Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet EDILBERT
(getauft am 26.12.2017)
Entlang
des ausgedehnten und sich wellenförmig deformierenden Frontensystems eines
Tiefs südlich von Grönland entwickelte sich im Laufe des 25.12. über dem Atlantik
ein neuer Tiefdruckwirbel, der anhand der Analysekarte für 00 Uhr UTC, also 01
Uhr MEZ, des 26.12. auf den Namen EDILBERT getauft wurde.
Dieser Wirbel befand sich am Tag seiner Taufe mit einem Kerndruck von unter 995 hPa über dem Atlantik in etwa auf der Schnittlinie von Belfast und Reykjavík. Vom Kern gingen zu diesem Zeitpunkt sowohl eine Warm- und Kalt-, als auch eine Okklusionsfront aus. Während sich die Warm- als auch die Kaltfront in einem Bogen nach Südwesten über den Atlantik zogen, verband die Okklusionsfront in westlicher Richtung das Zentrum des Wirbels EDILBERT mit dem Kern des Tiefs entlang dessen Frontensystem dieser hervorgegangen war. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront verstanden, die sich aus dem Zusammenschluss von Kalt- und Warmfront bildet und somit Eigenschaften beider Systeme in sich vereint. Einsetzende Hebungsprozesse im Kernbereich des Wirbels und entlang dessen Ausläufern hatten die Ausbildung eines stark ausgeprägten Niederschlagsbandes zur Folge, welches zunächst auf die Britischen Inseln und anschließend auch auf Frankreich und die Iberische Halbinsel traf. Binnen 24 Stunden, bis 06 Uhr UTC des folgenden Morgens, brachten Regen- und Schneeregenschauer am Flughafen von Cork 20,1 mm, in Filton 28,8 mm und in Pershore 29,0 mm Niederschlag mit sich. Ähnlich ergiebig fielen die Niederschläge auch in Teilen Frankreichs aus: Gewitter führten in Soca 16,6 mm, wiederholter, teils schauerartig verstärkter Regen in Nantes 24,2 mm und in Saint-Sauveur-des-Landes 27,5 mm mit sich. Die Niederschlagsmengen waren lokal jedoch sehr unterschiedlich ausgeprägt, so wurden zum Vergleich beispielsweise bei Paris, am Flughafen Orly, 4,6 mm und im St. James's Park in London 8,4 mm gemessen. An besonders exponierten Lagen registrierten die Anemometer entlang der Biskaya und der Küstenregionen der Bretagne Böen in Orkanstärke. So erreichte der überwiegend westliche bis nordwestliche Wind in Saint-Sauveur-des-Landes Böen von bis zu 118,9 km/h, am Pointe Du Raz bis zu 129,7 km/h und am Leuchtturm Chassiron Spitzenböen von bis zu 136,9 km/h. Erzwungene Hebungsprozesse beim Aufgleiten der feuchten Luftmassen in kältere Luftschichten sowie Staueffekte entlang der Gebirgszüge Spaniens und Portugals hatten, wenn auch lokal begrenzt, eine Intensivierung der Niederschläge zur Folge. Innerhalb von 24 Stunden wurden bei Vigo 32,8 mm, in Monte Real 51,3 mm und in Penhas Douradas 85,0 mm gemessen, wobei hier das Gros der Niederschläge, knapp 36 mm, in nur 6 Stunden fiel.
Am
27.12. lag das Zentrum des Wirbels EDILBERT mit einem auf unter 980 hPa
gefallenem Druck um 00 Uhr UTC bereits über Südengland, unweit von London.
Teile der Warmfront waren von der ihr nacheilenden Kaltfront eingeholt worden,
wodurch sich entlang dieser eine Okklusionsfront hat ausbilden können. Diese
reichte vom Kern in südwestlicher Richtung über den Ärmelkanal, Paris und
Bordeaux bis zu ihrem Okklusionspunkt, der Stelle an der Warm- und Kaltfront
ineinander übergehen, nahe Pamplona. Von dort zog sich die Warmfront über
Madrid und Cádiz in südwestlicher, und die Kaltfront über Lissabon in
westlicher Richtung auf den Atlantik hinaus, über dem sich die Kaltfront im
weiteren Verlauf mit der Warmfront eines nördlich von Neufundland liegenden
Wirbels verband. Eine weitere, kleinskalige Okklusionsfront reichte
nordwestlich der Bretagne endend vom Zentrum des Wirbels EDILBERT nach
Südosten. Mit dem Tief verlagerten sich auch dessen Ausläufer von Frankreich
rasch nach Nordosten, überquerten im Tagesverlauf Deutschland, und weiteten
sich anschließend auch auf den äußersten Süden Norwegens und Schwedens aus. Die
Niederschläge hatten dabei allgemein an Intensität verloren. In weiten Teilen
Deutschlands fielen gar nur wenige Tropfen oder es blieb gänzlich trocken.
Lediglich im Westen und Norden wurden Werte über einem Millimeter, dies
entspricht einem Liter pro Quadratmeter, gemessen. Durch Regen und Sprühregen
wurden in St. Peter-Ording 3,1 mm, auf Helgoland 4,5 mm und in List auf Sylt
6,9 mm registriert. Etwas ergiebiger fiel der Regen, der hier lokal auch mit
Schnee vermengt war, über Südskandinavien aus. Oslo meldete 5,4 mm, das nahe
gelegene Asker 14,0 mm, Torup in Schweden 6,9 mm und das ebenfalls in Schweden
gelegene Ullared 8,5 mm. Entlang der Küsten Frankreichs erreichte der
vorwiegend nordwestliche Wind an besonders exponierten Lagen weiterhin
Orkanstärke. Am Leuchtturm „Phare du Stiff“ auf Ouessant wurden Böen bis 136,1
km/h, bei Socoa, von Gewittern mit bis zu 19,6 mm Niederschlag begleitet, 136,9
km/h und am Pointe Du Raz 137,1 km/h registriert. Orkanartige Böen bis 104,5
km/h wurden ebenfalls von der Messstation auf dem Brocken gemeldet. Am Rande
des Wirbels EDILBERT hatte sich im Laufe der Nachmittagsstunden im Raum von
Genua eine neue, ausgeprägte Zyklone entwickeln können, die anschließend für
den Alpen- und Mittelmeerraum wetterbestimmend wurde und über Korsika, wie
beispielsweise bei Pertusato, mit Spitzenböen von bis zu 154,9 km/h sogleich
Orkanstärke erreichte.
Zum
28.12. war die Zyklone EDILBERT nach Nordosten gezogen und befand sich gegen 00
Uhr UTC mit einem um 5 hPa gestiegenen Kerndruck über dem Skagerrak, mittig
zwischen Norwegen und Dänemark. Die Kaltfront hatte die Warmfront in den
vergangenen 24 Stunden vollständig eingeholt. Die daraus resultierende
Okklusionsfront erstreckte sich vom Zentrum nordwestlich von Skagen über die
Meerenge zwischen Kopenhagen und Malmö, dem Öresund, hinweg bis nach Salzburg,
wo sie in die Warmfront des Genuatiefs FELIX überging. Eine weitere Warmfront
erstreckte sich nordöstlich des Kerns ausgehend über Mittelschweden bis in das
zentrale Finnland, über dem sie sich mit der Kaltfront des sich in Auflösung
befindlichen Tiefs DIETHELM verband. Während das Zentrum des allmählich an
Stärke verlierenden Tiefs EDILBERT im Laufe des 28.12. in seiner Lage über dem
Skagerrak nahezu stationär wurde, verlagerten sich seine Frontenausläufer mit
dem dazugehörigen Niederschlagsband über den Ostseeraum in Richtung Finnland.
Die Niederschlagsverteilung fiel dabei lokal sehr unterschiedlich aus. Die
überwiegend in Form von Regen oder Sprühregen fallenden Niederschläge brachten
bis 06 Uhr UTC 24-stündig auf Gotland 10,7 mm, im estnischen Vilsando 6,3 mm
und im lettischen Ventspils 5,0 mm mit sich, während in Riga nur vereinzelte
Tropfen, in Tallin 0,6 mm und im mittelschwedischen Lungo bis zu 24,8 mm
registriert wurden. Im Bereich des Zentrums führten die Niederschläge in
Ullared 3,8 mm, in Oslo 8,6 mm und auf Nordkoster 20,2 mm mit sich. Im
finnischen Vassa wurden im gleichen Zeitraum Schneefall mit einer Niederschlagsmenge
von 8,6 mm und in Helsinki, je nach Stadtlage, durch Regen und Sprühregen
zwischen 3,3 und 4,2 mm gemessen. Der Wind hatte weitestgehend nachgelassen und
erreichte nur noch über Estland mit Böen von zwischen 40 und maximal 61 km/h
verbreitet Stärke 6 bis 7 auf der Beaufortskala. Über einigen Regionen
Südfinnlands, wie in Russaro mit Böen bis 72 km/h, wurde lokal auch Stärke 8
erreicht.
Tief
EDILBERT war in den vergangenen 24 Stunden nahezu stationär über dem Skagerrak
verblieben und lag am 29.12. um 00 Uhr UTC mit einem Kerndruck von knapp 985
hPa nördlich von Skagen. Eine Okklusionsfront erstreckte sich vom Kern in
nordöstlicher Richtung bis zu ihrem Okklusionspunkt bei Gävle, Schweden. Von
dort zog sich eine Warmfront über Finnland bis nach Vologda und die ihr
nacheilende Kaltfront in einem Bogen über Gotland nach Süden bis nach
Kaliningrad, wo sie in die Warmfront des nach Ungarn gezogenen Tiefs FELIX
überging. Die dem Wirbel EDILBERT zuzuordnenden Niederschläge konzentrierten
sich im Wesentlichen auf Finnland, Schweden sowie den Westen Russlands als auch
auf das Baltikum, die bis auf den äußersten Norden zumeist als Regen, oder als
in Regen übergehender Schnee fielen. Bis 06 Uhr UTC wurden innerhalb von 24
Stunden in Lungo 4,3 mm, in Helsinki, je nach Stadtlage, zwischen 7,6 und 9,1
mm und im finnischen Harabacke 16,1 mm. Kingisepp, nahe St. Petersburg, meldete
leichten Regen mit 2,7 mm, Murmansk Schneeschauer mit 4,4 mm, ebenso wie das
südlich davon gelegene Kandalaksa mit 8,0 mm. Lokal verstärkt fielen die
Niederschläge auch über dem Baltikum aus, über dem sich entlang des nach
Nordosten voranschreitenden Frontensystem im Bereich des Okklusionspunkt, ein
neuer Tiefdruckwirbel allmählich ausbildete. Diese brachten in Tallin 5,0 mm,
in Riga 11,0 mm und im litauischen Kunas 12,0 mm mit sich, während Weißrussland
und der Südwesten Russlands bereits durch die zu Tief Felix gehörenden
Ausläufern beeinflusst wurden.
Gegen
00 Uhr UTC des 30.12. lag das Zentrum des sich zunehmend abschwächenden Wirbels
EDILBERT über dem Bottnischen Meerbusen. Vom Kern des Wirbels, der mit einem
Druck von knapp unter 1000 hPa westlich des finnischen Oulu lag, zog sich eine
kleinskalige Okklusionsfront in nordöstlicher Richtung bis südlich von
Murmansk. Vom dortigen Okklusionspunkt erstreckte sich eine Warmfront über
Murmansk und die Kanin-Halbinsel bis nach Solikamsk und die Kaltfront, zwischen
Belomorsk und St. Petersburg zwischenzeitlich den Charakter einer Warmfront
annehmend, in südlicher Richtung bis nach Minsk. Bei Minsk verband sich diese
mit der Kaltfront des in die Schwarzmeerregion gezogenen Tiefdrucksystems
FELIX. Im Laufe des 30.12. schwächte sich das Tiefdruckgebiet EDILBERT
zunehmend ab, sodass dieser am 31.12. nicht mehr als eigenständiger Wirbel auf
der Berliner Wetterkarte analysiert und somit auch nicht mehr auf jener
namentlich verzeichnet werden konnte. Zuvor brachte die Zyklone nochmals in
Archangelsk 2,7 mm, in Murmansk 6,0 mm, und im finnischen Varriotunturi 9,2 mm
Schneeregen mit sich. Im russischen Padun fielen bis zu 10 mm Niederschlag, ehe
ein im Tagesverlauf über dem Baltikum neu entstandenes Tief, dessen Entwicklung
bereits am Vortag entlang des Frontensystems des Tiefs EDILBERT einsetzte, für
die Region wetterbestimmend wurde.
Geschrieben
am: 21.02.18 von Christian Ulmer
Karte: 27.12.2017
Wetterpate: Dr. Edilbert Kirk