Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ECKHART

(getauft am 17.03.2017)

 

Am 17.03.17 wurde anhand einer Prognosekarte für 12 Uhr UTC des folgenden Tages die Entstehung eines Tiefdruckwirbels vorhergesagt, welcher sich zum Prognosezeitpunkt über dem Ostseeraum befinden sollte. Das Tief bildete sich dabei entlang einer sich vom Atlantik Richtung Skandinavien ziehenden und sich wellenförmig deformierenden Front des bei Grönland liegenden Tiefs DIETER und wurde auf den Namen ECKHART getauft.

Am Tag seiner Entstehung befand sich Tief ECKHART um 00 Uhr UTC, dies entspricht 02 Uhr MESZ, mit einem Kerndruck von unter 995 hPa über der zentralen Nordsee und somit noch etwa 800 Kilometer westlich von der für 12 Uhr UTC prognostizierten Lage östlich von Dänemark. Vom Zentrum des Wirbels erstreckten sich eine Warmfront über Brüssel und die Normandie bis östlich der Bretagne, sowie eine zum Zeitpunkt der Analyse noch kleinskalige Kaltfront in Richtung Großbritannien, die sich nahe York mit dem Frontensystem des Grönlandtiefs DIETER verband. Durch einsetzende Hebungsprozesse entwickelte sich entlang der Ausläufer des Tiefdruckwirbels ECKHART ein ausgeprägtes Niederschlagsfeld, das sich im Tagesverlauf von Großbritannien über Dänemark und Deutschland in Richtung Polen und des Baltikums verlagerte. Binnen 24 Stunden wurden dabei bis 06 Uhr UTC des Folgetages durch anhaltenden, sowie teils schauerartig verstärkten Regens im dänischen Sjaelsmark 3,5 mm, im polnischen Łódź 5,5 mm und im ebenfalls polnischen Milejewo 19,7 mm registriert. Im gleichen Zeitraum wurden in Deutschland aus Putbus 9,8 mm, aus Düsseldorf 11,2 mm und aus Lüdenscheid 22,5 mm gemeldet. Über den Mittelgebirgen sowie entlang der Alpen fielen hingegen die Niederschläge aufgrund von Staueffekten sowie Hebungsprozessen beim Aufgleiten entlang der Gebirge in kältere Luftschichten besonders intensiv aus. So registrierten die Messgeräte in Bad Marienberg 36,2 mm, in Freudenstadt 45,9 mm und in Oberstorf 51,2 mm. Von der Station am Mondsee in Österreich wurden 62,0 mm, vom Gipfel des schweizerischen Säntis 84 mm und aus dem österreichischen Albertschwende bis zu 87 mm gemeldet. In den höheren Lagen fielen die Niederschläge teils als Schnee oder Schneeregen. Auch über den Britischen Inseln hatte sich das in der Nacht zum 18.03. entwickelnde Tief ECKHARD bereits als äußerst wetteraktiv erwiesen. So waren im Zeitraum von 18 bis 06 Uhr UTC des 18.03. durch anhaltenden Regen im nordenglischen Keswick 10 mm, im irischen Shannon 16 mm und im walisischen Capel Curig sowie in Sennybridge 25 mm gefallen. Zugleich herrschte über Deutschland verbreitet ein stürmischer westlicher Wind, der wie an der Station in Berlin-Dahlem mit Böen bis 93,7 km/h Stärke 10 auf der Beaufort-Skala erreichte. An besonders exponierten Lagen, wie auf der Zugspitze oder dem Brocken, registrierten die Anemometer mit Böen von 126,1 km/h bzw. 129,7 km/h gar Orkanstärke. Die stärkste Böe wurde jedoch mit bis zu 140,5 km/h im österreichischen Aigen im Ennstal gemessen.

Bis zum 19.03. war das Sturmtief ECKHART über Dänemark und die Ostsee hinweg über das südliche Baltikum gezogen und befand sich gegen 00 Uhr UTC mit seinem Zentrum und einen auf unter 980 hPa gefallenem Kerndruck südlich von Wilna. Teile der Warmfront waren in den vergangenen 24 Stunden von der ihr nacheilenden Kaltfront eingeholt worden, wodurch sich entlang derer eine Okklusionsfront hatte ausbilden können. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront verstanden, die aus dem Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront entsteht und Eigenschaften beider in sich vereint. Diese erstreckte sich vom Kern in südöstlicher Richtung bis zu ihrem Okklusionspunkt, der Stelle an der Warm- und Kaltfront ineinander übergehen. Dieser befand sich bei Larga in Moldawien. Von Larga ausgehend reichte die Warmfront bogenförmig über Budapest und Sofia bis nach Rom. Die Kaltfront führte derweil über Budapest bis nach München. Zusätzlich verlief nördlich des Kerns eine weitere Kaltfront, die südlich von Finnland in das Frontensystem des über der Kola-Halbinsel liegenden Tiefs CHRISTOPH überging. Das ausgeprägte Niederschlagsband verlagerte sich damit im Tagesverlauf über Ost- und Südosteuropa hinweg in Richtung Russland. Zugleich entwickelte sich über der Balkanhalbinsel entlang der nach Osten voranschreitenden Ausläufer des Tiefs ECKHART zwischenzeitlich ein weiteres niederschlagsreiches Tiefdruckzentrum aus, welches im Wesentlichen für Rumänien, Bulgarien sowie die Schwarzmeerregionen der Türkei wetterwirksam wurde. Trotz teils intensiver Niederschläge wurden größere Regenmengen aufgrund der schnellen Zuggeschwindigkeit des Tiefs ECKHART und dessen Frontensystem nur vereinzelt und lokal begrenzt im türkischen Raum erreicht. Während innerhalb von 24 Stunden leichter Regen im bulgarischen Burgas 2,8 mm und gewittrig durchsetzte Schauer im rumänischen Constanta 6,6 mm mit sich führten, brachte anhaltender, teils schauerartig verstärkter, sowie von Gewittern begleiteter Niederschlag in den türkischen Städten Bolu 14,3 mm und Zonguldak 20,4 mm. Zur gleichen Zeit fielen 24-stündig in Leova in Moldawien 3 mm, in Kiew 3,4 mm, im weißrussischen Masyr 7 mm und im südukrainischen Mariupol 15 mm, was jedoch zuvor noch von Ausläufern des Tiefs CHRISTOPH beeinflusst wurde. Der Wind hatte sich währenddessen bereits etwas abgeschwächt. Über der Ukraine erreichte er aber dennoch mit Böen von 50 km/h bis teils über 65 km/h, wie in Ternopil mit 72 km/h, je nach Region Stärke 6 bis 7 auf der Beaufort-Skala.

Bis 00 Uhr UTC am 20.03. war das Zentrum des sich allmählich abschwächenden Tiefdruckwirbels ECKHART in Richtung der Ukraine gezogen und befand sich mit einem um 20 hPa gestiegenen Druck wenige Kilometer östlich von Charkow. Vom Kern ging zu diesem Zeitpunkt sowohl eine Kaltfront in südliche, als auch eine Okklusionsfront in nördliche Richtung aus. Die Kaltfront beschrieb dabei einen weiten Bogen über Mariupol, Ankara und Istanbul und ging nachfolgend nahe Sofia in die Warmfront des über das Nordmeer gezogenen Tiefs DIETER über. Die Okklusionsfront verlief hingegen westlich an Moskau vorbei über Archangelsk nach Nowaja Semlja und verband so erneut das Zentrum der nach Norden Richtung Pol abziehenden Zyklone CHRISTOPH mit dem Kern des Tiefs ECKHART. Das Niederschlagsfeld hatte gegenüber den vorangegangenen Tagen stark an Intensität verloren. Die größten Niederschlagssummen konzentrierten sich bis auf lokale Ausnahmen im Wesentlichen noch auf den äußersten Süden Russlands sowie auf die östliche Schwarzmeerregion. Während innerhalb von 24 Stunden durch leichten Regen und Sprühregen bzw. durch kurze Schauer in Charkow 0,5 mm, bei Kursk 2,1 mm und in Scherdewka noch bis zu 9 mm fielen, wurde aus Krasnaya Polyana, nahe Sotschi, anhaltender Regen mit einem Gesamtniederschlag von 13 mm gemessen. Im gleichen Zeitraum wurden aus dem türkischen Hopa Schauer mit 13,9 mm gemeldet und im georgischen Sugdidi Niederschläge mit bis zu 23,5 mm registriert, wobei jedoch die meisten Regenmengen im Schwarzmeerraum meist in weniger als 12 Stunden fielen. Nördlich und östlich von Moskau gingen die Niederschläge entlang der ausgedehnten Okklusionsfront zumeist in leichten Schneefall über, der beispielsweise bei Nischni Nowgorod und Nikolsk zu je 4 mm und in Nikolo-Poloma 6 mm führte.

In den folgenden 24 Stunden war das an Stärke verlierende Tief ECKHART annähernd stationär über dem russisch-ukrainischen Raum verblieben und befand sich am 21.03. um 00 Uhr UTC mit einem auf 1010 hPa angestiegenen Druck unweit von Kursk, weniger als 250 km nördlich der Position tags zuvor. Vom Kern erstreckten sich sowohl eine Warmfront über Moskau und Workuta nach Nordosten, als auch eine kleinskalige Kaltfront nach Südosten, die im weiteren Verlauf in der Höhe den Charakter einer Okklusionsfront annahm und sich mit einem über dem Kaspischen Meer befindlichen Wirbel verband. Tief ECKHART verblieb auch am 21.03. über Westrussland und schwächte sich im Tagesverlauf zusehends ab.

Am 22.03. konnte das Tief ECKHART nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte als eigenständiger Wirbel analysiert und somit auch nicht mehr namentlich auf jener verzeichnet werden, da es in die Zirkulation des über dem Kaspischen Meer liegenden Wirbels aufgenommen wurde.

 

 

Geschrieben am 20.05.2017 von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 18.03.2017

Pate: Dr. Eckhart Kaltofen