Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet DORIS

(getauft am 07.06.2010)

 

Am 7. Juni 2010 bildete sich über dem Atlantik vor der Irischen Küste ein Tiefdruckgebiet, das auf den Namen DORIS getauft wurde. Der Kerndruck lag bei etwas unter 1000 hPa. Bis zum nächsten Tag war die Zyklone weiter nach Osten bis zu den Britischen Inseln vorangekommen. Eine vom Zentrum über Südirland bis nach England und Nordfrankreich verlaufende Okklusionsfront, also eine Luftmassengrenze mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, war auf der Bodenwetterkarte zu erkennen. Während das Tief DORIS die Britischen Inseln überquerte, kamen zum Teil erhebliche Niederschlagsmengen zusammen, wie zum Beispiel in Wales, wo örtlich über 30 l/m² Regen innerhalb von 24 Stunden fielen. Am 9. Juni war der Kern des Wirbels DORIS nach Süden vor die Küste von Cornwall gewandert, von dem sich eine Okklusionsfront bis nach Norddeutschland zog. Von dort erstreckten sich weitere Fronten nach Osteuropa sowie nach Frankreich. Entlang der angesprochenen Okklusionsfront kam es unter anderem in den Niederlanden zu Regenfällen, die dort in Den Helder 14 l/m² und in Rotterdam 12 l/m² Niederschlag innerhalb von 24 Stunden brachten. Im Norden Deutschlands machte sich die Okklusionsfront in Form einer deutlichen Luftmassengrenze ebenfalls bemerkbar. Während die Station Schleswig nur 15°C und Kap Arkona sogar nur 12°C als Tageshöchsttemperatur meldeten, gab es an einigen Berliner Stationen einen „heißen Tag“, der durch eine Tageshöchsttemperatur von mindestens 30°C definiert ist. In München war es mit 34°C über 20 Grad wärmer als auf Rügen. Die Analyse des 11. Juni ergab, dass sich das Tiefdruckgebiet DORIS in zwei Teiltiefs aufgespalten hatte. DORIS I war mit ihrem Kern über der nördlichen Biscaya zu sehen, DORIS II lag über Norddeutschland. Im Tagesverlauf regnete es im Einflussbereich von DORIS I unter anderem in Frankreich, so dass es in Toulouse 17 l/m² Niederschlag in 24 Stunden gab, in Paris wurden 25 l/m² im gleichen Zeitraum registriert. DORIS II brachte dagegen über der Ostsee bei einzelnen Gewittern bis zu 15 l/m² Regen in 24 Stunden. Ansonsten machte sich dieses Teiltief vor allem dadurch bemerkbar, dass an seiner Vorderseite sehr heiße Luft nach Mittel- und Ostmitteleuropa transportiert wurde. In Berlin wurde örtlich die 30°C-Marke wieder überschritten, im österreichischen Wiener Neustadt betrug der Tageshöchstwert 35,1°C. Am 12. Juni zeigte sich DORIS I auf der Bodenwetterkarte weiterhin über der Biscaya, von wo aus eine Okklusionsfront bis in die Mitte Deutschlands reichte. Über Südnorwegen und Mittelschweden befand sich DORIS II, dessen Fronten weite Teile Nordosteuropas beeinflussten und über die Okklusionsfront über Mitteleuropa mit DORIS I verbunden waren. Über Ostmitteleuropa wurden gebietsweise Schauer und Gewitter registriert, die im tschechischen Brno 17 l/m² und im polnischen Białystok 14 l/m² Niederschlag brachten. Der Kern der Hitze befand sich über Österreich und Ungarn sowie Teilen Rumäniens, wo es jeweils weit über 30°C, örtlich über 35°C heiß wurde. In Berlin jedoch wurden Temperaturen um 20°C erreicht, da sich auf der Rückseite der Luftmassengrenze eine deutlich kühlere Strömung einstellen konnte. Aber auch in Spanien war es im Zusammenhang mit den Teiltief DORIS I kühler als sonst üblich, beispielsweise in Sevilla mit knapp 24°C Tageshöchsttemperatur im Vergleich zu einer durchschnittlichen Höchsttemperatur von 32°C. Dazu kam auf der Iberischen Halbinsel zum Teil enormer Regen, wie in der nordspanischen Provinz Asturien, wo über 200 l/m² innerhalb von 4 Tagen gemessen wurden. Am 13. Juni befand sich ein Zentrum der Tiefdruckzone über Europa in Finnland, dem auf der Wetterkarte der Kern des Teiltiefs DORIS I zugeordnet wurde, während über dem europäischen Nordrußland ein weiteres Teiltief, DORIS II zu sehen war. Die komplexe Verteilung der Fronten über dem östlichen Europa blieb bestehen, und es gab weiterhin eine deutliche Luftmassengrenze, an der sich unter anderem über Polen und dem südlichen Baltikum auch Gewitter bildeten. In Rumänien lagen die Höchsttemperaturen zum Teil über 35°C, und auch in Wolgograd im südlichen Russland wurde dieser Wert überschritten. Gleichzeitig gab es im nordrussischen Murmansk, wo sogar Schneeschauer auftraten, eine Höchsttemperatur von gerade einmal 6,2°C. In den Folgetagen befanden sich die Kerne des Tiefdruckkomplexes DORIS weiterhin über Nordosteuropa. Im Einflussbereich der kühlen Luft aus Norden auf der Rückseite des Tiefs DORIS gab es in Norddeutschland in der Nacht vom 14. zum 15. Juni an den Meßstationen Itzehoe und Dörnick, die sich jeweils in Schleswig-Holstein befinden, leichten Bodenfrost. Am 15. Juni wurden in Wolgograd auf der warmen Seite des Tiefs DORIS wiederum 35°C erreicht, während es in Moskau bei maximal 16°C kühl war. Die Luftmassengegensätze verringerten sich danach langsam und die Wetteraktivität wurde geringer. Am 17. Juni war das Tiefdruckgebiet DORIS mit seinem Kern über dem nördlichen Russland zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen.

 


Geschrieben von Heiko Wiese am 25.07.2010

Wetterkarte vom 11.06.2010

Pate: Doris Klug von Biedermann