Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet ECKHARD
(getauft am 12.01.2013)
Am
11.01. lag die Kaltfront eines unbenannten Systems über dem westlichen
Alpenbogen bei Marseille. Dadurch wurde im Lee des Gebirges die Bildung eines
neuen Tiefdruckwirbels induziert. Dieser wurde am nächsten Tag auf den Namen
ECKHARD getauft und lag zum Zeitpunkt der Taufe mit einem Kerndruck von ca.
1015 hPa über dem Mittelmeer zwischen Korsika und der französischen Stadt
Toulon.
Bis
zum nächsten Tag blieb der Wirbel nahezu stationär, bildete aber ein
Frontensystem aus. Gegen 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ
entspricht, des 13.01. lag die Zyklone ECKHARD mit unverändertem Druck
südöstlich von Marseille über dem Golf von Lion. Eine Warmfront reichte vom
Kern in nordöstliche Richtung und zog sich über Florenz und die Adria in
Richtung Südosten bis Griechenland. Die Kaltfront verlief hingegen in
südwestlicher Richtung an Mallorca vorbei über Spanien und verband sich über
dem Atlantik mit der Warmfront eines nachfolgenden Wirbels. Als drittes verband
eine Okklusionsfront den Kern der Zyklone ECKHARD mit dem sich vor der Bretagne
in Auflösung befindlichen Wirbel DIETER. Als Okklusionsfront wird dabei eine
Mischfront bezeichnet, die sowohl Kalt- als auch Warmfronteigenschaften in sich
vereint. Im Laufe des Tages verstärkte sich Tief ECKHARD zunehmend und es
setzten besonders in Kroatien und Slowenien teils starke Gewitter ein. Im
kroatischen Senji fielen während Gewittern, die zum Teil
mit Graupel und Hagel durchsetzt waren,
in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages 87 Liter, im etwas weiter südlich
gelegenen Rab sogar 96 Liter Regen pro Quadratmeter.
In der Nähe von Ugljan konnte sogar das Phänomen
eines Wolkenrüssels beobachtet werden, der jedoch nicht den Boden erreichte.
Abseits der Küsten, im Landesinneren, gingen die Niederschläge zumeist in
Schnee über. Ogulin, das Tags zuvor eine Schneehöhe
von 2 Zentimetern aufwies, meldete 24 Stunden später eine Schneedecke von 55
Zentimetern. In Zagreb lag je nach Stadtlage bei Temperaturen um -1°C zwischen
40 und 43 Zentimeter Schnee.
Zum 14.01. verlagerte sich das Zentrum nach Osten und lag um 00
Uhr UTC über Korsika. Vom Kern, der einen Druck von 1005 hPa aufwies und Tief
DIETER in seine Zirkulation aufgenommen hatte, ging westlich eine
Okklusionsfront aus, die ihren Okklusionspunkt nahe der der italienischen Stadt
Livorno hatte. Der Okklusionspunkt bezeichnet die Stelle, an der Warm- und
Kaltfront ineinander übergehen und eine Okklusionsfront bilden. Von diesem
Punkt verlief die Warmfront über Florenz und Senj in
Richtung Serbien und endete etwas westlich von Belgrad. Die Kaltfront hingegen
beschrieb einen Bogen nach Südwesten über Rom, an der Stiefelspitze Italiens
vorbei, über Tunis bis weit nach Algerien. Im kroatischen Raum kam es erneut zu
teils heftigen Niederschlägen, innerhalb von 12 Stunden fielen bis 18 Uhr UTC
in Senj 38 Liter und in Dubrovnik kamen 45 Liter pro
Quadratmeter zusammen. In Ogulin kamen bis 06 Uhr UTC
noch einmal 9 Zentimeter Neuschnee hinzu.
Am 15.01. um 0 Uhr UTC lag das Zentrum des Tiefdruckwirbels ECKHARD
mit einem Druck von 1010 hPa über dem Golf von Genua, nördlich von Korsika.
Gegenüber dem Vortag hatte es sich lediglich 100 Kilometer nach Norden
verlagert. Nördlich des Kerns, nahe Nizza beginnend, verlief eine Okklusionsfront
über Genua bis etwa nach Bologna, wo sie sich in eine Warm- und in eine
Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront beschrieb einen weiten Bogen nach
Nordosten über Kroatien und Ungarn, wo sie nahe Budapest in ein anderen
Frontensystem überging, die Kaltfront zog sich hingegen über Bologna und
südlich an Rom vorbei nach Südwesten über das Mittelmeer, bis Bizerta in Tunesien. Im Laufe des Tages kam es besonders
auf Sizilien und in Süditalien zu starken, teils mit Hagel versetzten
Niederschlägen. In Lamenzia wurden in 18 Stunden bis 00
Uhr UTC 35 Liter und in Palerno in 24 Stunden bis 06
Uhr UTC des
Folgetages 86 Liter Regen pro Quadratmeter registriert. Östlich der Adria, in
Albanien und Montenegro, kam es ebenfalls zu mäßigen bis starken Gewittern. Auf
der albanischen Insel Sazan wurden in 24 Stunden
Niederschlagsmengen von 79 Litern, in Podgorica, der
Hauptstadt Montenegros, waren es 96 Liter und in der Küstenstadt Bar sogar 98
Liter pro Quadratmeter.
War der Wirbel ECKHARD seit seiner Entstehung im Wesentlichen
stationär geblieben, verlagerte er sich zum 16.01. in Richtung Osten und lag
gegen 00 Uhr UTC mit einem Kerndruck von 1005 hPa über dem Dreiländereck
Bosnien und Herzegowina-Kroatien-Serbien. In einem Bogen ging vom Kern eine
Warmfront nach Norden aus, die sich mit dem Frontensystems eines über der
Ostsee liegenden unbenannten Tiefdruckgebietes verband. Nach Südosten verlief
vom Kern eine Kaltfront über Albanien und Griechenland, über Sirte weiter nach Libyen. Die Gewittertätigkeit verlagerte
sich dabei nach Griechenland und zur Westtürkei, in Tripolis registrierte man
in 24 Stunden Niederschläge von 35 Liter und in Izmir waren es im selben
Zeitrum 38 Liter Regen pro Quadratmeter. Bei Turgutlu,
was etwa 50 Kilometer westlich von Izmir liegt, konnte am späten Abend ein
Tornado gesichtet werden, der die Stärke 1 auf der Fujita-Skala
erreichte. Etwa drei Stunden später wurde bei Serik, nahe
Antalya, sogar noch ein zweiter, wenn auch schwächerer Tornado gemeldet.
Zum 17.01. zog der Kern der Zyklone ECKHARD unter allmählicher
Abschwächung weiter nach Nordosten und lag mit einem Druck von weiter hin 1005
hPa über der ukrainischen Stadt Chmelnyzkyj. Vom Kern
ging in südwestlicher Richtung eine Okklusionsfront mit Kaltfrontcharakter aus,
die sich über Budapest zog und südwestlich von Senj
über der Adria endete. Des Weiteren verlief in nordöstlicher Richtung eine
Warmfront über Russland bis etwa Morschansk und östlich
des Kerns ausgehend zog sich eine Kaltfront nach Süden über Bukarest und die
Ägäis bis nach Zypern. Mit den Fronten verlagerte sich auch das zu Tief ECKHARD
zuzuordnende Niederschlagsband im Laufe des Tages vom griechisch-türkischen
Raum nach Nordosten und brachte nun dem ukrainischen Raum Regen, der im
Grenzgebiet zu Russland und weiter nördlich zumeist in Schnee überging. In Konotop wurden durch leichten, mit Schnee durchsetzten
Landregen
in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages 3,5 Liter pr
Quadratmeter registriert. Im südlicher gelegenen Poltawa
brachten leichte Regenschauer 7,3 Liter und im russischen Brjansk
kamen durch leichte, anhaltende Schneefälle 14 Liter pro Quadratmeter zusammen.
Am 18.01. lag Tief ECKHARD mit seinem Kern und einem Druck von
1005 hPa im russisch-ukrainischen Grenzgebiet unweit von Brjansk.
In südöstlicher Richtung entsprang eine über Saratow reichende Warmfront, die
sich bis Kasachstan zog, sowie eine nach Südwesten verlaufende und nahe der
rumänischen Stadt Jassy Warmfrontcharakter annehmende
Kaltfront, die östlich von Ravenna über der Adria
endete. Leichte Schneefälle setzten von Südrussland bis zur Wolga ein, größere
Niederschlagsmengen kamen im Vergleich zu den vorangegangenen Tagen jedoch
nicht mehr zusammen. Saratow meldete bis 06 Uhr UTC
einen 24-stündigen Niederschlag von 5 Liter, in Sarama waren es bis zu 6 Liter
pro Quadratmeter.
Der
19.01. war zugleich der letzte Tag an dem das vor Genua entstandene Tief
ECKHARD auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet war. Um 00 Uhr UTC lag es mit
einem Kerndruck von nur wenig unter 1010 hPa über dem
zentralen Russland nahe der Stadt Kassimow. Vom Kern
entsprang in südöstlicher Richtung eine Okklusionsfront, die ihren
Okklusionspunkt nahe der kasachischen Grenzstadt Oral hatte. Vom Okklusionspunkt
verliefen die Warmfront nach Süden, und die Kaltfront nach Westen, bevor diese
sich über der Ukraine mit einer zum Wirbel FEODOR gehörenden Warmfront verband.
Im Laufe des Tages verlagerte sich Tief ECKHARD weiter nach Osten, verließ
somit den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte und konnte daher nicht
weiter analysiert werden.
Geschrieben
am: 02.04.2013 von Christian Ulmer
Berliner Wetterkarte: 17.01.2013
Pate:
Eckhard Winkler