Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet DUGLORE

 (getauft am 14.12.2020)

 

In der Prognose der Bodenanalyse der Berliner Wetterkarte (BWK) vom 14.12.2020 für den 15.12.2020 um 00 UTC (01 Uhr MEZ) wurde die Verlagerung eines bis dato noch schwach ausgeprägten Tiefdruckgebietes mit Kern über Nova Scotia über den Nordatlantik prognostiziert. Damit nahm die Zyklone Kurs auf Europa und sollte in der Folge das Wettergeschehen dort mitbestimmen. Aus diesem Grund entschieden sich die Meteorologen der BWK dieses Druckgebilde auf den Namen DUGLORE zu taufen.

Erstmals namentlich tauchte dann Tief DUGLORE am 15.12. um 00 UTC in der Bodenwetterkarte auf. Das Tief befand sich direkt an der Polarfront, also der Grenze zwischen den warmen tropischen Luftmassen und den kalten polaren Luftmassen, mitten über dem Atlantik und wurde am Rand der Zyklone BARBARA mit in dessen Zirkulation, als sogenanntes Randtief, mit aufgenommen. Das Tief hatte bedingt durch seinen warmen Kern und der damit verbundenen größeren Schichtdicke zwischen zwei Flächen gleichen Drucks nur eine geringe vertikale Ausdehnung und war in den Wetterkarten der Höhenströmung, also in der 500 hPa-Karte, zunächst gar nicht oder nur als schwache Welle auszumachen. Etwa nördlich der Azoren wies Tief DUGLORE zu diesem Zeitpunkt einen minimalen Druck von knapp unter 1000 hPa auf. Um den Kern herum hatte sich eine kurze nach Süden ausgerichtete Warmfront gebildet. Hinter dem nur schwach ausgeprägten Warmluftsektor, also dem Bereich zwischen Warm- und Kaltfront, verlief eine nach Westen in Richtung Neufundland gerichtete Kaltfront, die, bedingt durch ihre Lage an der Polarfront, einen starken Temperaturgradienten aufwies. Direkt nördlich dahinter erstreckte sich eine annähernd parallel dazu verlaufende Okklusionsfront, also eine Mischfront, die durch das Einholen der Warmfront durch die Kaltfront entsteht. Die Warm- und kurze Zeit später auch die Kaltfront überquerten am 15.12. die Azoren und brachten dort mäßige Niederschläge in Form von Schauern. So fielen in dem Ort Horta am Morgen 9,0 mm Regen, auf Santa Cruz das Flores 7,0 mm, während auf benachbarten Inseln, wie z.B. im Ort Angra do Heroísmo auf der Insel Terceira mit nur 0,8 mm zum Teil deutlich weniger Niederschlag gefallen ist. Das lässt auf regional sehr unterschiedliche Schaueraktivität schließen und ist typisch für das Auftreten von Schauern. Das Frontensystem war indes kaum temperaturwirksam, d.h. die Temperaturen lagen sowohl vor, als auch nach dem Durchzug der Warm- und Kaltfront bei etwa 16 bis 18°C. Aufgrund der maritim geprägten Lage mitten im Atlantik wirken sich die Temperaturunterschiede an Fronten aber generell nicht so stark aus wie über dem Festland. Mit den Schauern wurden auf den Azoren auch hohe Windgeschwindigkeiten gemessen, in Horta erreichten die Böen gegen Morgen mit 93 km/h Sturmstärke, auch in Angra do Heroísmo wurde mit 63 km/h stürmischer Wind gemessen.

 

Das Tiefdruckgebiet verlagerte sich schnell mit der zonalen Strömung in östliche Richtung und lag mit seinem Zentrum in der Nacht zum 16.12. bereits an der Südwestspitze Irlands. Die Zyklone hatte sich im Tagesverlauf intensiviert und brachte es nun auf einen minimalen Kerndruck von rund 985 hPa. Tief DUGLORE war zum Teil okkludiert, die Okklusionsfront reichte beim Tageswechsel von der irischen Küste bis zum Okklusionspunkt, also dem Punkt, wo Warm- und Kaltfront am Boden wie bei einem Reißverschluss zusammenlaufen, am nordwestlichen Ende der Iberischen Halbinsel. Von dort aus liefen eine Warmfront entlang der portugiesischen Küste und eine Kaltfront bogenförmig auf den Atlantik hinaus. Entlang des Frontensystems von Tief DUGLORE kam es in der Nacht zum 16.12. zu ergiebigen Niederschlägen längs der spanischen und portugiesischen Küste. Die höchste Niederschlagssumme von rund 96 mm wurde in der spanischen Stadt Mazaricos gemessen, die am nordwestlichen Punkt der Iberischen Halbinsel liegt. Auch ringsherum wurden verbreitet Werte zwischen 60 und 90 mm gemessen, wovon ein Großteil in den frühen Morgenstunden gefallen ist. Weiter ins Landesinnere gingen die Niederschlagssummen deutlich zurück, die Hauptstadt Madrid erreichten beispielsweise gegen Abend nur noch schwache Reste der Front von unter 1 mm. Mit dem Durchzug der Front in der Nacht wurden an der spanischen Küste auch Orkanböen erreicht, wie z.B.  im Ort Fisterra mit 115 km/h oder auf Erhebungen, wie dem rund 1000 m hohem Bergort Chandrexa de Queixa mit 111 km/h. Die Warmfront sorgte dabei für keinen signifikanten Temperaturanstieg, an der spanischen Küste lagen die Temperaturen verbreitet zwischen 10 und 12°C. Mit dem Durchzug der nachfolgenden Kaltfront wurden kühlere Luftmassen advehiert, was die Temperaturen verbreitet um 2 bis 3 Kelvin absinken ließ. Auch über der südlichen irischen Küste brachte die Okklusionsfront der Zyklone DUGLORE am frühen Morgen Niederschläge, die aber im Vergleich zu denen über Spanien gering ausfielen. So wurden im irischen Ort Cork 8 mm erfasst. Allerdings wehten auch hier an exponierten Stellen stürmische Winde, wie beispielsweise südlich von Cork am Roches Point mit 87 km/h oder auf der südwestlich vorgelagerten Insel Sherkin Island mit 73 km/h. Im Tagesverlauf überquerte die Okklusionsfront die Britischen Inseln und erreichte bis zum Abend Schottland mit Niederschlägen. Gemessen wurden häufig 24-stündige Niederschlagssummen zwischen 5 und 10 mm, so beispielsweise in Aberdeen mit 5 mm und Liverpool mit 10 mm. Durch die schauerartige Form gab es aber einige regionale Ausreißer nach oben und unten. In Edinburgh fiel mit 1 mm kaum Regen, an der schottischen Wetterstation Tulloch Bridge, 100 km nordwestlich, wurde mit 31 mm die höchste Niederschlagssumme registriert.

 

Blockiert durch den hohen Luftdruck über Osteuropa durch das Hoch YADIGAR wurde die Zyklone DUGLORE mit der zyklonalen Strömung um das Tief BARBARA, welches annähernd stationär nordwestlich von Irland lag, auf eine nördliche Zugbahn gelenkt und überquerte am 16.12. Irland und Großbritannien. Das Zentrum des Tiefs befand sich in der Nacht zum 17.12. am nördlichen Ende von Schottland und wies einen minimalen Kerndruck von um die 990 hPa auf. Das Tief BARBARA wurde von der Zyklone DUGLORE regelrecht verschluckt und war am 17.12. vollständig verschwunden. Die bogenförmig verlaufende Okklusionsfront verlief nun von der Nordspitze Schottlands über die Nordsee, Frankreich, und den Pyrenäen bis nach Spanien. Aus der zyklonalen Rotation resultierte eine westliche bis südwestliche Strömung über den Britischen Inseln und Mitteleuropa, die feuchte und milde Atlantikluft subtropischen Ursprunges heranführte. Die Niederschlagssummen fielen dabei gering aus, Paris registrierte bis 06 UTC eine 12-stündige Niederschlagssumme von 4 mm, in Brüssel wurden 3 mm aufgezeichnet. Nennenswerter Wind wurde beim Durchzug der Okklusion über dem europäischen Festland nicht registriert, nur an den Küstenregionen gab es Böen bis 50 km/h, wie beispielsweise in Ijmond bei Amsterdam. Im Tagesverlauf des 17.12. zog die Okklusionsfront vom Tief DUGLORE über Dänemark und Deutschland, war aber nur noch schwach wetterwirksam. In weiten Teilen Deutschlands wurden keine oder nur sehr geringe Niederschläge registriert, in Nordfriesland und Dänemark fielen verbreitet Summen zwischen 5 und 10 mm. So wurden am Flughafen Kopenhagen-Kastrup 5 mm, in Cuxhaven 6 mm und in Hamburg noch 3 mm im Zeitraum zwischen 06 und 19 UTC erfasst. Überwiegend war das Wetter dabei trüb und grau, die Sonne schaffte nur im Osten und am Alpenrand sich zu zeigen. Die Okklusion bewirkte nur eine geringe Erhöhung der Temperatur, die wärmeren Luftmassen vom Atlantik ließen die Temperaturen ein paar Kelvin auf Werte von 10°C oder knapp darunter ansteigen, in Flensburg wurden gegen 12 UTC 8°C gemessen, in Bremen 10°C. Der südwestliche Wind war dabei im Mittel schwach, nur an den Küsten mäßig, teils auch stark. In List auf Sylt erreichten die Böen 46 km/h, in Hamburg 33 km/h, in Berlin 30 km/h. Einzig auf dem Brocken konnten aufgrund der exponierten Lage mit 87 km/h Sturmböen gemessen werden.

 

Gegen Vormittag des 17.12. erreichte die Okklusion die norwegische Küste und brachte dort küstennah geringe, in höheren Lagen auch mäßige Niederschläge. Im Küstenort Kristiansand fielen in 12 Stunden 14 mm Regen, im Ort Melsomvik 200 km nordöstlich fielen bis zum Abend 25 mm. Nennenswerter Wind, überwiegend aus südwestlicher Richtung, trat dabei nur an den Küsten und den Hochlagen auf. An dem Leuchtturm Kråkenes, nördlich von Bergen, wurde eine Sturmböe von 80 km/h gemessen. In Höhenlagen über 400 m über NN fiel der Niederschlag als Schnee, hier gab es bis zum Abend Neuschnee von bis zu 10 cm, lokal in Staulagen mehr. In Hemsedal auf knapp über 600 m erhöhte sich die Schneedecke um 17 cm. In Lagen unter 200 m hingegen schmolz die Schneedecke durch die wärmeren Temperaturen, an den Küstengebieten lag die Schneefallgrenze durch das aufgrund des Nordatlantikstroms wärmeren Wassers einige hundert Meter höher.

Am Abend des 17.12. bildete das Tief einen zweiten Kern an einer Welle an seinem südöstlichen Gradienten aus, DUGLORE II, welches am Abend über dem Skagerrak lag und sich in der Nacht weiter nach Nordosten bewegte, bis es gegen Mittag des 18.12. abgeschwächt Finnland erreichte. Der Kerndruck lag dabei bei rund 1010 hPa, also nur noch knapp über dem Normaldruck von 1013 hPa. Das ursprüngliche Zentrum des Tiefs, nun als DUGLORE I bezeichnet, wurde über den Färöer Inseln in der Nacht zum 18.12. ausgebremst, schwächte sich weiter ab  und befand sich nun östlich von Island über dem Europäischen Nordmeer mit circa 995 hPa. Beide Kerne waren durch eine Okklusionsfront miteinander verbunden. In der Nacht verlief die Okklusionsfront von den Färöer Inseln über das norwegische Gebirge bis zum Balkan. Mit der südwestlichen Strömung und der Abkühlung der feucht-milden maritimen Luftmassen kam es entlang der Okklusion weiter zu Niederschlägen. In Schweden fielen in der Nacht verbreitet um die 5 mm Regen, in den Bergen im Landesinneren bis zu 10 mm, in Lagen über 300 m fiel Schnee. Die Wetterstation in Stockholm-Tullinge ermittelt 4 mm Regen,  die norwegische Hauptstadt maß 5 mm. Die Schneedecke in den Bergen wuchs verbreitet zwischen 10 und 15 cm, in Östersund auf etwa 350 m über NN um 6 cm, in Strömsund 100 km nördlich von Östersund auf etwa halber Länge des Bottnischen Meerbusens fielen 16 cm Neuschnee. Auch in den Balkanstaaten Lettland, Litauen und Estland kam es am Vormittag des 18.12. zu Niederschlägen. Meist lagen diese in einer Höhe von unter 5 mm, nur an der Küste wurde etwas mehr registriert. Die litauische Hafenstadt ermittelte 9 mm, die lettische Hauptstadt 3 mm, genauso wie die estnische Hauptstadt Tallin. In Helsinki in Finnland waren es 2 mm. Die Niederschläge fielen dabei durchgängig als Regen, was in der nördlichen Region zu dieser Jahreszeit eher ungewöhnlich ist. Zum Abend hin erreichten die Niederschläge Russland, wo sie zunächst als Schnee, dann auch dort als Regen niederfielen. In Sankt Petersburg blieben zunächst rund 3 cm Schnee liegen, später gingen die Schneefälle jedoch in leichten Sprühregen über. Auch auf dem finnischen Festland fielen geringe Mengen Schnee, im finnischen Ort Oulu am nördlichen Ende des Bottnischen Meerbusens z.B. 1 cm, an den Küsten teilweise auch Regen. Der südliche Wind war dabei schwach. Die Temperaturen an den Küsten stiegen leicht auf Werte um die 5°C an, im Landesinneren lagen sie in tiefen Lagen um oder knapp über dem Gefrierpunkt.

 

In der Nacht zum 19.12. löste sich Tief DUGLORE I auf und Tief DUGLORE II wurde nun wieder als einkernige Zyklone DUGLORE weitergeführt, schwächte sich jedoch auch zunehmend ab. Deren Reste sorgten am 19.12. noch einmal für geringe Niederschläge und zudem für dichte Bewölkung. Dadurch konnte an den eh schon kurzen Tageszeiten so gut wie kein Sonnenschein beobachtet werden. Gegen Mittag des 19.12. tauchte DUGLORE sowie dessen Frontensystem nicht mehr in den Analysekarten auf und war vollständig in der südwestlichen Strömung des Tiefdruckkomplexes EVA - FERNANDA nördlich der Britischen Inseln aufgegangen.

Tief DUGLORE sorgte durch seine Advektion warmer Luftmassen vom Atlantik für unbeständiges Wetter und eine deutliche Milderung vor Weihnachten, wodurch die Schneedecke bis in die höheren mittleren Lagen abgeschmolzen ist.