Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet DRAGI
(getauft
am 08.03.2018)
Das Wetter in den gemäßigten Breiten
wird maßgeblich von der Abfolge durchziehender Gebiete tieferen und höheren
Drucks in der bodennahen Atmosphäre beeinflusst. Tiefdruckgebiete entstehen
durch das Aufsteigen herangeführter Luft im Zentrum und das herbeigeführte
Luftdefizit am Boden. Die sogenannten Fronten grenzen die herantransportierten,
verschieden temperierten Luftmassen ab. Da sich kältere Luft schneller fortbewegt,
holt die Kaltfront dabei im Laufe der Zeit die vorlaufende Warmfront ein, woraufhin
sich eine Okklusionsfront, also eine Mischfront, welche Eigenschaften beider
Frontentypen in sich vereint, bildet. Am 08.03.2019 wurde ein solches Tief als Teil
eines Komplexes aus mehreren Tiefdruckgebieten über dem Nordatlantik in
Prognose auf den Folgetag auf den Namen DRAGI getauft.
Am 09.03. um 01 Uhr MEZ lag das Tiefs DRAGI
mit einem Kerndruck von gut 985 hPa nördlich von Schottland. Zu diesem
Zeitpunkt begann das Tief bereits zu okkludieren. Die Okklusion erstreckte sich
in einem Bogen vom Kern des Tiefs nach Südosten über die Nordsee, wo sie sich
über Nordfrankreich in eine bis über Spanien reichende Warmfront und eine über
der Biskaya in eine Warmfront verlaufende Kaltfront aufspaltete. Im Bereich des
westlichen Mitteleuropa waren dabei besonders starke Druckunterschiede zu
beobachten, wodurch das Tiefdruckgebiet zu einem Sturmtief wurde. Besonders
stark traf es das Ruhrgebiet: Zwischen 17 und 18 Uhr wurden zwischen Dortmund
und Köln flächendeckend Windgeschwindigkeiten über 90 km/h gemessen. Gewitter
wurden vom Niederrhein bis zur Niederlausitz beobachtet; die höchste
zwölfstündige Niederschlagsmenge wurde mit 14 mm bis 19 Uhr im oberfränkischen
Teuschnitz gemessen.
Im Tagesverlauf okkludierte das
Tiefdruckgebiet DRAGI weiter, während sich sein Kern Richtung Osten verlagerte
und somit am 10.03. um 01 Uhr MEZ mit unverändertem Druck über der estnischen
Ostseeküste lag. Die Okklusion bildete einen Bogen nach Süden über Weißrussland
und die Ukraine. Vom Kern aus ging außerdem noch eine kurze Kaltfront ab,
welche bis zur nördlichen Spitze Dänemarks reichte. Hinter der Kaltfront wurde
kontinentale Arktikluft Richtung Zentrum herangeführt. In Oslo brachte diese in
der Nacht auf den 10.03. Tiefsttemperaturen um -10°C, während es vor der Front
in Helsinki -2°C und in St. Petersburg +1°C waren. Im ganzen Gebiet kam es
verbreitet zu Bewölkung und geringem Niederschlag in flüssiger und fester Form.
In einer Höhe von rund 5,5 km über dem Boden hatte sich ebenfalls ein Bereich
tieferen Drucks gebildet, welcher direkt über dem Bodentief lag und sich zum
Folgetag mit diesem verlagerte.
Am 11.03. lag der Kern des Tiefs DRAGI
mit einem Druck von unter 990 hPa über der finnisch-russischen Grenze. Die
Okklusion erstreckte sich Richtung Südwesten, während eine Warmfront nach
Nordosten und eine Kaltfront nach Süden bis nördlich von Warschau verlief. Unter
Kaltlufteinfluss stieg in St. Petersburg die Höchsttemperatur, nach +4°C am
Vortag, nur kaum über den Gefrierpunkt; in der Nacht waren die Temperaturwerte
im Südosten Finnlands auf bis zu -18°C gesunken.
Zum 12.03. wanderte das Tiefdruckgebiet
DRAGI weiter nach Osten und verlor dabei zunehmend an Wetterwirksamkeit. Während
die Warmfront um 01 Uhr MEZ weiter entlang der Küste zur Barentssee verlief,
zog sich die in eine Kaltfront übergehende Okklusion nach Südosten über das
russische Inland. Bei anhaltendem Warmlufteinfluss bewegten sich die
Temperaturen in Archangelsk um den Gefrierpunkt, kühlten aber ab dem Mittag
wieder auf jahreszeitentypischere -10°C ab, dabei kam es zu Schneefall.
Der Tiefdruckkern befand sich am 13.03.
um 01 Uhr MEZ mit einem Druck von unter 995 hPa mit einer nach Osten zeigenden
Warmfront über dem nördlichen Ural. Da das Tiefdruckgebiet DRAGI dort keinen
Einfluss auf das europäische Wetter mehr hatte, war es in den nächsten Tagen
nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet.