Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet DOREEN
(getauft am 11.05.2020)
Zu Beginn der
zweiten Maiwoche zeigte die Druckkonstellation im 500 hPa-Niveau, also in einer
Höhe von rund 5,5 km, einen Höhentrog, also einen Kaltluftvorstoß nach Süden, der
über Skandinavien bis nach Großbritannien reichte und in ein Höhentief über dem
Seegebiet zwischen den Azoren und der Portugiesischen Küste und ein weiteres
über Südfrankreich überging, sowie einen Höhenkeil - einen Warmluftvorstoß nach
Norden - über dem Nordatlantik, der bis in ein Höhenhoch südwestlich von Island
reichte. Korrespondierend dazu lag im Bodendruckniveau zum einen das
großräumige Hochdruckgebiet QUIRINIUS über dem Nordatlantik, zum anderen eine Tiefdruckzone
mit den Tiefdruckgebieten BRITTA und AKI, die von Finnland und dem Baltikum bis
über das französische Zentralmassiv reichte. Da sich in diese Zone tieferen
Luftdrucks noch ein vom Atlantik heranziehendes Tiefdruckgebiet einreihen
sollte, wurde dieser Wirbel in der Analyse für den 11.05.2020 von den
Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf den Namen DOREEN getauft.
Am 11.05. um
00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, lag das Tief DOREEN mit einem Kerndruck
von rund 1005 hPa über dem Seegebiet vor der Küste Portugals, korrespondierend
zum Höhentief im 500 hPa-Niveau. Vom Tiefdruckkern ausgehend erstreckte sich eine
Okklusionsfront bogenförmig bis zum Okklusionspunkt über Lissabon. Von dort aus
reichte die Warmfront rund 500 km in südliche Richtung und die Kaltfront in
südwestliche Richtung bis in das Azorenhoch hinein. In einem Tiefdruckgebiet
sind sowohl warme als auch kalte Luftmassen wirksam, die entgegen des
Uhrzeigersinns, also zyklonal, um den Tiefdruckkern strömen. Tiefdruckgebiete
werden daher auch als Zyklonen bezeichnet. Holt die schneller vordringende
Kaltfront die Warmfront ein entsteht eine Mischfront, die auch als Okklusion oder Okklusionsfront benannt wird. Sie beginnt
im zentralen Bereich des Tiefs und setzt sich von dort aus reißverschlussartig
nach außen fort.
Die Okklusion
der beiden Fronten setzte sich in den frühen Morgenstunden des 11.05. über dem
Süden Portugals fort und war mit teils kräftigen Regenschauern verbunden. So
fielen in Lissabon bis 08 Uhr MEZ innerhalb von 12 Stunden 19,0 mm Regen und
auch in Coimbra am Mondego wurden 11mm Regen
gemessen. Im übrigen Portugal wurden verbreitet leichte Regenschauer gemeldet
und es fielen 12-stündig 4 bis 8 mm Niederschlag. Bis um 07 Uhr MEZ hatte sich
die Okklusionsfront weiter in Richtung Osten verlagert und so kam es bis zum
Morgen verbreitet auch in der Extremadura zu teils kräftigen Regenschauern mit
10 bis 14 mm Regen innerhalb von 12 Stunden. Durch die vollständige Okklusion
der Fronten verlor das Tief DOREEN im Laufe des Vormittags an Intensität und
der Kerndruck stieg bis 13 Uhr MEZ auf 1010 hPa an. Im Bereich der Okklusion
kam es dabei im Tagesverlauf immer wieder zu Regenschauern. Verstärkt wurden
die Niederschläge vor allem im Bereich der Sierra de Gredos
bedingt durch orographische Hebungsprozesse. So wurden in Garganta
la Olla 12-stündig bis 20 Uhr MEZ 17,4 mm
Niederschlag verzeichnet und auch im nahe gelegenen Guadalupe meldete man 16,2 mm. In
den tieferen Lagen des Einflussbereichs der Okklusionsfront fielen die
Niederschläge mit 2 bis 3 mm im gleichen Zeitraum geringer aus. Obwohl vielerorts
dichte und teils mächtige Cumulusbewölkung am Himmel
dominierte, konnten verbreitet noch über 5 Sonnenstunden gemeldet werden. So
verzeichnete Lissabon am 11.05. trotz teils kräftiger Regenschauer sogar 8 Sonnenstunden.
Unter dem Einfluss der feuchten polaren Luftmassen stieg die Temperatur im
Einflussbereich von Tief DOREEN kaum über 20°C.
An der
Vorderseite des korrespondierenden Höhentiefs gelangten jedoch wärmere
subtropische Luftmassen in die Westhälfte Spaniens, wodurch sich durch die Temperaturgegensätze entlang
der Okklusion im Laufe der frühen Morgenstunden des 12.05 über der Straße von
Gibraltar ein Niederschlagsgebiet bildete, das zunächst entlang der Costa de la
Luz und der Costa del Sol teils kräftige Schauer und Gewitter mit sich brachte.
In Cádiz fielen so zwischen 07 Uhr MEZ und 08 Uhr MEZ 13,3mm Regen. Zwei
Stunden später meldete Tablada südwestlich von
Sevilla sogar 23,4 mm Regen innerhalb einer Stunde. Im Laufe des 12.05. breitete
sich das Niederschlagsgebiet über die ganze Iberische Halbinsel aus und sorgte
verbreitet für leichte bis zum Teil mäßige Regenschauer. In einem Bereich vom
Süden Spaniens bis zum Kastillischen Scheidegebirge
innerhalb von 12 Stunden bis 20 Uhr MEZ fielen verbreitet 15 bis 25 mm
Niederschlag. In Alpedrete nördlich von Madrid und in
Merida verzeichnete man sogar 40,6 mm bzw. 37,2 mm Niederschlag. Durch den
Einfluss der kälteren polaren Luftmassen und den Niederschlägen, die Tief
DOREEN mit sich brachte, sanken die Temperaturen im spanischen Inland im
Vergleich zum Vortag um durchschnittlich 5 Kelvin ab. Wurden am Vortag in
Madrid noch maximal 20,2°C gemessen, waren es am 12.05. nur noch maximal
15,4°C. Deutlich zu spüren war die Abkühlung auch an der Mittelmeerküste
Spaniens. Hier fiel die Temperatur verbreitet von rund 27°C am Vortag auf nur
noch rund 23°C. Ausnahme bilden hier die Balearen. Sie standen unter dem
Einfluss der auf der Vorderseite des Tiefs herangeführten warmen Subtropikluft,
wodurch an dem Flughafen Son San Juan auf Palma de Mallorca maximal 27,6°C und
in Eivissa, der Hauptstadt von Ibiza, 25,3°C erreicht
wurden.
Am 13.05. 01
Uhr MEZ lag der Tiefdruckkern der Zyklone mit einem Kerndruck von 1005 hPa noch
immer vor der Küste Portugals. Mittlerweile
konnte sich eine neue Okklusionsfront ausbilden, die wieder ausgehend von dem
Tiefdruckkern in südliche Richtung vor der Küste Portugals lag. Außerdem
reichte die Kaltfront des Tiefdruckgebiets AKI, dass mit seinem Kern über dem
Nordwesten Russlands lag, in südwestliche Richtung über das Schwarze Meer dann
weiter in westliche Richtung, wo sie über dem Dinarischen Gebirge als Warmfront
weiter entlang des südlichen Alpenrands und der Nordküste Spaniens verlief und
schließlich in den Tiefdruckkern der Zyklone DOREEN überging. Diese Front
bildete auch gleichzeitig die Luftmassengrenze zwischen den kalten Luftmassen
nördlich von ihr und den südlichen warmen Luftmassen. Bis in die Morgenstunden
kam es im südlichen Bereich der Pyrenäen und der Navarra zu teils kräftigen
Regenschauen mit beispielsweise 34,0mm Niederschlag innerhalb von 12 Stunden
bis 08 Uhr MEZ in Pamplona oder 32,0 mm in Olite. Im
Tagesverlauf verlagerte sich die Warmfront nicht wesentlich und sorgte immer
wieder für leichten Regen. Die Okklusionsfront der Zyklone DOREEN zog dagegen im
Laufe des Tages von Westen her über Portugal bis über die Mitte der Iberischen
Halbinsel und sorgte so vor allem im Süden Portugals wiederholt für
Regenschauer. Hier meldete man innerhalb von 12 Stunden bis 20 Uhr MEZ vielerorts
über 10 mm Niederschlag, in Sines an der
Atlantikküste sogar 24 mm. Ähnliche Niederschlagssummen verzeichnete man auch
im Bereich der Straße von Gibraltar und im Südwesten Galiciens. Entlang der
Extremadura fielen die Regenschauer dann mit höchsten 5 mm im gleichen Zeitraum
geringer aus.
Bis zum
14.05. 01 Uhr MEZ konnte sich über dem westlichen Mittelmeerraum ein zweiter
Tiefdruckkern DOREEN II mit einem Kerndruck von rund 1005 hPa etablieren. Der
Kern DOREEN I verblieb bei gleichem Luftdruck, wie auch schon am Tag zuvor,
analog zum Höhentief vor der Küste Portugals. Die Okklusionsfront samt
Niederschlagsgebiet zog dagegen weiter in Richtung Nordosten über das spanische
Festland und die Balearen hinweg und erreichte in den Abendstunden die noch
immer über der spanischen Nordküste liegende Luftmassengrenze. In diesem
Bereich fielen die Niederschläge im Tagesverlauf besonders kräftig aus. Im
Norden Spaniens wurden verbreitet über 20 mm Niederschlag innerhalb von 12
Stunden bis 20 Uhr MEZ gemessen. In Tivissa meldete
man sogar für den gleichen Zeitraum 76,5 mm. Auch die Temperatur war durch die
anhaltenden Niederschläge und die einströmenden kälteren polaren Luftmassen nun
auf der gesamten Iberischen Halbinsel gesunken. Nur an der südlichen Mittelmeerküste
Spaniens wurden noch Höchstwerte bis 24°C erreicht. Im übrigen Land stieg die
Temperatur kaum über 20°C. Im Gegensatz dazu lenkte das Höhentief weiter sehr
warme Luft von der Sahara in den zentralen Mittelmeerraum. In Tunis und in
Palermo wurden dadurch Höchsttemperaturen von 40,6°C bzw. 39,4°C erreicht und
auch in Neapel und Bari konnte die 30°C Marke geknackt werden. Ähnlich hohe
Temperaturen wurden im gesamten östlichen Mittelmeerraum bis nach Rumänien
verzeichnet. So meldete man auch im rumänischen Constanta am Schwarzen Meer und
im südalbanischen Vlora 32,0°C bzw. 35,4°C als Tageshöchsttemperatur.
Am 15.05. um
01 Uhr MEZ konnte der Kern des Tiefdruckgebiets DOREEN I mit leicht gestiegenem
Luftdruck von rund 1010 hPa über dem Süden Portugals und der Kern DOREEN II mit
etwa gleichem Luftdruck über dem Süden Frankreichs und dem Norden Italiens
lokalisiert werden. Beide lagen im Bereich der markanten Luftmassengrenze über Europa. Das Frontensystem des
Tiefdruckkerns DOREEN I hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits aufgelöst. Im
Bereich des Tiefdruckkerns kam es in den frühen Morgenstunden, vor allem in den
höheren Lagen wiederholt zu leichten Regenschauen. Ausgehend vom Tiefdruckkern
DOREEN II verlief eine Okklusionsfront bogenförmig in südliche Richtung entlang
der Westküste Italiens bis in ein unbenanntes Tief über Tunesien, die
allerdings keine Niederschläge brachte. Besonders heftige Niederschläge
entstanden dagegen in den frühen Morgenstunden des 15.05. im südlichen
Alpenraum im Bereich des Tiefdruckkerns DOREEN II und entlang der
Luftmassengrenze. Im Nordwesten Italiens meldete man 12stündig bis 08 Uhr MEZ
verbreitet über 50 mm Niederschlag. So fielen in Monza 76,8 mm, in Borgomanero 60,4 mm und an der Station Corsico
in Mailand sogar 122,0 mm. Im Laufe des Tages ließen die Regenschauer deutlich
nach und vieler Orts wurden bis 20 UHR MEZ nur noch einstellige Niederschlagssummen
gemeldet. Nur in den höheren Lagen und entlang des Golfs von Genua verzeichnete
man noch Niederschlagsmengen um 15 mm. Ähnliche Regensummen meldete man im
gleichen Zeitraum auch auf der Iberischen Halbinsel. Vor allem im Bereich der
Luftmassengrenze, die nun von den Pyrenäen über Madrid bis über Lissabon
verlief, wurden zweistellige Niederschlagswerte gemeldet. Durch die Verlagerung
des Tiefdruckkerns DOREEN II in östliche Richtung gelangte nun auch der
westliche Mittelmeerraum in den Einfluss der kühleren Luftmassen. So wurden in
Palermo beispielweise nur noch maximal 25,1°C und in Tunis 25,3°C gemeldet. Auch
in Genua blieb es mit höchstens 18,0°C im Vergleich zu 24,6°C am Vortag
deutlich kühler. Noch kühler blieb es auf der Iberischen Halbinsel. Vor allem
im Norden Spaniens stieg die Temperatur kaum über 15°C. Den extremen Gegensatz
dazu bildet der westliche Mittelmeerraum, wo durch den Einfluss heißer
Tropikluft verbreitet über 30°C erreicht wurden. Auf Kreta meldete man maximal
37,0°C, in Tatoi nördlich von Athen 35,8°C und auch
in Antalya wurden 37,3°C gemessen.
Bis zum
16.05. 01 UHR MEZ verlagerten sich die beiden Tiefdruckzentren rasch mit der
westlichen Höhenströmung entlang der beständigen Luftmassengrenze in Richtung
Nordosten. Die Fronten beider Tiefdruckkerne hatten sich bereits aufgelöst,
wodurch sie an Intensität und Wetterwirksamkeit verloren. So konnte der Wirbel
DOREEN II mit einem Luftdruck von knapp unter 1010 hPa über der Krim und der
Wirbel DOREEN I mit einem Kerndruck von knapp unter 1015 hPa über der Lombardei
lokalisiert werden. Vor allem im Nordwesten Italiens kam es im Bereich der
Luftmassengrenze im Tagesverlauf erneut zu stärkeren Regenschauern. So fielen in Front nördlich von Turin
innerhalb von 24 Stunden bis zum 17.05. 08 Uhr MEZ 44,4 mm und in Castelmagno 57,4 mm.
Von Westen
breitete sich das Hochdruckgebiet QUIRINIUS I im Laufe des 17.05. weiter über
die Iberische Halbinsel aus und verdrängte somit die Zone tieferen Luftdrucks
und auch die Luftmassengrenze in östliche Richtung.
Bis zum
17.05. um 01 Uhr MEZ hatte sich der Kern DOREEN II über dem Schwarzen Meer
bereits aufgelöst und es konnte nur noch ein Tiefdruckkern mit einem Kerndruck
von nur noch knapp 1020 hPa nordwestlich von Budapest lokalisiert werden. Entlang
der Luftmassengrenze, die noch immer entlang des Kaukasus, südlich der Karpaten
und über den Alpen lag, kam es im Tagesverlauf abermals zu leichten
Niederschlägen, die meist jedoch einstellig blieben. Nur im Bereich der
Meeralpen wurden 12-stündig bis 20 Uhr MEZ über 30mm Niederschlag gemessen.
Am 18.05. um
01 Uhr MEZ konnte das bereits abgeschwächte Tiefdruckgebiet DOREEN noch einmal
mit einem Luftdruck von knapp über 1020 hPa über dem Schwarzen Meer analysiert
werden, bevor es sich im Tagesverlauf vollständig auflöste.