Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet EDELTRAUD
(getauft am 22.11.2018)
Entlang eines
weit nach Süden ausgedehnten Troges über dem Nordostatlantik, also eines
Vorstoßes kalter Luft nach Süden in einer Höhe von ca. 5,5 km, entwickelte sich
in der letzten Novemberdekade über den Kanaren ein neues Tiefdruckgebiet.
Dieses konnte erstmalig am 22.11.2018 mit einem ausgebildeten Frontensystem auf
den Wetterkarten analysiert werden. Da es in den kommenden Tagen das Wetter in
Europa, insbesondere in Südeuropa beeinflussen sollte, wurde es in der Analyse
des 22.11. auf den Namen EDELTRAUD getauft.
Das Tiefdruckgebiet
EDELTRAUD befand sich am Tauftag um 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, mit
seinem rund 1015 hPa starken Kern über den Kanarischen Inseln. Das Frontensystem
bestand, wie für das Anfangsstadium einer Zyklone üblich, aus einer Warmfront,
die sich vom Kern ausgehend nach Osten über die marokkanische Küste zog, um
hinter Marrakesch in die Kaltfront eines angrenzenden Tiefs über den Balearen überzugehen.
Die dazugehörige Kaltfront verlief vom Kern aus nach Südwesten. Bei
Temperaturen von über 20°C – der Flughafen Fuerteventura meldete maximal 20,9°C
– gab es vor allem auf den Kanarischen Inseln und entlang der marokkanischen
Küste Niederschläge. Während der Flughafen Fuerteventura 3 mm innerhalb zwölf
Stunden bis 18 Uhr UTC meldete, gab es im selben Zeitraum 17 mm Regen in Los
Rodeos auf Teneriffa und 5 mm am Flughafen Rabat-Salé. Mit dem Weiterzug der
Zyklone EDELTRAUD gen Osten erreichten die Niederschläge am Ende des Tages auch
Südspanien, sodass in San Fernando in den letzten sechs Stunden des Tages 5 mm
Niederschlag verzeichnet werden konnten.
So befand sich
zum Analysezeitpunkt von 00 Uhr UTC des 23.11. der Kern des Tiefs EDELTRAUD
über dem Alborán-Meer. Die Warmfront reichte weiterhin nach Osten über die
Balearen und Sardinien bis über das Tyrrhenische Meer. Vom Kern nach Westen
verlief eine Front mit teils Kalt- und teils Warmfrontcharakter über Gibraltar
und die Nordwestküste Marokkos bis kurz vor die Kanaren. Insbesondere entlang
der Zugbahn des Kerns gab es leicht bis mäßig ausfallende Niederschläge.
Während im spanischen Castellón 2 mm in drei Stunden bis 09 Uhr UTC fielen,
fiel die gleiche Menge innerhalb einer Stunde von 11 Uhr UTC in Manresa. An der
südfranzösischen Küste konnten höhere Mengen erfasst werden. Am Abend maß man am
Flughafen von Marseille um 21 Uhr UTC dreistündige Werte von 19 mm, von denen
13 mm innerhalb einer Stunde fielen. Ein ähnliches Bild zeigte die Stadt Orange,
welche 17 mm in drei Stunden meldete, von denen 12 mm in einer Stunde
zusammenkamen.
Am folgenden Tag
hatte sich der mittlerweile unter 1015 hPa starke Kern des Tiefdruckgebietes
EDELTRAUD etwa über Cannes positioniert. Noch immer bestand das Frontensystem
aus einer nach Nordosten weisenden Warmfront über Norditalien bis nach Kroatien
und einer Kaltfront, die sich über das Mittelmeer bis über Marokko zog. Im
Einflussgebiet der Zyklone EDELTRAUD gab es verbreitet ähnliches Wetter wie am
Vortag. Im französischen Embrun kam es bei durchgängigem Regen bis 06 Uhr UTC
des 24.11. 24-stündig zu 32,2 mm Niederschlag. Entlang der Kaltfront erreichten
Schauer Nordafrika, sodass am Flughafen Oran Es Sénia in Nordwestalgerien 9 mm
in sechs Stunden bis zum Mittag erfasst werden konnten. Mit leichter
Südostverlagerung des Tiefs geriet auch das italienische Festland zunehmend ins
Regengebiet, wodurch der Flughafen Florenz zwölfstündig 11 mm bis 18 Uhr UTC
maß. Der Durchgang der Kaltfront wurde zudem noch von der charakteristischen
Abkühlung begleitet, sodass in Ajaccio auf Korsika die Maximaltemperatur an
diesem Tag nur 18,9°C betrug, während sie tags zuvor noch mehr als 3 Grad
darüber bei 22,1°C lag. Noch deutlicher wurde der Luftmassenwechsel in
Algerien, wo in Tiaret nur noch 11,3°C bei vorherigen 18,2°C erreicht wurden.
Am 25.11. konnte
der Kern des Tiefs EDELTRAUD bei gleichbleibendem Druck etwa zwischen
Sardinien, Sizilien und Tunesien analysiert werden. Während die Warmfront nach
Nordosten über Italien und Budapest bis an die rumänische Grenze verlief, lag
die relativ kurze Kaltfront zu Tagesbeginn nach Südwesten gerichtet über
Tunesien. In den Gebieten, welche eher im Landesinneren lagen, erreichten die
24-stündigen Niederschlagswerte etwa 8,8 mm im italienischen Trevico oder 9,0
mm am ungarischen Luftwaffenstützpunkt Pápa. An den Küsten fielen die
Niederschläge stärker aus. Rimini erfasste 28 mm, der Flughafen Rom-Fiuminico
47 mm und der kroatische Flughafen Zadar 33,6 mm. Doch der Spitzenreiter an
diesem Tag war das Gebiet zwischen Rijeka und Omišalj mit 107 mm, von denen
alleine 70 mm in den letzten sechs Stunden des Tages fielen. Auch die
Temperaturabnahme beim Durchzug der Kaltfront war erneut beobachtbar, wie beispielsweise
in der Gemeinde Frontone, in der die maximale Temperatur um mehr als 3 Grad von
14,6 auf 11,4°C sank.
In den beiden
folgenden Tagen überquerte Tiefdruckgebiet EDELTRAUD den Balkan von West nach
Ost mit einem zunehmenden Kerndruck von unter 1000 hPa auf unter 1005 hPa. Die
ganze Balkanhalbinsel wurde dabei mehr oder minder von Niederschlägen getroffen.
Dabei fielen 24-stündig z.B. im kroatischen Dubrovnik 9,8 bzw. 19,2 mm, das
rumänische Roșiorii de Vede 2,8 bzw. 5,6 mm, Burgas in Bulgarien 10,0 bzw. 23,0 mm, der
griechische Flughafen Skyros 2,1 bzw. 25 mm und die Wetterstation des
mazedonischen Topolčani nur am 27.11. eine Menge von 5 mm. Dass über beide Tage teils so hohe Regenmengen
fielen, lag auch daran, dass sich zum 27.11. zwei Tiefzentren mit
eigenständigem Frontensystem ausgebildet hatten, welche als Tief EDELTRAUD I
und Tief EDELTRAUD II benannt wurden. Auch der dabei einsetzende Prozess der
Okklusion trug zu den hohen Niederschlagsmengen bei. Dabei holt die schneller
ziehende Kaltfront die vorlaufende Warmfront ein und hebt die warme Luft an.
Damit geht auch die Bildung der Mischfront, der sogenannten Okklusionsfront,
einher.
Zum 28.11. um 00
Uhr UTC hatte sich die Zyklone EDELTRAUD mit weiter angestiegenem Kerndruck von
etwa 1010 hPa ungefähr über Wolgograd positioniert. Von den tags zuvor noch
zwei ausgebildeten Teiltiefs hatte sich das östlichere Tief EDELTRAUD II
aufgelöst, sodass nun erneut nur noch ein Tief EDELTRAUD auf den Karten
verzeichnet wurde. Die Warmfront verlief nordöstlich von Wolgograd, verließ
jedoch kurz darauf den Analysebereich der Wetterkarte. Auch die Kaltfront war
nur kurz, da sie südwestwärts lediglich bis an das Asowsche Meer zur Halbinsel
Krim reichte und dort in die Warmfront eines nachfolgenden Tiefdrucksystems
überging. Im Einflussgebiet der Ausläufer gab es erneut Niederschläge, die
insbesondere in den Abendstunden von Regen zu Schneeregen oder gar Schnee
übergingen. In der russischen Stadt Primorsko-Ahtarsk an der ukrainischen
Grenze fielen in zwölf Stunden bis 15 Uhr UTC 13 mm Regen und in den folgenden zwölf
Stunden nochmals 9 mm Schnee. Der Durchgang der Kaltfront wurde in Gorodwikowsk
von 9 mm Regen und einem Temperaturabfall zu Tagesbeginn von 7,8°C um 03 Uhr
UTC zu 0,7°C um 15 Uhr UTC begleitet. Aber auch in der Ukraine konnten
Niederschläge von beispielsweise 15 mm innerhalb zwölf Stunden bis 15 Uhr UTC
registriert werden.
Vom stark
ausgebildeten Hochdruckgebiet DOMINIK über Osteuropa weiter nach Nordosten
verdrängt, befand sich Tiefdruckgebiet EDELTRAUD am 29.11. östlich des Urals am
Kartenrand der Berliner Wetterkarte. Mit der Verlagerung des Kerngebiets wurden
nochmals geringe Niederschlagsmengen erfasst, die bei -11,3°C in Jarkowo, -11,5°C
in Tjumen und -23,0°C an der Station Oktyabr'skoy als Schnee fielen. Dabei
kamen zwölfstündige Mengen bis 15 Uhr von 5, 4 und 3 mm zusammen. Mit der
weiteren Verlagerung nach Osten verließ Tief EDELTRAUD nach einer Woche den
Kartenausschnitt der Berliner Wetterkarte und konnte somit ab dem 30.11. nicht
mehr namentlich auf ihr verzeichnet werden.