Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
EBERHARD
(getauft
am 09.03.2019)
Am 08.03.2019
bildete sich entlang der Kaltfront eines unbenannten Tiefdruckkomplexes,
welcher sich von der Ostküste Neufundlands bis über den Atlantik südöstlich von
Grönland erstreckte, ein Randtief nordwestlich der Azoren und erschien am
09.03. erstmals auf der Analysekarte der Berliner Wetterkarte. Das Tief
entstand an der Vorderseite eines sich in der oberen Troposphäre befindlichen
Trogs des Jetstreams, welches typischerweise Divergenz, also Auseinanderströmen
der Luft, in der Höhe auslöst und somit ein Tiefdruckgebiet am Boden zur Folge
hat.
Am 09. März
um 00 UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, befand sich das Tief mit einem Kerndruck
von ca. 1015 hPa rund 800 km nordwestlich der Azoren und wurde auf den Namen EBERHARD
getauft. Im Laufe des Tages verlagerte es sich zügig nach Nordosten Richtung
Irland. In den Nachmittagsstunden durchlief eine Warmfront der Zyklone den
Westen Frankreichs mit Zugrichtung Norden, welche für schwachen Regen sorgte.
Bis 19 Uhr MEZ betrugen die maximalen 12- stündigen Niederschlagsmengen 6 mm
bei Cognac nahe der Westküste Frankreichs.
Die Kaltfront des Tiefs verlief nach Westen über dem Atlantischen Ozean.
Am folgenden
Tag um 01 Uhr MEZ befand sich der Kern des Tiefs EBERHARD über Südirland, wo es
bei einem Kerndruck von 1000 hPa bereits zur Okklusion kam. Eine Okklusion ist
eine Front, die durch das Einholen der Warmfront durch die Kaltfront entsteht.
Hierbei schiebt sich die kalte Luft aufgrund der höheren Dichte unter die
Warmluft und drückt diese nach oben. Die Hebung führt oft zur Bildung von
dichten Wolkenfeldern, welche oft viel Niederschlag mit sich bringen. Dies
passierte auch in diesem Fall an der Okklusionsfront über Südirland, wo in
Spitzen 6-stündige Niederschlagssummen von 12 mm in Shannon fielen. Auch in
Großbritannien setzte der Regen ein, der mit durchschnittlichen
Niederschlagssummen von 2-4 mm in 6 Stunden noch deutlich schwächer ausfiel. Im
Südwesten Englands wurden mit 52 km/h in Plymouth die höchsten durchschnittlichen
Windgeschwindigkeiten gemessen, bei Spitzenböen von 70 km/h. An der
Nordwestspitze Frankreichs wurden bei Brignogan sogar Böen bis zu 96 km/h
aufgezeichnet, welches einer Windstärke von 10 auf der Beaufort-Skala
entspricht.
Im Laufe des
Tages zog die Zyklone weiter nach Osten und machte sich auch in Deutschland
bemerkbar. Am frühen Morgen erreichten die Niederschlagsbänder den Westen
Deutschlands und verlagerten sich weiter nach Osten, sodass während des Tages
ganz Deutschland von Regen betroffen war. Um 13 Uhr MEZ befand sich der Kern
des Tiefs über den Niederlanden und der Okklusionspunkt, also der Punkt in dem
Kalt- und Warmfront in Bodennähe aufeinandertreffen, über Nordrhein-Westfalen.
Von dem Punkt aus verlief die Warmfront nach Südosten quer durch Deutschland
und machte sich durch einen starken Temperatur - und Windgradienten bemerkbar.
So wurden in Frankfurt Temperaturen von bis zu 14°C gemessen, während keine 150
km entfernt in Kassel Temperaturen von 4°C aufgezeichnet wurden. Die
Maximaltemperatur in Deutschland lag bei 17°C in der Gegend von Freiburg. Der
ganze Süden Deutschlands war von heftigen Sturmböen, die teilweise sogar
Orkanstärke erreichten, betroffen. Die Spitzenböe des Tages wurde im Südwesten
Deutschlands auf dem Feldberg im Schwarzwald bei einer Geschwindigkeit von 163
km/h gemessen. Auch im Flachland bei Chemnitz gab es Böen von bis zu 120 km/h.
Nördlich der Mittelgebirge erreichten die Böen hingegen nur Geschwindigkeiten
von circa 40 km/h. Die mit dem Tiefdurchzug verbundenen Niederschläge fielen im
Schwarzwald mit bis zu 40 mm in 12 Stunden bis zum Abend am stärksten aus.
Am 11.03 um
01 Uhr MEZ hatte das Sturmtief EBERHARD Deutschland bereits vollständig
überquert und befand sich mit seinem Kern bei einem Druck von knapp 995 hPa
über Warschau. Von dort aus verlief die Kaltfront südwestlich über die Ukraine,
Ungarn und Norditalien bis nach Spanien, die Warmfront verlief südöstlich bis
hin zum Schwarzen Meer. Die Okklusionsfront erstreckte sich über Tschechien bis
nach Süddeutschland, wobei vor allem von Tschechien bis in den Norden
Österreichs im Gebirge orkanartige Böen auftraten. Auf der Schneekoppe wurde
eine Spitzenböe von 270 km/h gemessen. Der Süden Deutschlands erfuhr einen
deutlichen Rückgang der Lufttemperatur zum Vortag, bei Maximalwerten von 8°C.
Am Nachmittag
verlagerte sich das Tief unter erheblicher Abschwächung weiter nach Osten bis
nach Weißrussland. Bei Windböen von maximal 60 km/h gab es dort 12-stündige
Niederschlagsmaxima von 9mm in Schlobin südöstlich von Minsk.
Um 01 Uhr MEZ
des folgenden Tages befand sich die Zyklone nördlich von Wolgograd über
Russland, wobei sich ihre Kaltfront nach Südwesten bis nach Südosteuropa
erstreckte und sich entlang der Front über Bulgarien und der Westküste Griechenlands
zwei Randtiefs gebildet hatten. Die Okklusionsfront reichte nach Westen bis zur
ukrainischen Grenze, die Warmfront verlief weiter nach Osten. Der Kerndruck von
Tief EBERHARD hatte sich wieder erhöht und betrug knapp 1000hPa. Im weiteren
Verlauf zog die Zyklone weiter nach Osten, beeinflusste demnach das
Wettergeschehen in Mitteleuropa nicht mehr und wurde ab dem 13.03 nicht weiter
namentlich auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet.