 1500 km lag. So weitete sich das Sturmfeld der Zyklone unter Verstärkung
auf Fennoskandien aus. Während direkt an der Atlantikküste schwere Sturmböen,
vereinzelt auch Orkanböen gemessen wurden (Andoya/Lofoten gar bis 170 km/h),
erreichte der Wind im Inneren Skandinaviens in Spitzen vorerst nur Stärke 6-8. Mit
einer westlichen bis südwestlichen Strömung wurden nicht nur weitere
Niederschläge, sondern auch milde Meeresluft in polare Breiten transportiert.
Gerade über Norwegen und Schweden stiegen die Temperaturen von mäßig strengem
Frost gebietsweise bis in den leicht positiven Bereich, und das trotz
Polarnacht und teils meterhoher Schneedecke. Meist betrug der Temperatursprung
um oder etwas mehr als 10 K. Besonders extrem fiel dieser nahe Luleå aus: An
der Station Älvsbyn im schwedischen Teil Lapplands stieg die Temperatur nach einem
nächtlichen Minimum von -24,7°C bis auf +2,8°C, gleichbedeutend mit einer +28 K
Temperaturänderung in weniger als 24 Stunden. Neben weiteren Niederschlägen
über dem Norden Skandinaviens in der Größenordnung 5-10 l/m² in 12 Stunden
setzten sich die leichten Regenfälle entlang der südostwärts vordringenden
Warmfront fort. Nach den Britischen Inseln griffen diese nun auch auf die Beneluxstaaten,
Nordwestdeutschland und Dänemark über. Die Mengen blieben, ähnlich dem Vortag
mit unter 1 l/m² aber gering (z.B. Ostende, Rouen 0,4 l/m² 06-18 Uhr UTC). Die
Kaltfront hingegen erreichte Nordwesteuropa nicht, sondern wurde infolge von
Warmluftadvektion über dem Nordmeer zurückgehalten.
In der sich anschließenden Nacht
zogen die Ausläufer des Orkantiefs weiter ost- bzw. südostwärts. Dabei
okkludierte das Frontensystem über Skandinavien, mit der Folge, dass die
Niederschläge hier wieder als Schnee niedergingen. Beispielsweise fielen in
Helsinki bis 3 l/m² und in Tromsø 11 l/m², in Stockholm aber nur 0,2 l/m². Im
Raum Oslo wie auch in Südschweden blieb es trocken. Die wolkenreiche, aber sehr
milde Meeresluft erreichte im Laufe der Nacht auch Finnland, wodurch auch hier
die Temperaturen nahe an oder knapp über den Gefrierpunkt stiegen. Zeitgleich
griff das Sturmfeld der Zyklone auf Skandinavien vollständig über, einzelne
Sturmböen wurden nun auch im Inneren des fennoskandischen Schilds, wie etwa an
der Station Pyhätunturi (80 km/h) gemessen. Entlang der norwegischen Küste kam
es zu weiteren Orkanböen, mit den höchsten Werten auf den Lofoten (Rotvaer mit
183 km/h).
Am 11.01. zog der Kern des Tiefs DONALD
langsam weiter entlang der norwegischen Nordküste in Richtung der Kola-Halbinsel
und schwächte sich allmählich ab, sprich der Luftdruck stieg und das Sturmfeld
wurde schwächer. Trotz allem blieb der Wind weiter lebhaft; zwischen
Norwegischer See, Mittelschweden und Bottnischem Meerbusen kam es noch zu
stürmischen Böen oder Sturmböen. Mit der Verlagerung des Wirbels zog das
größtenteils okkludierte Wolkenband aus Skandinavien südostwärts ab. Die
Höchstwerte lagen weiterhin im leicht positiven Bereich, oder es wurde, wie in
Lappland, Nordnorwegen und im Skandinavischen Gebirge, nur leichter Frost
verzeichnet (z.B. Rovaniemi -2°C, Turku +3°C, Stockholm +4°C). Die mit dem
Wolkenband verknüpften Niederschläge erreichten nun das Baltikum und
Nordwestrussland, hier schneite es gebietsweise (z.B. Klaipėda 5 l/m²).
Über Mitteleuropa fielen die frontale Niederschläge zunächst als Schnee. Erst
mit der postfrontal einsickernden feuchteren Meeresluft und der Verdrängung der
hier lagernden Kaltluft setzte wieder Regen ein. Beachtlich war der
Temperaturunterschied vor und hinter der Front: Während in Hamburg +8°C, in
Paris, Amsterdam und Antwerpen +9°C gemessen wurden, betrug das Maximum in
München und Salzburg lediglich
-1°C, in Wien +1°C.
Nachts erreichen die Niederschläge
noch den Alpenrand, hier fielen zumeist nur wenige Liter pro Quadratmeter.
Punktuell, vor allem in Staulagen, schneite es aber auch kräftiger und
ergiebiger. Innsbruck meldet 12-stündig 12 l/m², Oberstdorf 11 l/m². In
Innsbruck wuchs hierdurch die Schneedecke von 17 cm auf 36 cm innerhalb von 24
Stunden.
In den Frühstunden des 12.01. befand
sich der Kern des Tiefs DONALD über der Kola-Halbinsel, dabei wurde etwa in
Murmansk um 06 Uhr UTC ein Luftdruck von knapp 972 hPa gemessen. Die
mittlerweile vollständig okkludierten Ausläufer reichten zu diesem Zeitpunkt
vom Zentrum aus über das westliche Nordwestrussland, Weißrussland und die
Westukraine, weiter über die Slowakei und Ungarn bis zum Alpenraum. Während die
Niederschläge über dem südlichen und südöstlichen Mitteleuropa in den folgenden
Stunden abklangen, setzten sich die leichten Schneefälle über Osteuropa und
Russland weiter fort. Die Niederschlagsmengen blieben mit meist unter 2 l/m² in
12 Stunden gering, folglich erhöhte sich die hier anzutreffende, mehrere
Dutzend Zentimeter mächtige, Schneedecke kaum oder gar nicht.
Auch an der Temperaturverteilung
änderte sich gegenüber dem Vortag wenig: Verhältnismäßig mild blieb es über
Fennoskandien (Maxima knapp unter 0°C), milde Meeresluft dominierte nun auch
über Mitteleuropa und hatte sich vollständig bis zum Alpenraum und den Westkarpaten
durchgesetzt (München +3°C, Budapest +4°C, Wien +5°C). Der Wind spielte im
Übrigen keine allzu große Rolle mehr, er blieb im Umfeld der Zyklone über
Nordskandinavien und Nordwestrussland spürbar, mit letzten stürmischen Böen
oder Sturmböen in den Berglagen der Nordskanden und des Nordural.
Bis zum 13.01. um 00 Uhr UTC war der
Luftdruck im Zentrum auf knapp unter 975 hPa gestiegen, ein Prozess der sich in
den folgenden Stunden fortsetzen sollte. Der Wirbel kam dabei quasistationär
über der südlichen Barentssee zum Liegen. So verlor die Zyklone nach und nach
ihren Einfluss auf das Wetter über Mitteleuropa und später auch Skandinavien.
Gleichzeitig übernahmen vom Atlantik nachfolgende Tiefs namens EUGEN und
FLORENZ die Wetterregie, sodass sich das wechselhafte, teils windige, aber
milde Winterwetter über West- und Mitteleuropa fortsetzte. Tief DONALDs Einfluss
beschränkte sich am 13. und 14. Januar vornehmlich noch auf Nordwestrussland
und Nordskandinavien, wo es entlang der Okklusion und im Umfeld des Zentrums zu
weiteren, leichten Schneefällen kam.
Schließlich wurde Tief DONALD am
Morgen des 15.01. letztmalig mit einem Kerndruck von unter 990 hPa als
schwaches Randtief eines sich über Skandinavien neu entwickelten
Tiefdruckkomplexes analysiert, ehe es in diesem vollständig aufging.